Silberband 029 - Der Zeitagent
Manöver begann. Vorher hatte ich den dunkelroten Waffenknopf auf dem Griffende des
Impulsknüppels entsichert. Nur die Sicherung für die starr in Flugrichtung eingebaute
Transformkanone war noch eingerastet. Wir glitten auf eine Welt zu, die Frasbur Tanos VI genannt
hatte.
Die Schubumlenkung arbeitete einwandfrei. Kasom war knapp zwanzig Kilometer hinter
mir mit seitlicher Versetzung im vertikalen Grünsektor. Ich bremste mit Höchstwerten. Der Planet
schien trotzdem auf mich zuzufallen. Jägerpiloten stehen immer wieder vor einer psychischen
Belastungsprobe, wenn sie mit hoher Fahrt auf einen Himmelskörper zurasen. Obwohl die
Tasterpositronik meiner Maschine exakt arbeitete und ein Unfall daher ausgeschlossen war, hatte
ich das Gefühl, hinter der dünnen Panzerplastscheibe der Vollsichtkanzel zu einem vergessenen
Einzelwesen ohne jede Rettungsmöglichkeit geworden zu sein. Redhorse saß hinter mir. Er blickte
an meinem Rücken vorbei und versuchte, Einzelheiten auf der Oberfläche zu erkennen.
Viel war nicht zu sehen, denn Wega sechs war auch in der Vergangenheit eine einzige
Dschungelhölle, deren blaugrüne Färbung nur selten von anderen Farbtönen unterbrochen wurde.
Die Steuerpositronik zeigte rotes Licht. Das bedeutete, daß ich nun die Manuellkontrollen zu
übernehmen hatte.
Im Griffende des Impulsknüppels schrillte eine Klingel, die auch ein Tauber kaum überhören
konnte. Ich fühlte das Rucken der einschnappenden Verbindung. Von da an war ich alleine Herr über
eine Maschine, die immer noch mit dreitausend Kilometer pro Sekunde auf den Planeten zuraste.
»Nehmen Sie die Äquatorbahn, Sir«, riet der Cheyenne. »Wenn auf dem Nordpol tatsächlich die
Festung existiert, könnten wir unter Feuer genommen werden.«
Das war theoretisch denkbar, praktisch jedoch unwahrscheinlich.
Wega VI, den wir Pigell nannten, war in letzter Zeit sicherlich von vielen Schiffen angeflogen
worden. Selbstverständlich hatte sich die Besatzung der Zeitstation gehütet, ihre gutgetarnte
Niederlassung durch einen Feuerüberfall auf halutische oder lemurische Raumschiffe zu
verraten.
Anders mußte es aussehen, wenn plötzlich die CREST ankam. Wir wußten aus Frasburs
Gedächtnisinhalt, daß dieses Riesenschiff einmalig in der gesamten Galaxis war. Ich war auch
davon überzeugt, daß die tefrodische Besatzung der Zeitstation eine genaue Beschreibung der
zweieinhalb Kilometer durchmessenden Riesenkugel erhalten hatte.
Sie war mit keinem anderen Schiff zu verwechseln. Außerdem konnte sie immer nur alleine
auftauchen. Schon die erste Energieortung mußte die Tefroder darüber informieren, wer da aus dem
Raum angeschossen kam. Wir besaßen nun einmal wesentlich stärkere Kraftwerke als jedes andere
Schiff. Das konnte angemessen und mit guten Geräten auch folgerichtig ausgewertet werden.
Diese Details waren von Rhodan alle bedacht worden.
Die zwei kleinen Jäger, die nun über Pigell erschienen, konnten den Lemurern, den Halutern
oder einem anderen raumfahrenden Volk gehören. Wir waren eindeutig nicht die gesuchte
CREST und daher ziemlich sicher.
Dies teilte ich Don Redhorse mit.
Er sagte nur »oh«, runzelte die Stirn und kümmerte sich dann um die vollautomatischen Kameras.
Die Fernanalyse lief ebenfalls an. Aus dem freien Raum konnten wir fast alle Daten ermitteln, nur
erhielten wir dort keine Luftproben, Mikrokulturen und haargenaue Temperaturen. Ich mußte in die
Atmosphäre eintauchen, ob ich nun wollte oder nicht.
Kasom drehte bereits ab. Der Funksprechverkehr mit ihm war abgerissen. Wir konnten es nicht
wagen, unsere Durchsagen auffangen zu lassen. Die Sprache der Haluter beherrschten wir nicht, und
das gebräuchliche Tefroda war unangebracht. Es wäre keinem lemurischen Piloten eingefallen, den
längst aufgegebenen Planeten anzufliegen. Also schwiegen wir besser. Sollten sie uns da unten
meinetwegen für Kolonisten aus einem Nachbarsystem halten, die hier einmal nachsehen wollten, wie
weit die halutische Offensive fortgeschritten war.
Ich drückte den Knüppel nach vorn. Die Hecksteuerdüsen kippten nach unten und zwangen die
Maschine zum Sturzflug.
Eine weitere Schaltung fuhr den Stromreaktor auf Maximalleistung hoch und baute gleichzeitig
den Prallschirm zur Abwehr der Luftmoleküle auf.
Ich hielt auf ein Gebirge zu, das etwa in Höhe des vierzigsten Breitengrades Nord aus dem
dichten Urwald hervorragte.
Draußen begann es fürchterlich zu krachen. Vor dem Prallschirm
Weitere Kostenlose Bücher