Silberband 030 - Bezwinger der Zeit
einsatzfähig sein«, sagte der Arzt.
Aboyer ließ sich drei Sandwiches vom Robot-Butler einpacken und stürzte hastig einen Becher
heißen Kaffees hinunter. Wolkow sah ihm kopfschüttelnd zu.
»Sie werden Magenbeschwerden bekommen«, prophezeite er dem Agenten.
Aboyer grinste und nickte Wolkow zu. Er verließ die Kantine und beeilte sich, um das Zimmer zu
erreichen, wo er Willy zurückgelassen hatte. Als er eintrat, erlebte er eine unangenehme
Überraschung. Willy war verschwunden. Dafür lag ein verschmierter Zettel auf dem Boden. Aboyer
hob ihn auf.
Lieber Al, las er ärgerlich, ich wage mich ein bißchen in die Kälte hinaus. Ich
glaube, ich habe eine prächtige Idee. Dein Freund Matten-Willy.
Aboyer stieß eine Verwünschung aus. Er konnte sich nicht vorstellen, welche Idee in Willys
Bewußtsein herumspukte, doch er glaubte zu wissen, daß Schwierigkeiten bevorstanden, wenn man
Willy nicht daran hinderte, seine Pläne auszuführen.
Aboyer schaltete das Tischsprechgerät ein und stellte eine Verbindung zum Haupteingang
her.
»Das Quallenwesen von der Hundertsonnenwelt darf nicht passieren, bis ich unten bin«, sagte
er.
»Das hätten Sie mir früher sagen müssen«, erwiderte der Wächter. »Willy ist bereits unterwegs.
Er schien es mächtig eilig zu haben.«
Aboyer schaltete ab, griff nach einem Sandwich und stürzte hinaus. Eine Minute später stand er
vor dem Gebäude der Solaren Abwehr.
»In welche Richtung ist er verschwunden?« erkundigte er sich bei einem der Wachbeamten.
»Wenn ich jedem nachsehen wollte, der hier herauskommt, hätte ich bald Stielaugen«, erwiderte
der Mann säuerlich.
Aboyer rannte zum Gleitband hinab und ließ sich davontragen. Wahrscheinlich würde er nicht
lange suchen müssen. Wo Willy war, herrschte meistens Aufruhr. Jetzt zur Hauptverkehrszeit würde
sich das noch deutlicher bemerkbar machen.
Am nächsten Häuserblock wechselte Aboyer das Band. Er ließ sich in Richtung des Stadtzentrums
davontragen. Er fragte sich, ob er Atlan oder Mercant verständigen sollte. Beide Männer waren
wahrscheinlich viel zu beschäftigt, um sich um den Besucher von der Hundertsonnenwelt zu
kümmern.
Etwa hundert Meter vor Aboyer hatte sich ein Menschenauflauf gebildet. Aboyer wußte, daß sich
dort eines der vielen großen Kaufhäuser Terranias befand. Er glaubte nicht, daß die
Menschenansammlung etwas mit Matten-Willy zu tun hatte, aber er wollte auf jeden Fall
nachsehen.
Als er sein Ziel erreichte, sprang er vom Band und näherte sich dem Eingang des Kaufhauses.
Die Menschen standen so dicht, daß Aboyer nicht sehen konnte, was geschah. Er vermutete, daß
irgendein Verkaufsschlager zu einem Sonderpreis verkauft wurde.
»Was ist da vorn überhaupt los?« fragte er seinen Nebenmann, der zwei Köpfe größer war als
er.
»Irgendein Abgeordneter gibt ein Fernsehinterview«, erwiderte der Mann. Mit einem hämischen
Lächeln fügte er hinzu: »Wenn Sie größer wären, könnten Sie die Sache verfolgen.«
Aboyer hörte schon nicht mehr zu. Er wußte, daß in den Hauptverkehrszeiten Reporter des
Fernsehens überall unterwegs waren, um Interviews zu machen. Gerade am Vorabend der galaktischen
Gipfelkonferenz würde es in der Stadt von Reportern wimmeln.
Rücksichtslos bahnte Aboyer sich mit den Ellbogen einen Weg durch die Menschen. Empörte Rufe
wurden laut, doch er kümmerte sich nicht darum. Endlich sah er Willy, genau vor dem
Warmluftgebläse der Tür des großen Kaufhauses.
»Wir haben außergewöhnliches Glück«, hörte Aboyer den Reporter sagen. »Meine Damen und Herren,
wir können Ihnen nun einen extraterrestrischen Abgeordneten vorstellen, der Ihnen seine Meinung
zu der augenblicklichen politischen Lage sagen wird.«
Aboyer atmete auf. Offenbar hatte der Reporter zuvor noch Passanten interviewt, bevor er sich
jetzt Matten-Willy zuwandte. Bestürzt sah Aboyer, wie der Kameramann sein kleines Gerät
herumschwenkte und auf Willy richtete. Willy winkte gerührt mit einem Tentakel und glotzte mit
vier Stielaugen in Richtung der Kamera.
»Dieser Bursche kommt von der Hundertsonnenwelt, meine Damen und Herren«, sagte der Reporter.
»Das ist die Zentralwelt der Posbis. Achtzig künstliche Sonnen spenden dieser Welt Wärme.«
»Fünfundachtzig«, verbesserte Willy bescheiden.
»Willy!« schrie Aboyer, der sich endlich bis zu dem Kameramann vorgearbeitet hatte.
Er hatte das Gefühl, von allen Umstehenden angestarrt zu werden.
Willy stieß einen
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