Silberband 034 - Die Kristallagenten
Augenblick
erschienen. Wenn er klug vorging, konnte er sie als Druckmittel gegen den Rat der Kommandanten
benutzen. Die Alten würden nicht wagen, ihren Headman während einer so gespannten Lage
abzusetzen.
»Sie haben sich kaum gewehrt«, sagte Trenkquort. »Sie ließen sich sogar widerstandslos
festnehmen.«
»Ob sie uns verstehen können?« fragte ein anderer Gurrad.
Sharett schüttelte den Kopf, daß seine Mähne flog.
»Tragt sie in die Hütte!« befahl er den Umstehenden. »Der Rat der Kommandanten soll
entscheiden, was mit ihnen geschehen soll.«
Sharett beglückwünschte sich im stillen zu diesem Entschluß. Indem er dem Rat die Lösung
dieses Problems überließ, lenkte er die Aufmerksamkeit der alten Gurrads von sich ab. Er rechnete
mit einem Aufschub von mehreren Tagen. Diese Zeit mußte er dazu benutzen, um die Kommandanten
nacheinander umzustimmen.
Erst jetzt, da er Gefahr lief, seine Position als Headman zu verlieren, erkannte er, wieviel
ihm diese Aufgabe bedeutete. Sie hatte ihm geholfen, die Gefangenschaft leichter zu ertragen.
Außerdem hatte er viel gelernt. Er war sicher, daß kein anderer Gurrad im Lager ein besserer
Headman sein konnte als er. Deshalb war er entschlossen, seine Position zu verteidigen.
Sharett sah zu, wie die fünf Fremden in die Hütte getragen wurden. Er ahnte, daß in wenigen
Augenblicken die ersten Kommandanten eintreffen würden, um zu erfahren, was geschehen war.
Er unterdrückte ein Lächeln. Er würde das Auftauchen der Fremden dramatisieren, um den alten
Quertreibern genügend Beschäftigung zu geben.
Sein Ziel war es, daß möglichst viele Gurrads den Transport zu einem Kristallplaneten lebend
überstehen sollten. Auf einem Kristallplaneten hatten sie eher eine Möglichkeit, von anderen
Guerillas befreit zu werden als auf dieser gut bewachten Welt. Der Headman war entschlossen, sich
durch keine Anfechtungen und Kritiken von seinem bisherigen Vorgehen abbringen zu lassen.
Clan Perrahat tauchte auf. Er zeigte sich vom Kampf mit Sharett gut erholt.
Sharett wollte dem Gurrad zeigen, daß er ihn noch immer als Anführer der jungen Kämpfer
betrachtete und gab ihm einen kurzen Bericht von den Ereignissen. Die Laune des Jüngeren besserte
sich sofort. Er ließ sich sogar mit Sharett in eine Diskussion ein.
»Ich halte sie für Spione«, sagte er. »Die Perlians wollen offenbar wissen, was im Lager vor
sich geht.«
»Um das zu erfahren, brauchen sie nicht diese fünf Fremden zu schicken«, meinte Sharett.
»Ich glaube, unser Abtransport steht kurz bevor«, sagte Perrahat. »Die Perlians wollen
herausfinden, ob sie mit Widerstand rechnen müssen.«
Er erinnerte sich, daß er noch vor kurzer Zeit als glühendster Verfechter einer Revolte
gegolten hatte und senkte verlegen den Kopf.
»Folgen Sie mir in die Hütte«, schlug Sharett vor. »Wir wollen versuchen, ob wir uns mit den
Unbekannten verständigen können.«
»Wir sollten sie foltern«, sagte Perrahat. »Dann erfahren wir am schnellsten, was mit ihnen
los ist.«
Der Headman seufzte. Clan Perrahat würde sich nie ändern.
Die beiden Gurrads traten ins Innere der Hütte. Sharett schickte alle außer Perrahat hinaus.
Es war dunkel und schwül.
»Soll ich eine Fackel anzünden?« fragte Perrahat.
Der Headman verneinte. Er wartete, bis seine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Er
fragte sich, wer der Anführer der Fremden war. Zwei von ihnen waren untersetzt, die anderen groß.
Sharett wußte, daß er daraus nicht auf die geistigen Fähigkeiten ihrer Gefangenen schließen
konnte.
Die Fremden trugen breite Gürtel. Sharett glaubte nicht, daß sie bewaffnet waren, aber sie
schienen verschiedene technische Ausrüstungen zu besitzen. Dafür sprachen auch die flachen
Behälter auf ihren Rücken.
Der Headman kniete vor den Gefangenen und musterte sie aufmerksam. Sie hielten seinen Blicken
stand. Ihr Interesse schien nicht geringer zu sein als sein eigenes. Er stieß ein drohendes
Knurren aus, um zu sehen, ob sie Angst hatten. Sie blinzelten nicht einmal, auch dann nicht, als
er seine Stimme hob.
»Woher kommt ihr?« fragte er.
Der untersetzte Gefangene, dessen Gesicht aussah, als sei es zu einem Lachen verzogen,
antwortete in einer unbekannten Sprache. Seine Stimme klang weicher als die eines Gurrads. Als er
merkte, daß Sharett ihn nicht verstand, änderte sich sein Tonfall. Innerhalb kurzer Zeit wurde
der Headman in verschiedenen Sprachen angeredet, ohne daß er
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