Silberband 028 - Lemuria
mir«, protestierte Tronar. »Noch vor zehn Minuten warst du der Ansicht, da
könnte …«
»Vergiß es«, unterbrach ihn Rakal. »Wir müssen wissen, woran wir sind. Das Risiko, daß uns
irgendein Roboter entdeckt, können wir nicht umgehen.«
Tronar widersprach nicht. Rakal schwebte durch den Gang und näherte sich dem vorderen Schott.
Etwa einen Meter davor schaltete er seinen Feldschirm aus. Das Schott reagierte in der erwarteten
Weise. Es glitt zur Seite, und der Pilotenraum lag offen vor Rakal.
Auf den ersten Blick wirkte er wie eine Rumpelkammer. Dutzende von verschiedenen Geräten
standen herum, und es sah so aus, als seien sie nach dem Prinzip der maximalen Unordnung
aufgestellt worden. Rakal verstand. Dies war ein Robotschiff. Der Meister selbst hatte mit der
Steuerung nicht das geringste zu tun. Die Maschinen besorgten alles. Sie besorgten es, ob sie in
Reihe und Glied aufgestellt waren oder nicht, also hatte man sie nach dem Gesichtspunkt der
Zweckmäßigkeit zueinander angeordnet.
Die Maschinen brauchten auch keinen Bildschirm, um zu wissen, wo sie waren. Die Wände waren
kahl bis auf schenkeldicke Bündel von bunten Kabeln, die durch große, wahllos angeordnete Ösen
liefen.
Rakal spürte Tronars Enttäuschung fast so deutlich wie seine eigene.
»Nichts«, stellte er niedergeschlagen fest und wandte sich ab.
Im gleichen Augenblick schrie Tronar auf. Rakal hörte ein rasselndes, zischendes Geräusch und
fuhr herum. Über dem Gewirr von Maschinen und Instrumenten schwebte eine metallisch schimmernde
Kugel, so groß wie ein Fußball. Sie mußte sich aus dem Durcheinander erhoben haben, als er nicht
hinsah. Ihre Funktion war ihm völlig unklar, besonders da sie keine Anstalten machte, ihn
anzugreifen, sondern still und ruhig auf ihrem Platz verharrte. Trotzdem schien ein Hauch
tödlicher Gefahr von ihr auszugehen.
Rakal griff nach der Waffe. Im selben Augenblick schrie Tronar ein zweites Mal, aber es hätte
des Aufschreis nicht bedurft, um Rakal aufmerksam zu machen. Er fühlte das Entsetzen seines
Bruders so deutlich, als sei es seine eigene Empfindung.
Er wandte den Kopf zur Seite. Tronar schwebte neben ihm, die Füße ein paar Zentimeter über dem
Boden. Sein Gesicht trug einen Ausdruck panischer Angst. Rakal brauchte eine Sekunde, um zu
begreifen!
Ein rascher Blick auf die Kontrollen seines Anzuges bestätigte seinen Verdacht.
Der Deflektorschirm hatte – ebenso wie der Schutzschirm – aufgehört zu existieren.
Die Kugel mußte etwas damit zu tun haben! Sie sandte eine Strahlung aus, die die Schirme
unwirksam machte.
Rakal zögerte nicht. Er schwang herum und richtete den Strahler auf das unheimliche,
schimmernde Gebilde. Er war bereit, den Auslöser zu drücken, als er hinter sich eine fremde
Stimme hörte:
»Ich an Ihrer Stelle würde das nicht tun!«
Er ließ den Arm sinken, ohne abzudrücken. Trotz seiner Verwirrung kam ihm zu Bewußtsein, daß
die fremde Stimme Tefroda gesprochen hatte. Er brauchte sich nicht umzudrehen, um zu sehen, wer
da sprach.
Er drehte sich dennoch um. Im Gang, vor der offenen Tür, stand der Meister in silbern
schimmernder Uniform. Er trug keine sichtbare Waffe, und trotzdem war Rakal davon überzeugt, daß
er es nicht überleben würde, auf ihn zu schießen. Mit einer resignierenden Geste schob er den
Strahler zurück in sein Futteral. Er schaltete auch den Antigrav ab und sank zu Boden. Tronar
folgte seinem Beispiel.
»So ist es gut!« erklärte der Meister mit einem zynischen Lächeln. »Übrigens – ich wurde
erst vor ganz kurzem über Ihre Anwesenheit in Kenntnis gesetzt. Eine Maschine dort drinnen in der
Pilotenkabine machte mich aufmerksam. Ich bewundere Ihren Mut und denke, daß es meine Pflicht
ist, ihn durch Gastfreundschaft zu erwidern. Bitte, treten Sie in meine bescheidene
Unterkunft.«
Es war ein Befehl, keine Bitte. Der Meister schritt zur Seite, um seine Gefangenen
einzulassen. Als er durch die Tür trat, sah Rakal die Scheibe eines bräunlich schimmernden
Planeten von der großen Bildfläche leuchten. Sie waren über Vario angekommen.
Niedergeschlagenheit ergriff ihn. Sie hatten den Meister fangen wollen. Statt dessen hatte er
sie gefangen. Sie waren am Ende ihres Weges angelangt, davon war Rakal fest überzeugt.
31.
»Setzen Sie sich dort auf den Boden«, befahl der Meister und wies auf einen Fleck
in der Nähe der Tür. »Und seien Sie davon überzeugt, daß ich über alle denkbaren Mittel
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