Silberband 030 - Bezwinger der Zeit
Stimme klang dumpf, als er sagte: »Sie können die Klappe schließen, Maghan.«
Miras-Etrin ließ die Klappe fallen und hörte sie einrasten. Im Innern des Schiffes würde
Broysen den Druck überprüfen. Das kleine Schiff lag startbereit auf den Katapultschienen, auf
denen es in den Weltraum gleiten würde.
Miras-Etrin mußte den Hangar verlassen, weil sich in zwei Minuten die Schleuse öffnen würde.
Der MdI begab sich zur Zentrale, um den Start des Kleinstraumschiffes über die Bildschirme
mitzuerleben.
Broysen, der bewegungslos innerhalb des Beibootes lag, starrte auf den Zeitmesser. Während des
Startes hatte er keine Arbeit. Erst, wenn das Schiff den Hangar verlassen hatte, mußte er eine
Kurskorrektur vornehmen.
»Kommandant?« klang die Stimme seines Stellvertreters im Normalfunk auf.
»Ja«, sagte er. »Ich bin bereit.«
Er wußte, daß sich jetzt die Hangarschleuse öffnete. Unwillkürlich versteifte er sich, obwohl
er sicher sein konnte, daß er den Andruck nicht spüren würde. »Start!« Diesmal war es
Miras-Etrin, der gesprochen hatte. Er hatte sich offenbar beeilt, in die Zentrale
zurückzukommen.
Broysen ließ seine Blicke über die Anzeigetafeln gleiten. Er befand sich bereits im
Weltraum.
»Hören Sie mich, Broysen?« erkundigte sich der MdI an Bord des großen Schiffes.
»Ja, Maghan«, erwiderte Broysen. Er lag ganz still, als er sich der unendlichen Einsamkeit
bewußt wurde, von der ihn nur ein paar Metallplatten trennten. Aber es war keine Furcht, die ihn
überfiel, eher ein Gefühl vollkommener Ruhe und Losgelöstheit.
»Sie müssen jetzt Ihren Kurs korrigieren!« befahl Miras-Etrin.
Broysen verglich die Skalen der Armaturen und stellte die Steuer-Automatik auf den
vorgesehenen Kurs ein.
»Wir müssen den Funkverkehr einstellen, Kommandant«, sagte Miras-Etrin. »Es ist zu gefährlich,
weil immer wieder terranische Einheiten in unsere Nähe kommen.«
»Einverstanden, Maghan«, sagte Broysen.
Ein Knacken, dann war die Verbindung zum Mutterschiff abgerissen. Broysen blickte auf den
winzigen Bildschirm unmittelbar über seinem Kopf. Da waren nur die Sterne und das Schwarz des
Weltraums. Broysen atmete tief.
In vierundzwanzig Stunden terranischer Zeitrechnung würde er sein Ziel erreichen. Mit einem
Knopfdruck würde er alles Leben auf der Erde auslöschen – und sein eigenes dazu.
Aboyer fühlte sich von einer bleiernen Müdigkeit befallen, die sogar den Lauf
seiner Gedanken zu hemmen schien. Ein Blick auf seine Uhr zeigte ihm, daß es jetzt kurz nach zehn
Uhr war. Zusammen mit Atlan, Riera, Matten-Willy und dem Agenten der Sicherheitsgarde hatte er
dreiundzwanzig Zimmer durchsucht, ohne auch nur die geringste Spur einer dritten Waffe zu
entdecken.
Die vier Männer und das Wesen von der Hundertsonnenwelt hatten sich vor einigen Minuten im
großen Aufenthaltsraum des Bennerton-Hotels versammelt. Ein Blick aus dem Fenster zeigte Aboyer,
daß draußen stürmisches Wetter herrschte. Regentropfen liefen an den Scheiben herunter.
»Es ist kalt«, sagte Matten-Willy kläglich.
Aboyer rieb mit beiden Händen über sein Gesicht. Ihm schräg gegenüber hockte Riera mit
übereinandergeschlagenen Beinen in einem Sessel. Der alte Kolonist schien keine Müdigkeit zu
kennen, er beobachtete Atlan, der eine Verbindung zum HQ der Abwehr herzustellen versuchte. Der
Arkonide bediente sich dabei eines kleinen Armbandfunkgerätes.
Willy kroch von einer Ecke des Raumes zur anderen, ohne ein warmes Plätzchen zu finden. Der
Sicherheitsmann, dessen Namen Aboyer immer noch nicht wußte, stand an der Tür und hatte die Arme
über der Brust verschränkt.
»Guten Morgen, Allan!« rief Atlan plötzlich. »Ich bin froh, daß ich Sie erreichen kann. Sie
müssen mir eine Direktverbindung zwischen NATHAN, Sektion Vier, und dem großen Aufenthaltsraum
des Bennerton-Hotels beschaffen.«
Aboyer konnte nicht verstehen, was Mercant erwiderte, aber er sah, daß Atlan ungeduldig
wurde.
»Den Gesprächspartner kann ich Ihnen nicht nennen«, sagte der Arkonide. »Ich muß das Gespräch
nur über das HQ leiten, damit ich sicher sein kann, daß wir nicht abgehört werden.« Er lächelte.
»Nein, es ist nichts passiert. Ich versuche nur, ein paar zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen
durchzusetzen.«
Er schaltete das Armbandgerät aus. Dann trat er zum Telekom, der im Aufenthaltsraum
aufgestellt war, und ließ sich von der Hotelzentrale eine Verbindung zum Hauptquartier der Abwehr
Weitere Kostenlose Bücher