Silberband 027 - Andromeda
der noch vor
kurzem seinen Körper gepeinigt hatte. Die Furcht war verflogen. Wie selbstverständlich hob er den
dicht hinter dem Eingang liegenden schimmernden Stein auf und schloß ihn in seine Faust ein. Er
wußte mit nie gekannter Klarheit, daß dieser Stein kein Todbringer war, Tod brachte er nur dem
Unwürdigen. Dem Würdigen aber, der ihn richtig anzuwenden wußte, gab er unvorstellbare Macht.
Immer tiefer schritt er in die Dunkelheit hinein. Ein geisterhaftes Raunen war um ihn herum.
Seltsame Wesenheiten aus Licht und Schatten griffen aus den Wänden nach ihm – dann hob
Andohr den Stein, und die Wesenheiten entflohen.
Und dann tauchte eine rötliche Flamme auf. Sie glitt auf ihn zu und wich nicht aus, als er den
Stein hob. Mit mildem Licht brannte sie weiter. Dann begann sie einen seltsamen Tanz. Sie
schwebte ihm voraus, kehrte zurück, wartete, bis er sie eingeholt hatte und schwebte erneut vor
ihm her.
Andohr begann schneller auszuschreiten.
Die Flamme tanzte vor ihm her.
Nur einmal zögerte er.
Das war, als sich die Dunkelheit lichtete und sich der Gang teilte. Ein hoher, einladender
Tunnel schien geradewegs in die sonnenbeschienene Oberwelt zu führen. Der andere Tunnel war
schmal. Rinnsale rieselten von seinen bröckligen Wänden, Trümmer bedeckten den Boden – und
in der Ferne zuckten gespenstisch drohende Lichter.
Andohr wollte den Gang zur Oberwelt nehmen.
Aber die rötliche Flamme drang in den verfallenen Tunnel ein und wartete. Andohr tat einen
weiteren Schritt auf den hohen Tunnel zu.
Da verformte sich die Flamme, schien zu einem spitzen Gesicht zu werden, aus dem ihn zwei
runde Augen bittend ansahen.
Sekundenlang brach ein Stück Erinnerung aus Andohrs Unterbewußtsein an die Oberfläche.
Sekundenlang nur – doch das genügte. Er wählte den Gang, der scheinbar in die Unterwelt
führte.
Und plötzlich spürte er tastende, sondierende Gedanken in seinem Geist.
Am Ende dieser Phase erlitt die Gemeinschaftsintelligenz ihre erste Niederlage.
Aber noch war sie nicht geschlagen.
Baar Lun stolperte erschöpft in den Beratungsraum und riß sich den Funkhelm vom
Kopf.
»Jetzt begreife ich erst, welch hartes Leben die Paddler seit zwei Generationen ununterbrochen
führen müssen, Gucky. Aber wir haben es geschafft. Die Geschützkuppel A-4 ist vernichtet!«
Vor zwei Stunden war der Modul mit einem Trupp Paddler aufgebrochen, um die Geschützkuppel A-4
dem Einfluß der Botas zu entreißen. Diese Aktion entsprang mehr der Notwendigkeit, die Moral der
Paddler nicht durch Untätigkeit zu untergraben und Gucky Gelegenheit zu verschaffen, ungestört
nach Rhodan und seinen Begleitern zu espern.
Der Mausbiber winkte lässig ab.
»Deine Geschützkuppel kann mir gestohlen bleiben, Bleichgesicht!«
»Aber …?« Der Modul ließ sich auf eine Sitzbank fallen und blickte Gucky verwundert
an.
Der Mausbiber lachte schrill.
»Entschuldige, Freund«, sagte er. Dann lachte er wieder. »Aber bei allen Sonnen, Planeten,
Spiralnebeln und Mohrrübenfeldern des Universums! Von deiner Geschützkuppel will ich jetzt nichts
mehr hören, verstanden?« Er machte eine Pause, setzte sich in Positur und fügte hinzu: »Ich habe
Perry Rhodan gefunden …!«
Baar Lun sprang auf. Er riß den Mausbiber an der Schulter herum und funkelte ihn zornig
an.
»Gucky! Wenn du dich über mich lustig machen willst, dann …!«
Aber Guckys gute Laune war nahezu unerschütterlich.
»Worum wetten wir, daß ich ihn gefunden habe, he?«
Der Modul ließ ihn verdutzt los.
»Was ist das: wetten?«
Der Mausbiber winkte ärgerlich ab.
»Schade! Ich dachte, ich könnte wieder einmal eine Extraportion Mohrrüben gewinnen. Bei
Gelegenheit kläre ich dich über diesen schönen terranischen Brauch auf. Jetzt ist keine Zeit
dazu.
Ich weiß, wo er ist. Er wird mit den anderen in einer Pflanzenkuppel tief unter der
Werftplattform gefangengehalten.«
Seine Miene verdüsterte sich.
»Leider ist die Lage alles andere als rosig. Perry ist praktisch der einzige, den die
Gemeinschaftsintelligenz noch nicht geistig beeinflußt. Ich fürchte, wenn wir uns nicht sehr
beeilen, kommen wir zu spät.«
»Tief unter der Werft, sagtest du …?« Baar Lun überlegte. »Die Plattform liegt auf einem
Pflanzenpolster von einem Kilometer Stärke, Gucky. Du warst bei meinem Stoßtruppunternehmen nicht
dabei, sonst wüßtest du, wie schwer es ist, auch nur wenige Meter in den Einflußbereich der
Pflanzen
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