Silberband 034 - Die Kristallagenten
stehenden Gurrads verstehen konnten.
»Der Eingang ist zu schmal für zwei Männer«, sagte Sharett ruhig. »Sie müssen an mir vorbei,
wenn Sie hineinwollen.«
»Wollen Sie einen alten Mann niederschlagen, ein Mitglied des Rates der Kommandanten?«
»Wenn es sein muß«, sagte Sharett.
Der alte Guerilla schnaubte ungläubig und machte Anstalten, sich an dem Headman
vorbeizuschieben. Sharett holte aus und schmetterte seine Faust mit voller Wucht auf den Kopf des
anderen Mannes. Rownberk brach lautlos zusammen.
Sharett achtete nicht auf den Bewußtlosen vor seinen Füßen, sondern richtete seine
Aufmerksamkeit auf die Menge. Er sah verschlossene Gesichter und drohend erhobene Arme.
Sharett wartete.
»Er hat den alten Mann zusammengeschlagen!« rief jemand.
Das war das Signal für ein allgemeines Protestgeheul. Sharett wartete, bis sich der Lärm
gelegt hatte, dann hob er eine Hand.
»Ruhe!« rief jemand. »Er will etwas sagen.«
Sharett fühlte sich auf eine merkwürdige Art gewachsen. Die Hütten ringsum schienen
geschrumpft zu sein, und er blickte auf sie herab. Dieses Gefühl ließ sein Herz schneller
schlagen, obwohl er äußerlich vollkommen gelassen blieb.
»Ich bin der Headman«, sagte er mit weithin hörbarer Stimme. »Ich sage, daß den fünf
Gefangenen vorläufig nichts geschieht.«
Ein untersetzter Gurrad trat vor. Er hatte eine unsaubere, zerzauste Mähne. Sein rechter Arm
war geschient.
»Es sind Spione der Perlians!« schrie er. »Wir müssen sie töten.«
Zustimmendes Geheul brandete auf. Rownberk war zu sich gekommen und kroch auf allen vieren
davon. Sharett beachtete ihn nicht.
»Wir werden sie töten«, sagte Sharett. »Aber es wäre dumm, es bereits jetzt zu tun. Wir können
wertvolle Informationen von ihnen erhalten.«
Er erhielt unerwartete Hilfe. Perrahat trat vor die anderen.
»Tote können nicht sprechen«, sagte der junge Guerilla. »Geben wir dem Headman Gelegenheit,
mit den Gefangenen Verbindung aufzunehmen. Wir wählen jemand aus unseren Reihen, der ständig in
der Nähe des Headmans bleiben muß, damit wir sicher sein können, daß unsere Wünsche
berücksichtigt werden.«
Sharett verstand, was Perrahat auf diesem Weg erreichen wollte. Er war sicher, daß man ihn
wählen würde. Durch die Wahl würde er dem Headman praktisch gleichgestellt. Als nächstes würde
Perrahat Anspruch auf die Position des Headmans erheben. Er wußte genau, daß Sharett keine andere
Wahl blieb, als auf diesen Vorschlag einzugehen.
»Ihr alle wißt, wer ich bin«, fuhr Perrahat fort. »Jeder weiß, daß ich kein Freund unseres
Headmans bin. Laßt mich bei ihm bleiben, solange die Gefangenen noch am Leben sind.«
Wenige Augenblicke später hatte sich die Menge verteilt, und Clan Perrahat betrat zusammen mit
Sharett die Hütte. Der Headman hatte ein eigenartiges Gefühl, als er dem jungen Gurrad den Rücken
zuwandte. Er hatte eine völlig neue Eigenschaft Perrahats kennengelernt, und die gefiel ihm
nicht.
Bei Anbruch der Dunkelheit hatten die beiden Gurrads die Hütte verlassen. Haagard
lag mit dem Rücken auf dem Boden und überprüfte die Festigkeit der Fesseln. Nachdem Fellmer Lloyd
festgestellt hatte, daß alle Gurrads außer dem Headman ihren Tod wünschten, hatte Hohle sich
geweigert, weitere Zeichen in den Boden zu ritzen. Daraufhin hatten die beiden Guerillas den
Eskimo wieder gefesselt und neben den anderen gelegt.
Wish Haagard wußte, daß draußen vor der Hütte fünf Wächter standen. Es gab keine
Fluchtmöglichkeit aus dem Lager der Gurrads. Zum Glück hatte Haagards Fieber nachgelassen, aber
er spürte brennenden Durst. Bisher hatten sie von den Guerillas keine Nahrungsmittel
erhalten.
Die fünf Männer sprachen kaum miteinander. Sie wußten, daß sie sich in einer aussichtslosen
Lage befanden. Ihre einzige Hoffnung war, daß die Perlians eingriffen und sie befreiten. Ab und
zu stand einer der Wächter auf und warf einen Blick ins Innere der Hütte. Haagard ahnte, daß der
Headman der Gurrads früher oder später nachgeben und ihre Hinrichtung anordnen mußte. Die
Guerillas waren verbittert und glaubten nicht daran, daß sie auf dieser Welt Freunde finden
konnten. Überall im Lager galten die Terraner als perlianische Spione. Niemand hatte eine klare
Vorstellung von der Aufgabe der fünf Fremden, aber jeder verdächtigte sie.
Fellmer Lloyd hatte durch telepathische Kontrolle genau feststellen können, welche Rolle der
junge Gurrad, der sich
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