Silberband 034 - Die Kristallagenten
etwas verstand. Schließlich zuckte
der Unbekannte resignierend mit den Schultern.
»Es gibt vorerst keine Möglichkeit einer sprachlichen Verständigung«, stellte Sharett
enttäuscht fest.
»Sind Sie sicher, Headman?« fragte Perrahat. »Ich werde den Verdacht nicht los, daß wir
getäuscht werden sollen. Ich glaube, diese fünf Männer verstehen genau, was wir reden.«
Sharett lächelte. »Wann werden Sie lernen, nicht immer nur Schlechtes in anderen Wesen zu
sehen, Perrahat?«
»Lassen Sie mich eine Fackel holen«, schlug Perrahat vor. »Vielleicht verstehen die Gefangenen
unsere Sprache, wenn ich ihnen das Feuer vor das Gesicht halte.«
»Nein«, lehnte Sharett ab. Im stillen erwog er die Möglichkeit, daß der junge Kämpfer recht
haben konnte. Es war jedoch gefährlich für die Pläne des Headmans, die Ziele der Unbekannten
vorzeitig aufzudecken. Das hätte dem Rat der Kommandanten die Arbeit gespart.
Sharett runzelte nachdenklich die Stirn. War es nicht möglich, daß einige Ratsmitglieder die
gleiche Methode eines Verhörs vorschlugen, die Perrahat anzuwenden beabsichtigte?
Er ahnte, daß er in ständiger Nähe der fünf Fremden bleiben mußte, wenn er sie wirklich für
seine Zwecke benutzen wollte.
»Wir versuchen es mit Handzeichen«, sagte er zu Perrahat. Er glättete seine Jacke und deutete
auf den roten Ball mit dem Pfeil, der auf der Brustseite eingestickt war.
»Wenn die Fremden schon einmal mit Guerillas zu tun hatten, müssen sie unser Symbol kennen«,
sagte er.
Die fünf Gefangenen reagierten jedoch nicht.
»Sie verstellen sich«, knurrte Perrahat. »Sie wissen genau, was dieses Zeichen bedeutet.«
Sharett antwortete nicht. Er ging dorthin, wo Licht durch den offenen Eingang auf den Boden
fiel. Dort begann er einige Zeichnungen in den festgestampften Sand zu ritzen. Bevor er sie
jedoch einem der Fremden zeigen konnte, kam Rownberk in die Hütte.
Rownberk war alt und gebrechlich. Es grenzte an ein Wunder, daß er bisher die Strapazen der
Gefangenschaft überstanden hatte. Er ging gekrümmt, und seine Mähne war dünn und grau. Seine
Augen waren entzündet und von eiternden Geschwüren umgeben.
Rownberk war Mitglied im Rat der Kommandanten.
Er trat wortlos neben Sharett und blickte auf die Zeichnungen. Dann wanderten seine Blicke zu
den Gefangenen und zu Perrahat.
»Schicken Sie den jungen Kämpfer hinaus, Headman«, sagte der alte Gurrad. »Nicht alle Worte
sind für die Ohren eines Knaben bestimmt.«
Clan Perrahat stieß ein wütendes Knurren aus und blieb an seinem Platz. Sharett erhob sich und
schleuderte das Holzstück, mit dem er gezeichnet hatte, vor Rownberks Füße.
»Kein Guerilla sollte irgendwelche Geheimnisse vor seinen Freunden haben«, sagte er. »Schon
gar nicht in der jetzigen Situation.« Rownberk hustete durchdringend. »Seit wann ist Perrahat Ihr
Freund?« erkundigte er sich spöttisch.
»Freundschaft ist oft eine Frage der Notwendigkeit«, sagte Sharett gelassen.
Rownberks alte Augen begannen zu funkeln, aber er war zu erfahren, um seinen Gefühlen
nachzugeben.
Er deutete auf die fünf fremden Männer.
»Sie müssen sofort getötet werden!« verlangte er.
Sharett erschrak. Das war also die Art, wie der Rat der Kommandanten das Problem aus der Welt
schaffen wollte, um sich wieder der Absetzung des Headmans zuwenden zu können.
»Wer sagt, daß sie getötet werden sollen?« fragte Sharett rauh.
Rownberk richtete sich etwas auf.
»Der Rat!« brummte er. »Geben Sie den entsprechenden Befehl.«
Sharett war wachsam. Er war gewillt, dem Alten die Stirn zu bieten. Es kam darauf an, wie
Perrahat sich nun verhalten würde. Wenn der junge Kämpfer ebenfalls den Tod der Gefangenen
forderte, hatte der Headman keine Chance, etwas zur Rettung der Fremden zu tun.
»Es gibt keinen zwingenden Grund, sie sofort zu töten«, sagte Sharett. »Auch wenn es Spione
der Perlians sind, können wir sie vielleicht für unsere Zwecke einsetzen. Sind es jedoch Gegner
der Drittkonditionierten, werden sie automatisch zu unseren Verbündeten.«
»Ich glaube nicht, daß Sie für Ihre seltsamen Ansichten viele Anhänger finden werden«, sagte
Rownberk giftig. »Die jungen Kämpfer werden den Antrag der Kommandanten unterstützen.«
»Glauben Sie?« höhnte Perrahat. »Warum wollten Sie mich hinausschicken, wenn Ihnen meine
Unterstützung so wichtig erscheint?«
Rownberk schnaubte zornig und verließ die Hütte. Seine wütende Stimme klang von draußen
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