Silberband 034 - Die Kristallagenten
befanden. Es war keine Zeit mehr
zu verlieren. Wenn sie nicht von selbst handelten, mußte er sie dazu drängen.
Ein geraffter Funkspruch von zwei Mikrosekunden Dauer wurde abgestrahlt.
Der Text des Spruches, an Roi Danton gerichtet, lautete:
»Ich folge, Sire.«
Mehr konnte nicht riskiert werden.
Danton und Lloyd schleppten die drei paralysierten Terraner aus dem Kommandoraum,
damit sie ihnen nicht im Weg waren. Dann wandte sich der Freihändler an den Telepathen.
»Empfangen Sie jetzt noch irgendwelche Impulse?« fragte er.
Der Mutant verneinte.
»Und was ist mit den Generälen?« erkundigte sich Danton.
Lloyd zuckte mit den Schultern.
»Nichts mehr. Ich verstehe es nicht – aber es ist, als wären sie plötzlich nicht mehr
da.«
Roi überlegte. Es konnte sein, daß die Zerstörung des Kristalls auf das Bewußtsein eines
Generals in derselben Weise einwirkte wie auf das eines Terraners, nämlich mit einer Art
Kurzschluß, der Ohnmacht hervorrief. So viel Glück, fand Roi, war kaum zu ertragen.
Dazu kam die Erleichterung darüber, daß die von Lloyd gespürten, rätselhaften Impulse ganz
offenbar nicht von einem dritten unbekannten Gegner – etwa einem weiteren Hilfsvolk der
Kristallmächte – gekommen waren.
Roi begann die Schaltplatte zu untersuchen. Die Technologie, die den Geräten zugrunde lag, war
völlig fremdartig. Aber die wichtigsten Kontrollen erwiesen sich bei näherem Hinsehen als
beschriftet – unordentlich und provisorisch zwar, aber in leichtverständlichem Interkosmo.
Rois Vermutung, die Terraner stellten die eigentliche Bedienungsmannschaft des Schiffes, erwies
sich als richtig. Mit Hilfe der kleinen Täfelchen, die unter rund einem Dutzend Schaltern, Hebeln
und Skalen befestigt waren, gelang es ihm ohne sonderliche Mühe, die Grundprinzipien der fremden
Astrogation zu verstehen.
Das Bild auf dem großen Panoramaschirm hatte sich inzwischen nicht wesentlich geändert. Das
Schiff bewegte sich offenbar nur mit geringer Geschwindigkeit. Roi studierte den fremden
Sternenhimmel und versuchte, die Entfernung von dem gelben Stern zu schätzen, der im Zentrum des
Bug-Schirmsektors glänzte. Das Ergebnis, zu dem er schließlich kam, war vage und hing davon ab,
wie groß und von welcher Leuchtstärke der unbekannte Himmelskörper war. Roi glaubte jedoch, mit
Sicherheit sagen zu können, daß die Distanz nicht mehr als dreißig und nicht weniger als fünfzehn
Astronomische Einheiten betrug.
Während er noch den Bildschirm studierte, machte Roi eine interessante Entdeckung. Im
Steuerbordsektor entdeckte er ein winziges, lichtschwaches Gebilde, das von ungewöhnlicher Form
zu sein schien. Es wirkte länglich, fast wie ein Strich mit einer etwas lichtstärkeren Stelle an
einem Ende. Bei Objekten von so geringer Leuchtstärke bestand die Möglichkeit, daß die
Aufnahmegeräte oder das Bildübertragungssystem Effekte erzeugten und hinzufügten, die es in
Wirklichkeit nicht gab. Roi überflog die Sektoren des großen Panoramaschirms, um zu ermitteln, ob
es ein ähnliches Objekt auch an anderer Stelle gab.
Innerhalb von wenigen Sekunden fand er drei. Sie hatten alle das gleiche Aussehen – ein
Strich mit einer leuchtkräftigen Stelle am Ende. Die Möglichkeit, daß es sich um einen vom
Bildsystem erzeugten Scheineffekt handelte, war damit ausgeschlossen.
Roi suchte weiter. Er fand insgesamt sieben der merkwürdigen Objekte, drei davon an
Steuerbord, drei an Backbord und eines im Bug-Sektor.
Es fiel ihm nicht schwer zu begreifen, was sie waren. Als sie sich in den unterirdischen
Anlagen von Keeg in höchster Not an Bord dieses Schiffes gerettet hatten, standen dort sieben
weitere Schiffe derselben Größe und Bauart, ebenso startbereit. Alle acht Schiffe mußten nahezu
gleichzeitig gestartet und im Verband losgeflogen sein. Aus einer Entfernung von mehreren tausend
Kilometern würde ein birnenförmiges Schiff aussehen wie ein lichtschwacher Strich mit einem
vergleichsweise hellen Ende.
Roi sah sich gezwungen, seine Pläne zu ändern. Er hatte vorgehabt, das Schiff aus dem Kurs zu
reißen, sobald er die Steuerung verstanden hatte, und sich auf den Rückflug zu begeben. In
Hinsicht auf die FRANCIS DRAKE und die CREST IV machte er sich kaum mehr Hoffnungen. Die beiden
Schiffe mußten seine Spur nach den drei rasch aufeinanderfolgenden Transitionen unweigerlich
verloren haben. Sein ursprünglicher Plan fußte auf der Annahme, daß das Ziel des Fluges
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