Silberband 023 - Die Maahks
aus wie ein Priester.
Doch das war er nicht. Er trug einen Zellaktivator.
Es war Allan D. Mercant. Solarmaschall Allan D. Mercant, Chef der Abwehr.
Ich gehöre nicht zu den Burschen, denen gleich die Knie wackeln, wenn sie einen
Zellaktivatorträger sehen. Doch Mercants plötzliches Auftauchen ließ mein Herz schneller
schlagen. Son-Haos Worte fielen mir ein. Hastig zog ich mich in mein Zimmer zurück und begann
nachzudenken. Es kam jedoch außer dem Entschluß, sofort Halgor Sörlund aufzusuchen, nichts dabei
heraus.
Der Major kniete auf einem Stuhl und hatte den Oberkörper aus dem Fenster gebeugt, als ich in
sein Zimmer trat. Der Wind spielte mit seinem strähnigen Blondhaar. Es war spät am Abend, dunkle
Wolken zogen am Horizont herauf.
»Halgor!« rief ich.
Sörlund wandte den Kopf, sein faltiges Gesicht kündigte Unheil an.
»Ich wollte nicht stören«, stieß ich hastig hervor. »Ich bin nur gekommen, um dir zu sagen,
daß Mercant hier ist, Allan D. Mercant.«
Sörlund zog seinen hageren Oberkörper ins Innere des Zimmers und strich die Haare aus dem
Gesicht.
»Ich weiß«, erklärte er nachlässig. »Ich sah ihn vor ein paar Minuten dort unten im Hof aus
einem Luftgleiter steigen.«
Er kniete immer noch auf dem Stuhl. Sein Anzug sah aus, als hätte er damit einige Nächte im
Bett zugebracht. Ächzend stieg er vom Stuhl, während ich stumm auf irgendeinen Kommentar
wartete.
Er musterte mich mit offensichtlichem Unwillen. Umständlich schloß er das Fenster und zog die
Vorhänge zu. Dann knipste er das Licht an.
»Was ist es denn noch?« erkundigte er sich schließlich.
»Halgor, es ist Allan D. Mercant« , sagte ich eindringlich.
»Ich weiß.«
Er sah aus wie eine schläfrige Eidechse, die auf einem Stein in der heißen Sonne liegt. Das
brachte mich in Weißglut. Bevor ich ihm jedoch auseinandersetzen konnte, was ich von einem
dickfelligen Major hielt, wurde die Tür aufgerissen, und Sergeant Imar Arcus stürmte herein.
»Mercant ist hier!« stieß er hervor.
Ich starrte ihn böse an, und Sörlund starrte abwechselnd ihn und mich böse an, was zur Folge
hatte, daß Arcus uns ebenfalls böse anstarrte. Während wir uns auf diese Art anstarrten, kam
Leutnant Son-Hao zur Tür herein und sagte: »Ich wußte, daß meine Vermutung zutraf. Nun ist sogar
Mercant hier.«
»Schließ bitte die Tür, Imar«, sagte Sörlund zu Arcus. »Bevor wir beginnen, wollen wir warten,
bis Cole Harper hier ist.«
Er hockte sich auf den Stuhl, der ein knirschendes Geräusch von sich gab, als er mit den
spitzen Knochen des Majors Bekanntschaft machte. Son-Hao ließ sich auf Sörlunds Bett nieder.
Arcus stand neben der Tür. Ich hielt mich in Sörlunds Nähe, um sein Gesicht zu sehen, wenn Harper
hereinkam.
Harper kam ziemlich spät. Er ist der gründlichste von uns allen, wahrscheinlich überzeugte er
sich erst, ob er seinen Augen trauen konnte, bevor er die ›Neuigkeit‹ weitergab.
Als er schließlich erschien, überblickte er unsere Versammlung mit zusammengekniffenen
Augen.
»Ihr wißt es also bereits«, stellte er sachlich fest.
»Wir wissen es«, nickte Sörlund.
»Man hat irgend etwas mit uns vor«, sagte Son-Hao. »Erst strichen diese SolAb-Schatten um uns
herum. Nun taucht sogar Mercant auf.«
»Woher willst du wissen, ob Mercants Erscheinen etwas mit dieser Sache zu tun hat?« fragte
Arcus vom Bett aus. Sein kantiges Kinn schob sich angriffslustig nach vorn. Der
Ultraenergie-Ingenieur ist der impulsivste Mann unserer Gruppe.
Jemand klopfte an die Tür. Sörlund warf uns einen bedeutsamen Blick zu und öffnete.
Es war Oberarzt Blayton. Dr. Blayton hielt sich für den einzig Schwerkranken auf ASTO IV; er
schlich mit Leichenbittermiene durch die Gänge unserer Station, wog zwei Zentner, und in das
Gesäßteil seiner Hosen mußten Zwickel eingenäht werden, damit sie überhaupt paßten.
Er betrachtete unsere Versammlung mit säuerlicher Miene.
»Folgen Sie mir bitte, meine Herren«, sagte er. »Da ist jemand in meinem Büro, der sich mit
Ihnen unterhalten möchte.« In diesem Augenblick vergaß ich ASTO IV und meine Krankheit. Ich
dachte nur noch an Allan D. Mercant.
Sörlund setzte sich an die Spitze unserer Gruppe. Wir folgten Dr. Blayton, der mit hängenden
Schultern vorausging.
Das Büro des Oberarztes war ein Musterbeispiel akademischer Phantasielosigkeit. Die Wände
waren so weiß wie Dr. Blaytons frischgereinigter Kittel. Der lange, schwere Holztisch war mit
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