Silberband 029 - Der Zeitagent
einen Pigell-Saurier mit den bloßen Händen.«
Er sah wieder zur Uhr. Plötzlich stutzte er.
»Hat Marshall noch nicht angerufen? Ich wäre doch schon vor fünf Minuten drangewesen. Was ist
denn da …«
»Da kommt er schon, Sir!« rief Kasom dröhnend.
»Marshall ruft KC-44!« klang es aus dem Lautsprecher des Hyperkoms. »KC-44, bitte melden!«
»Hier KC-44, Atlan spricht. Warum melden Sie sich so spät, John?«
»Tut mir leid«, schallte es zurück. »Wir mußten einigen … hm! … Geisterwolken
ausweichen. Ja, und seitdem ist Tschubai verschwunden.«
»Ist er teleportiert, oder haben ihn die Geisterwolken …?«
John Marshall antwortete nicht. Statt dessen drang mehrmaliges scharfes Krachen aus dem
Lautsprecher. Ein Ton wie von einer fernen Sirene gesellte sich dazu.
»Marshall!« rief der Arkonide erschrocken. »Melden Sie sich! Was ist bei Ihnen los, John?«
Wieder krachte es. Doch dann kam Marshalls Stimme durch. Sie klang gehetzt und atemlos.
»Riesige Tiere greifen an. Echsen wahrscheinlich. Sie reagieren kaum auf Paralysestrahlen. Ich
muß sie mir mit Impulsfeuer vom Leibe halten.« Erneutes Krachen. »Ich muß fliehen, ziehe mich auf
eine felsige Erhebung zurück. Wahrscheinlich werde ich das Gespräch jetzt unterbrechen müssen.
Habe alle Hände voll zu tun.«
Es krachte zweimal. Keuchen und urweltliches Gebrüll mischten sich dazwischen. Atlan riß das
Mikrophon dicht an seine Lippen.
»Senden Sie Peilzeichen, John!« schrie er. »Wir kommen Ihnen zu Hilfe!«
Melbar Kasom wartete den entsprechenden Befehl nicht erst ab. Er schlug mit der Faust auf die
Alarmtaste. Gellendes Pfeifen schallte durch alle Räume der Korvette.
Mit angehaltenem Atem wartete Atlan darauf, ob John Marshall seiner Aufforderung nachkommen
würde.
Endlich ertönte das gleichmäßige Zirpen des Peilzeichengebers. Im Unterschied zu Perry Rhodan
hatte der Chef des Mutantenkorps einen leistungsstarken, tragbaren Hyperkom bei sich. Seine
Signale mußten in allen Korvetten empfangen werden.
»Nehmen Sie Peilung vor und steuern Sie den Punkt an. Höchste Beschleunigung!« befahl der
Lordadmiral dem Piloten des 60-Meter-Beibootes. Danach verständigte er die anderen Boote des
Suchkommandos, damit sie Marshalls Signale nicht irrtümlich für Rhodans Zeichen hielten.
Die Impulstriebwerke brüllten los und stießen die KC-44 vorwärts. In den Prallschirmen
leuchtete die Glut ionisierter Luftmoleküle. Rasch wanderten die Konturen der Landschaft über die
Tasterschirme. Das Schlamm-Meer tauchte auf. Ein Vulkan schleuderte seine flüssigen Magmamassen
dem Raumschiff entgegen. Überall aus der träge bewegten Oberfläche schossen Dampfsäulen
hervor.
Als die Peilzeichen schmerzend laut in den Ohren klangen, beorderte Atlan das fünfzehnköpfige
Landekommando in die Bodenschleuse. Danach erhob er sich selbst.
Am Horizont tauchte eine schildförmige Insel auf.
Kasom hob den Kopf vom gewölbten Rundschirm des Laser-Suchgerätes.
»Ich habe den Berg gefunden, Sir!« rief er.
Atlan äußerte gequält:
»Dämpfen Sie Ihr Organ, Kasom. Ich brauche meine Trommelfelle noch.«
Er bedeutete dem Ertruser mit einer Handbewegung, den Rundschirm freizugeben und schaute
selbst darauf.
»Das müßte es sein«, meinte er. »Es ist die einzige Erhebung auf dieser Insel. –
Kommandant, koordinieren Sie nach Ihrer Suchstrahlprojektion!«
Wenige Sekunden darauf bremste die Korvette mit höchsten Werten ab. Die Insel schien in den
Frontbildschirm zu stürzen und dabei zu wachsen. Rasch glitt eine felsige Erhebung ins
elektronische Fadenkreuz. Noch war Marshall selbst nicht zu sehen.
Dann blitzte es unten auf: einmal … zweimal.
»Gehen Sie bis auf hundert Meter herunter!« befahl Atlan dem Kommandanten. »Wir springen ab.
Danach landen Sie in sicherer Entfernung!«
Zusammen mit Kasom verließ er die Zentrale und sank im Polachslift nach unten. Das
Landekommando wartete bereits mit geschlossenen Druckhelmen. Atlan erklärte den Raumsoldaten
kurz, worum es ging. Er schloß:
»Kasom und ich springen zuerst. Sie kommen sofort nach. Die Antigravgeräte werden erst kurz
vor Bodenberührung eingeschaltet. Wir müssen Marshall schlagartig heraushauen. Die Zeit ist
knapp.«
»Fertig, Sir!« schallte es aus dem Wandlautsprecher.
Melbar Kasom drückte den Knopf der Schleusenautomatik. Die Platten des Außenschotts fuhren
zischend zur Seite. Dampf, Fäulnisgeruch und Wind schossen in die geräumige
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