Silberband 030 - Bezwinger der Zeit
vielleicht miteinander reden«, sagte er. Er rieb sein Kinn und lächelte.
»Sie haben einen beachtlichen Schlag, mein Freund.«
Einen Augenblick vergaß Aboyer alles, was vorgefallen war, und entblößte seine Pferdezähne zu
einem Grinsen. Bevor er jedoch etwas sagen konnte, wurde die Tür aufgerissen, und zwei Männer mit
vorgehaltenen Impulsstrahlern stürmten ins Zimmer.
Einer von ihnen war groß und schlank. Sein weißblondes Haar war ungewöhnlich lang.
»Atlan!« stieß Aboyer überrascht hervor.
Der Arkonide ließ die Waffe sinken. Sein Begleiter postierte sich neben dem Eingang.
Atlan deutete auf Willy und Riera. »Ist das Ihre Truppe?« fragte er.
»Nur ich gehöre zu ihm«, legte Matten-Willy los. »Das ist der Administrator von Plaza de
Bravos.«
Riera stand auf und zupfte erregt an seinem Bart. »Das ist doch alles Unsinn«, sagte er. »Von
nun an gehöre ich ebenfalls dazu. Ich habe eine Nase für alle großen Sachen. Diesmal scheint
irgend etwas im Gang zu sein, das uns alle angeht.«
»Wir werden ihn einweihen müssen«, sagte Atlan. »Das ist die einzige Methode, um ihn auf
unsere Seite zu bringen. Ich übernehme die Verantwortung.« Er nickte Aboyer zu. »Der Besitzer
dieses Zimmers wohnt jetzt in der zweiten Etage. Ich habe dafür gesorgt, daß man ihn dorthin
umquartieren wird. Aus Sicherheitsgründen, wie ich ihm erklären ließ. Er hat einen
geheimnisvollen Anruf erhalten, der ihn so unsicher machte, daß er keinerlei Fragen stellte.«
»Ich verstehe das alles nicht«, sagte Aboyer verblüfft. »Ich dachte, Sie seien gekommen, um
mich zu verhaften.«
Atlan lächelte. »Ich komme mit den Empfehlungen einer charmanten Dame«, sagte er. »Sie hat
mich gebeten, Sie bei Ihrer Sache zu unterstützen.« Er warf einen Blick auf die Uhr.
»Worauf warten wir noch?« erkundigte er sich. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
»So viele freundliche Männer!« schrillte Willy begeistert. Ehe Aboyer sich wehren konnte,
hatte das Quallenwesen einen dünnen Tentakel gebildet und kitzelte ihn.
»Hören Sie auf damit!« knurrte Aboyer barsch. »Jetzt ist keine Zeit für solche Späße.«
»Ich habe mir unser weiteres Vorgehen so gedacht«, sagte Atlan. Dann begann er Matten-Willy
und den drei Männern seinen Plan zu erklären.
Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt legte in zweihundertfünfzig Lichtjahren Entfernung
der tefrodische Raumschiffkommandant Broysen einen Raumanzug an. Er blickte Miras-Etrin an, der
ihm den Helm reichte.
»Innerhalb des Raumschiffes brauchen Sie sich um nichts zu kümmern«, sagte der MdI. »Die
Steuerautomatik wird Sie sicher ins Zielgebiet bringen. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, die
dritte Fragmentwaffe zu zünden.«
Broysen nickte nur, nahm den Helm entgegen und befestigte ihn am Schulterband des
Druckanzuges. Seine Bewegungen drückten Zuversicht und Entschlossenheit aus. Trotzdem würde er
nicht überleben. Die Erde würde zu einem Glutball werden, dessen Hitzewellen auch Broysen in der
TV-Station erreichen würden.
Miras-Etrin blickte auf die Uhr. Broysen hatte noch sechs Minuten Zeit.
Impulsiv sagte der MdI: »Geben Sie auf, Broysen. Ich werde den Duplo schicken. Sie brauchen
nicht zu befürchten, daß ich Sie töten werde.«
Broysen schüttelte den Kopf. »Wenn ich hierbleibe, müssen Sie mich töten, Maghan. Sie können
es nicht riskieren, mich am Leben zu lassen. Sie müßten immer damit rechnen, daß ein anderer MdI
mich als Waffe gegen Sie benutzen könnte. Außerdem haben Sie in meiner Anwesenheit revolutionäre
Gedanken geäußert. Ich weiß, daß Sie Faktor I angreifen wollen, sobald die Erde erledigt ist. Sie
würden mich vielleicht ein paar Tage schonen, doch dann kämen Ihnen die ersten Zweifel. Sie
würden Ihren voreiligen Entschluß bereuen und mich ermorden lassen.«
»Wahrscheinlich haben Sie recht«, gab Miras-Etrin zu.
Broysen lächelte und verschloß den Helm. Miras-Etrin öffnete ihm die Einstiegsklappe des
Kleinstraumschiffes. Mühevoll zwängte sich der Tefroder ins Innere.
»Haben Sie den Impulsschlüssel?« fragte der MdI.
Broysen nickte. Er drehte sich auf die Seite, so daß er die wenigen Instrumente sehen konnte,
die er während des Fluges überwachen und bedienen mußte. Miras-Etrin wußte, daß dem Raumfahrer
ein langweiliger Flug bevorstand. Aber vielleicht war es nicht langweilig, wenn man in den
sicheren Tod flog. Vielleicht verstrich unter diesen Umständen die Zeit viel schneller.
Broysens
Weitere Kostenlose Bücher