Silberband 025 - Brennpunkt Andro-Beta
Aber das ist
unwesentlich. Wichtig für uns ist, daß wir so schnell wie möglich einen Weg nach draußen finden.
Denn ich bin sicher, daß weder der Wißbegierige noch der Hungrige die Absicht haben, uns je
wieder gehen zu lassen.«
»Das wollte ich sagen«, fügte Kim hinzu. »So menschlich diese Wesen uns auch vorkommen mögen,
wir dürfen nicht damit rechnen, daß sie nach den Regeln menschlicher Moral handeln. Der
Wißbegierige wird uns aushorchen, bis er sich alle unsere Kenntnisse angeeignet hat, und uns dann
dem Hungrigen übergeben. Und dort ist Endstation.«
Hess nickte bedächtig.
»Und wie hattest du dir das mit dem Entkommen vorgestellt?« fragte er.
»Sowohl der Wißbegierige als auch der Hungrige«, erklärte Kim, »identifizieren sich mit dem
Körper des alten Mobys. Ich bezweifle jedoch, daß sie das Ausmaß dieses Körpers kennen. Ihr
Nervensystem, oder was auch immer sie anstelle von Nerven benutzen, reicht wahrscheinlich nur bis
zu jenen Teilen, die sie noch unter Kontrolle haben. Von dem Rest wissen sie nichts. Das heißt,
über den Außenposten weiß ich nicht genau Bescheid. Vielleicht hat er einen weiteren Überblick.
Aber vorläufig ist er noch nicht im Spiel. Wir könnten also einen Felsbrocken von irgendeinem
weit entfernten Teil des Moby-Körpers lösen und ihn dem Hungrigen vorwerfen, ohne daß er wüßte,
daß er da seine eigene Substanz verzehrt.«
»Na schön«, gab Hess zu. »Aber warum liegt dir der Hungrige so am Herzen?«
»Weil er mir eine Möglichkeit bietet, nach draußen zu kommen. Der Neugierige verfügt offenbar
über eine Art telekinetischer Begabung. Damit hat er uns hierhergeholt, und auf die gleiche Weise
wird er uns an die Oberfläche bugsieren. Er wird uns an der Grenze seines Wirkungsbereiches
absetzen, und wenn wir noch ein paar Kilometer aus eigener Kraft gehen, sind wir aus seinem
Blickfeld verschwunden. Das heißt, wenn meine Hypothese stimmt. Wahrscheinlich werden wir zur
BAGALO mit unseren Helmsendern nicht durchdringen, aber die Korvette, die im Maul des Moby
stationiert ist, müßten wir erreichen können. Wir können uns Zeit lassen, der Wissensdurstige
wird sich wahrscheinlich darauf einlassen, daß wir vier oder fünf Stunden lang fortbleiben. In
der Zwischenzeit kann die Korvette das Schiff benachrichtigen. Wir brauchen nämlich ein paar
Utensilien, um die endgültige Flucht zu bewerkstelligen.«
Hess winkte ab.
»Ja, ich begreife«, sagte er mit einer Stimme, der die Aufregung deutlich anzumerken war. »Der
Plan ist ausgezeichnet.«
Kim drehte sich um und sah Yotur Dyke an. Yotur erwiderte seinen Blick ruhig. Zum erstenmal
kam Kim zu Bewußtsein, daß er in der ganzen letzten halben Stunde kein einziges Wort gesagt
hatte.
Nach fast zwei Stunden meldete sich der Wißbegierige wieder. Das neblige Licht
ringsum wurde um einige Grade heller, und im nächsten Augenblick hörte Kim die Frage:
»Seid ihr bereit, dem Hungrigen Nahrung zu bringen?«
Yotur bejahte. Der Unsichtbare erklärte sich bereit, Kim und Hess an die Peripherie seines
Körpers zu transportieren. Kim setzte durch, daß sie erst nach fünf Stunden wieder zurückgebracht
würden. Der Einfachheit halber würde Yotur, der zurückblieb, die Zeit auf seiner Uhr ablesen und
dem Neugierigen zu verstehen geben, wann die Frist um war.
Während dieser Verhandlung bemerkte Kim ein gewisses Unbehagen auf der Seite des Unsichtbaren.
Er schien den Vorschlägen seiner Gefangenen nicht völlig zu trauen. Es kam Kim so vor, als wisse
er, daß seine Wahrnehmungs- und Handlungsfähigkeit sich nur auf einen Teil des riesigen Körpers
erstreckte und daß er keinen Einfluß auf Kims und Hess' Handlungen mehr hatte, sobald sie an der
Oberfläche abgesetzt waren. In Gedanken verglich Kim ihn mit einem vom Schlagfluß teilweise
gelähmten Mann. Er hatte eine vage Vorstellung davon, daß sein Körper in Wirklichkeit viel größer
war als der Teil, den er fühlen konnte und beherrschte. Wenn er sich trotzdem auf das Unternehmen
einließ, dann schien das zu bedeuten, daß der Hungrige der Nahrung wirklich dringend
bedurfte.
Nachdem alle Vereinbarungen getroffen worden waren, benutzte der Unsichtbare seine
telekinetischen Fähigkeiten, um Hess und Kim an die Oberfläche des Moby-Körpers zu versetzen. Wie
beim erstenmal empfand Kim das Gefühl, als würde er zunächst blitzschnell um die eigene Achse
gewirbelt und dann fallengelassen. Mehrere Sekunden lang schien er
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