Silberband 032 - Die letzte Bastion
übermannen«, warnte Ras, »wenn ich Ihnen nun die
Wahrheit berichte. Ich tue es, damit Sie Zeit genug finden, Multidon zu räumen. Viel Zeit
allerdings haben Sie nicht. Noch etwa sieben Tage, dann ist Multidon verloren.«
Proht schien Ras mit seinen Blicken durchbohren zu wollen, dann trat er zurück und schüttelte
den Kopf.
»Ihr Terraner seid merkwürdige Lebewesen. Selbst dann, wenn man euch die Schlinge schon um den
Hals legt, droht ihr noch. Was soll der Bluff? Ist eine Invasionsflotte unterwegs? Sie wird nicht
weit kommen, auch wenn der Zapfstrahl ausgefallen ist. Ich habe sechstausend schwere
Schlachtschiffe …«
»Sie werden genügen, um die Besatzung von Multidon zu evakuieren. Außerdem stehen in den
Hangars brandneue Frachter, viele tausend von ihnen. Wir wissen nicht, wieviel Tefroder und
Duplos es auf Multidon gibt …«
Proht war näher getreten. Er begann zu ahnen, daß die Terraner nicht nur blufften.
»Was ist geschehen?« fragte er einfach. »Vielleicht finden wir einen Ausweg aus der Situation.
Reden Sie schon.«
Ras sagte:
»Sie kennen die Arkonbombe, Faktor III. Wir haben eine Arkonbombe auf Multidon zur Detonation
gebracht. Vor einigen Stunden muß es geschehen sein, und Sie wissen so gut wie wir, daß der
Atombrand nicht mehr aufzuhalten ist.«
Proht starrte die beiden Terraner an, dann wurde er kreideweiß im Gesicht. Aber er hatte sich
noch immer in der Gewalt. Er nickte.
»Jetzt weiß ich, was der plötzliche Temperaturanstieg zu bedeuten hat. Sie haben also die
Wahrheit gesagt. Eine Arkonbombe! Dagegen sind auch wir machtlos.« Er trat näher an den Käfig und
ballte die Fäuste. »Sie wissen, daß Sie dafür den Tod verdienen. Nicht durch meine Hand, nein.
Durch Ihre eigene Bombe.«
»Damit mußten wir rechnen. Immerhin gibt der langsame Verlauf der Kettenreaktion Ihnen die
Möglichkeit, Multidon zu räumen. Der Planet ist verloren, zugegeben. Aber für Ihr Leben und das
Ihrer Leute besteht keine Gefahr.«
Es war erstaunlich, wie sehr der Meister sich beherrschte. Er mußte ganz kalt überlegen. Rache
war die unlogischste aller Handlungen – das mußte er genau wissen.
Es waren aber auch noch andere Überlegungen, die Proht davon abhielten, seiner angestauten Wut
Luft zu machen. Um sein eigenes Leben abermals zu retten, mußte er Multidon aufgeben. Wenn er
dann zwei gefangene Terraner bei sich hatte und Faktor I auslieferte, besaß er einen
unschätzbaren Trumpf. Mutanten gehörten zu den engsten Vertrauten Rhodans. Unter gewissen
Umständen würden sie alles ausplaudern, was sie wußten. Wortlos wandte Proht sich ab und stellte
eine Verbindung zu den Kommandanten der einzelnen Abteilungen her. Er unterrichtete sie in
sachlicher und kühler Form von dem drohenden Untergang des Planeten Multidon und befahl die
Demontage einiger wichtiger technischer Einrichtungen. Sie sollten sofort in Frachter verladen
werden. Der Flotte gab er Anweisungen, sich in der Nähe aufzuhalten und in vier Tagen die
Tefroder aufzunehmen. Da der Transmitter ausgefallen war, sollte die Flotte versuchen, sich durch
den Uklan-Dunkelnebel durchzuschlagen. Der Kommandant der Frachterflotte erhielt den Befehl, alle
verfügbaren Frachter zum Abtransport der fertiggestellten Duplos bereitzustellen. Sobald die
Demontagearbeiten beendet waren, sollte die Evakuierung beginnen.
Das alles dauerte fast eine halbe Stunde. Dann schaltete Proht die Geräte ab und wandte sich
wieder an seine Gefangenen. Sein Gesicht war hart und ausdruckslos.
»Die Terraner befinden sich mit uns im Krieg. Sie haben einen unserer wichtigsten Planeten
sabotiert. Sie haben tausendfach den Tod verdient. Glauben Sie nur nicht, es sei von meiner Seite
aus Schwäche oder gar Sentimentalität, wenn Sie jetzt noch leben. Es ist etwas anderes. Ich werde
Sie mit mir nehmen und dann an Faktor I ausliefern. Ich hoffe, Sie wissen die Ehre zu
schätzen.«
Gucky langweilte sich entsetzlich in seiner Höhle. Stundenlang wartete er auf ein
Lebenszeichen von Ras und Tronar, aber es kam keins. Er hörte die Sendungen der Tefroder ab, aber
es waren nur Routinemeldungen, die ihn nicht weiter interessierten. Er hatte den letzten
Konzentratwürfel verzehrt und war im Augenblick satt.
Um sich die Zeit zu vertreiben, übertrat er Ras Tschubais Befehl und teleportierte zum
Haldengebirge, um sich vom Fortschritt des Atombrandes zu überzeugen. Fast hätte er sich die Füße
verbrannt, als er auf den Felsen
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