Silberband 025 - Brennpunkt Andro-Beta
triftigen Grund, der Kim davon abgehalten hätte, auf dem Moby zu landen und sich
umzusehen.
Er glich Kurs und Geschwindigkeit der BAGALO der Bahn des Ungeheuers an und ließ das Schiff
mit geringer Geschwindigkeit auf den Moby zutreiben. Hess Palter war mit ständig wachsender
Aufregung dabei, weitere Daten einzuholen. Eifrig las er Skalen ab, warf kurze Notizen eilig auf
ein Stück Schreibfolie, rechnete und knurrte und hob von Zeit zu Zeit blitzschnell den Kopf, um
auf den Panoramaschirm zu sehen.
Wie ein grauer, schemenhafter Schatten tauchte der Moby aus der Finsternis des Weltraums auf.
Zunächst war nur ein verwaschener Fleck zu sehen, als ob eine der Kameras nicht mehr
funktionierte. Aber der Fleck wuchs. Er zog sich in die Breite und in die Höhe, und Kim, der das
merkwürdige Schauspiel vom Kommandopult aus verfolgte, kam zu der Erkenntnis, daß ihm entweder
das Aussehen eines Mobys falsch geschildert worden war oder daß dieser Moby nicht so aussah wie
die anderen.
Aus fünfhunderttausend Kilometern Entfernung erschien er als nur leicht abgeflachte Kugel,
deren Zentrum dunkler zu sein schien als die Ränder. Aus dreihunderttausend Kilometern Abstand
betrachtet, leuchteten die Ränder noch heller als zuvor, während das Zentrum pechschwarz geworden
war.
Aus hunderttausend Kilometern Entfernung konnte Kim endlich klar ausmachen, was mit dem Moby
los war. Es hatte sein Maul weit offen. Und die Öffnung war der BAGALO so exakt
entgegengerichtet, daß es Kim schwerfiel, darin einen Zufall zu sehen. Der Rand des
pfannkuchenähnlichen Gebildes hatte sich gespalten. Der Pfannkuchen hatte sich in eine Muschel
verwandelt, die mit geöffneter Schale nach Nahrung suchte. Das Gebilde war demzufolge nicht mehr
flach, sondern erweckte den Eindruck einer leicht abgeplatteten Kugel mit einem
Äquatorialdurchmesser von zwölftausend Kilometern, wie Hess Palter voller Aufregung
verkündete.
Kim ließ Hess die Streuenergie-Sondenmessungen zum zehntenmal wiederholen. Immer noch war das
Resultat gleich Null. Der Moby strahlte keine Streuenergie aus. Er war tot. Der Tod mußte ihn
überrascht haben, als er den Rachen geöffnet hatte, um Nahrung zu sammeln. Niemand konnte wissen,
wie lange das Ungeheuer schon leblos durch die weiten Räume von Andro-Beta schwebte. Kim
korrigierte den Kurs der BAGALO ein letztes Mal und ließ das Schiff auf die gigantische Öffnung
des Moby-Mauls zutreiben.
An Bord der BAGALO wurde es still. Die Männer hielten den Atem an, als das Schiff langsam in
den finsteren Abgrund glitt, der so, wie er war, ganze Monde auf einmal hätte in sich aufnehmen
können.
Die Orterantennen spielten unentwegt. Aufmerksam verfolgte Kim das Reflexbild auf seinem
Schaltpult. Die BAGALO hatte die Ränder des riesigen Mauls hinter sich gelassen und glitt nun mit
mäßiger Geschwindigkeit durch den Rachenraum. Klar und deutlich zeichnete sich auf dem Schirm die
zerrissene, zerklüftete innere Oberfläche des Rachens ab. Kim schauderte, als er die
Größenverhältnisse abzuschätzen versuchte. Die Rachenwände waren Tausende von Kilometern
entfernt. Jeder kleine Lichtfleck auf dem Schirm mochte einen Berg darstellen, der höher und
größer war als die höchsten Riesen des Himalaja. Ein konturloser und anscheinend ebener Fleck
besaß die Größe des nordamerikanischen Kontinents, und niemand mochte ermessen, wie tief die
dunkler gezeichneten Schründe reichten. Und doch war dieser endlose Abgrund, durch den die BAGALO
wie ein winziges Stäubchen dahintrieb, nichts weiter als das Maul eines Lebewesens.
Kim schüttelte den Kopf, als könnte er so die deprimierenden Gedanken loswerden, und
konzentrierte seine Aufmerksamkeit wieder auf den Orterschirm. Der Schlund verengte sich zunächst
langsam, dann immer rascher, und schließlich glitt das Schiff durch einen nahezu kreisförmigen
Kanal von nur noch fünfzig Kilometern Durchmesser. Der Kanal verlief gradlinig, so daß Kim es
wagte, die Geschwindigkeit zu erhöhen. Nach achthundert Kilometern traten die Wände wieder
auseinander, und die BAGALO schoß in eine der gewaltigen Hallen hinein, die zum Verdauungssystem
des Mobys gehörten. Die Halle war schlauchförmig, etwa eintausend Kilometer lang, dreihundert
Kilometer hoch und ebenso breit. Wenige Kilometer hinter dem Eingang, mehr als einhundert
Kilometer über dem Boden schwebend, brachte Kim das Schiff zum Halten.
Eine eingehende Untersuchung des riesigen Raums mit Hilfe
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