Silberband 030 - Bezwinger der Zeit
hatte. Der Roboter sank im Zugang zum Satellitenzentrum zusammen. Broysen
kletterte über ihn hinweg. Seine Blicke flogen über die verschiedenen Anlagen. Welches Gerät war
durch den unglücklichen Schuß zerstört worden? Broysen riß den Helm vom Kopf, um eventuell
verdächtige Geräusche hören zu können. Doch außer dem Summen und Knacken der verschiedenen
Maschinen vernahm er nichts. Er spürte, daß sich sein Pulsschlag beschleunigte. Er wagte nicht
daran zu denken, was geschehen würde, wenn er einen Alarm der terranischen Wachstationen
ausgelöst hatte.
Da sah er etwas, das ihn mit Erleichterung erfüllte. Die beiden noch intakten Reparaturroboter
lösten sich aus ihrer Starre und marschierten auf das zerschossene Kabel zu. Von Broysen nahmen
sie keine Notiz. Aufatmend beobachtete der Tefroder, wie die beiden Roboter mit der Reparatur des
Schadens begannen.
Broysen entledigte sich seines Schutzanzuges und holte den Zünder aus seinem
Kleinstraumschiff. Immer wieder blickte er auf die Uhr, die er von Miras-Etrin erhalten hatte.
Sie zeigte neben der tefrodischen Zeiteinteilung auch die terranische. Auf diese Art konnte kein
Irrtum passieren.
Es war kurz vor acht, als Broysen einen kleinen Kontrollbildschirm in dem Satelliten
entdeckte, über den das Fernsehprogramm ablief, das während der Konferenz ausgestrahlt wurde.
Broysen sah das Innere der Solar Hall und erkannte, daß einige Abgeordnete bereits ihre Plätze
eingenommen hatten. Er rollte seinen Schutzanzug zusammen und benutzte ihn als Sitzpolster.
Unmittelbar vor dem kleinen Bildschirm ließ er sich auf den Boden nieder und lehnte sich mit dem
Rücken gegen eine Maschine. Den Zünder legte er neben sich.
Miras-Etrins Plan funktionierte nach wie vor. Die Konferenz fand statt, das konnte er den
wenigen Bildausschnitten, die er bisher gesehen hatte, bereits entnehmen. Nicht nur das, niemand
in der Solar Hall schien Verdacht zu schöpfen, denn die Menschen, die sichtbar wurden, verhielten
sich ruhig und normal.
Broysen wandte den Kopf, um zu sehen, wie die beiden Reparaturroboter vorankamen. Die
Automaten hatten die schadhafte Stelle bereits ausgebessert und waren dabei, die Isolierung zu
erneuern. Broysen nickte befriedigt. Wenn das Kabel überhaupt eine besondere Bedeutung besaß,
dann war es nur für zehn Minuten ausgefallen. Er glaubte nicht, daß diese kurze Zeit genügte, um
irgendeinen Alarm auszulösen.
Die Robotautomatik von TV-4-Sol meldete um 7.53 Uhr einen Kabelbruch zwischen dem
Kraftwerk und Verstärkersektor zur Erde. Die Meldung wurde gespeichert und nicht weitergegeben,
da innerhalb kurzer Zeit die Nachricht eintraf, daß der Schaden wieder behoben sei. Die Techniker
in der Zentrale von Terra-Television kümmerten sich nicht um Speichermeldungen. Nur Nachrichten,
die weitergegeben wurden, waren für sie interessant.
Aboyer fühlte, daß der Whisky eine wohlige Wärme in seinem Magen verbreitete, die
sich rasch auf den übrigen Körper ausdehnte. Natürlich hatte er zu schnell getrunken, und er war
durch die Abstinenz der vergangenen Tage schon fast entwöhnt.
Willy fiel ihm ein. Ob das Quallenwesen sich noch in der Wohnung aufhielt oder bereits zur
Solar Hall unterwegs war? Mit unsicheren Beinen erhob sich Aboyer und wankte auf die Tür des
Arbeitszimmers zu. Unwillkürlich fiel sein Blick auf die Uhr. Es war halb neun.
Als Aboyer sein Arbeitszimmer verlassen wollte, um in den anderen Räumen nach Willy zu suchen,
ertönte der Summer des Telekoms. Hastig schob Aboyer die Flasche aus dem Sichtbereich des
Bildfunkgerätes, bevor er einschaltete. Mit beiden Händen rieb er sich über das Gesicht. Seine
Augenlider kamen ihm ungemein schwer vor. Er zog einen Sessel zu sich heran. Als der Bildschirm
hell wurde, hatte er bereits Platz genommen.
Es war Sintra. Sie sah übernächtigt aus, aber ihr Anblick weckte in Aboyer wehmütige Gedanken.
Der Einfluß des Alkohols tat ein übriges, um seinen alten Groll wieder aufleben zu lassen.
»Sintra!« knurrte er. »Wollen Sie mir beim Frühstück zusehen?«
»Al«, rief sie bestürzt hervor. »Al, Sie sind ja betrunken!«
»Haben Sie eine Nachricht für mich?« erkundigte er sich und gab sich Mühe, seine Stimme unter
Kontrolle zu bringen. Er wünschte, sie hätte Verachtung für ihn gezeigt, aber er spürte sehr
deutlich, daß sie nur Mitleid für ihn hatte. Er mußte sich mit beiden Händen an den Lehnen des
Sessels festklammern, damit er nicht die
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