Silberband 022 - Schrecken der Hohlwelt
unheimlicher Kraft. Ein einziger Treffer hatte ausgereicht, um die Schirmfelder bis an den Rand
ihrer Kapazität zu beanspruchen. Er durfte die MOHIKAN diesen fürchterlichen Waffen nicht länger
aussetzen, als es unbedingt nötig war. Ferro zog das Schiff in eine scharfe Kurve. Das Leuchten
der Schirmfelder erlosch. Auf dem Rundsichtbildschirm erschien eine zweite Phantomspirale. Sie
zog weit hinter der MOHIKAN vorüber und verlor sich in der Tiefe des Alls.
Ferro atmete auf. Sein Manöver war gerade noch zur rechten Zeit erfolgt. Der Himmel mochte
wissen, wie die MOHIKAN einen zweiten Treffer überstanden hätte.
Ferro orientierte sich. Das Schiff stieß schräg auf Kahalo zu. Vorab standen in etwa
zweihundert Kilometern zwei weitere Feindschiffe. Die Kontrollampen der Zielautomatiken
leuchteten nach wie vor. Ferro löste zwei rasch aufeinanderfolgende Salven aus. Eine grellweiße
Lichtwolke hüllte die beiden Bleistiftschiffe ein. Ferro vollzog einen neuen Kurswechsel und
lenkte die MOHIKAN von Kahalo weg in den freien Raum hinaus.
Er glaubte sich in Sicherheit. Mit grimmiger Ironie hatte sich der Gegner ausgerechnet diesen
Augenblick ausgesucht, um ihm klarzumachen, daß er die Lage völlig falsch eingeschätzt hatte.
Mitten aus der Lichtwolke hervor brachen zwei nebelweiße Spiralen. Zielgeräte, von denen man
annehmen sollte, daß die Wucht der Transformbomben sie wenigstens aus dem Gleichgewicht gebracht
hätte, lenkten die Salven mit solcher Genauigkeit, daß die MOHIKAN unter dem Aufschlag zweier
nahezu gleichzeitiger Treffer bis zu den innersten Schalenwänden erbebte, noch bevor Ferro über
den Anblick der beiden Spiralen erschrecken konnte.
Die Hölle brach auf. Über die Bildschirme zuckte das wabernde Feuer der überbeanspruchten
Feldschirme. Das Schiff torkelte hin und her. Der Antigrav war nicht mehr in der Lage, die rasch
aufeinanderfolgenden Schocks zu absorbieren. Der riesige Kommandostand verwandelte sich in ein
Trümmerfeld. Durch das Heulen der Sirenen gellten die Schreie Verwundeter. Ferro Kraysch selbst
war aus seinem Sitz geschleudert worden und kam nur mühsam wieder auf die Beine. Blut lief ihm
übers Gesicht und blendete ihn.
Das war das Ende. Ferro empfand keine Furcht, nur Zorn und Enttäuschung darüber, daß er
übereilt gehandelt hatte. Er hatte trotz besseren Wissens geglaubt, mit einem
Überraschungsangriff etwas erreichen zu können. Nun mußte er mit der bitteren Erkenntnis fertig
werden, daß sein Angriff nicht die geringste Wirkung gezeigt hatte. Er, der Kommandant, hatte die
Besatzung seines Schiffes in Lebensgefahr gebracht. Und dieser Schock saß tiefer als der
mißlungene Angriff und vernebelte seine Sinne für logische Überlegungen. Für die Fremden war die
MOHIKAN nicht gefährlicher als ein Ball, mit dem sie nach Belieben spielen konnten. Ferros Zorn
steigerte sich zu rasender Wut. Sie hatten ihn in der Zange. Soeben erschütterte ein neuer
Treffer den riesigen Leib des Schiffes.
Über schaukelnden Boden gelangte er zu seinem Pult zurück. Von unten her drangen geschriene
Befehle durch den Lärm des Gefechts. Auf Ferros Interkomleitungen warteten zahllose Gespräche.
Ferro achtete nicht darauf. Er brauchte sich mit niemand mehr zu unterhalten. Die MOHIKAN war
erledigt. Die Kontrollen funktionierten noch, das war alles, was er zu wissen brauchte.
Für Sekunden zerriß der wabernde Lichtvorhang auf den Bildschirmen. Die Trefferserie hatte den
Kurs des Schiffes verändert. Die MOHIKAN trieb jetzt wieder auf den Planeten zu. Die beiden
Feindschiffe, die die Salven der Transformgeschütze anscheinend unbeschädigt überstanden hatten,
hingen ein paar hundert Kilometer voraus.
Ferro zögerte nicht. Mit grellen Blitzen entluden sich die schweren Geschütze. In
Sekundenbruchteilen verschwand der Gegner hinter den Glutbällen der nuklearen Explosionen. Ferro
arbeitete wie ein Berserker. Er wußte nicht mehr, was um ihn herum vorging. Es kümmerte ihn
nicht, wohin die MOHIKAN trieb. Die rüttelnden, krachenden Treffer der Phantomspiralen spürte er
nur im Unterbewußtsein. Salve auf Salve fegte aus den Trichtern seiner Transformgeschütze, und
hoch über Kahalos Ebenen begann eine neue Sonne zu strahlen.
Jemand rüttelte ihn an der Schulter. Ferro achtete nicht darauf. Eine neue Serie von Blitzen
schoß aus den Geschützluks.
»Sir …«, schrie jemand. »Bitte …!«
Ferro sah auf. Neben ihm stand Major Wesson, sein Erster
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