Silberband 035 - Magellan
geschlafen hatte.
Mit einem Satz schwang er sich über die Kante der Stützbeinplattform.
Im letzten Moment fiel ihm ein, daß Melbar unter ihm schlief.
Doch seltsamerweise prallten seine Füße nicht gegen einen ertrusischen Körper, sondern gegen
den kalten Stahl des Bodens.
Er schaltete die Brustlampe ein und blickte sich suchend um.
Von Melbar Kasom war nichts zu sehen.
Allerdings zeugte eine zur Hälfte geleerte Konzentratpackung davon, daß er vor ihm aufgewacht
sein mußte und bereits gefrühstückt hatte.
Danach mußte er den Pumpenraum verlassen haben.
Oro schimpfte leise vor sich hin. Er hielt es für Leichtsinn, die Sicherheit ihres Verstecks
aufs Spiel zu setzen, nur um sich draußen im Schiff umzusehen.
Einen anderen Grund konnte Kasoms Aufbruch nicht haben, denn sie hatten sich dahingehend
geeinigt, die hygienischen Einrichtungen ihrer Kampfanzüge erst dann in Gang zu setzen, wenn sie
gelandet waren – oder wenn es sich absolut nicht mehr hinausschieben ließ.
Er öffnete das Innenschott der kleinen Schleuse, durch die sie in den Pumpenraum gelangt
waren. Dieser Raum mußte zum Schiffsinnern hin besonders gesichert werden, weil die Abdichtung
zwischen dem Landebein und der Austrittsöffnung direkt an den Weltraum grenzte. Die geringste
Undichtigkeit mußte einen raschen Druckverlust zur Folge haben.
Nachdem er das Innenschott verriegelt hatte, betätigte er die Entriegelung des Außenschotts.
Die Wand aus fünf Zentimeter starkem Panzerstahl glitt summend zur Seite.
Draußen brannten nur einige rötlich schimmernde Notlampen. Oro Masut hatte seinen
Brustscheinwerfer bereits in der Schleusenkammer ausgeschaltet. Deshalb erkannte er die Umrisse
der kleinen Energie-Umschlagstelle nur vage.
»Kasom!« rief er leise.
Keine Antwort.
Von weiter oben kam das dröhnende Arbeitsgeräusch der Triebwerksaggregate. Das
Birnenraumschiff befand sich also noch im Weltraum.
Masut überlegte, was er tun sollte.
Vielleicht war der Gefährte bei seinem ›Ausflug‹ aufgegriffen worden.
Oder man hatte ihn entdeckt, und er war in die oberen Sektionen des Schiffes geflohen, um Oros
Versteck nicht preiszugeben.
Praktisch konnte alles mögliche geschehen sein.
Masut beschloß, noch einige Zeit zu warten, bevor er zur Suche aufbrach. Wenigstens einer von
ihnen mußte übrigbleiben, sonst war Rhodans Geheimplan gescheitert.
Er kehrte in den Pumpenraum zurück und holte einen Teil seiner Sonderausrüstung. Danach
postierte er sich im Schatten eines automatischen Feuerlöschers, der groß und quadratisch an der
Wand befestigt war.
Falls die Gurrads das praktisch Unmögliche schafften und aus Kasom ihr Versteck herauspreßten,
wollte er nicht in diesem dunklen Kasten gefangen sein.
Es dauerte nicht lange, da hörte er das Tappen von weichen Sohlen auf der rostigen
Wendeltreppe, die von einem Geräteraum zur Landebeinhydraulik führte.
Oro Masut entsicherte seine Waffe und drückte sich enger an die Wand neben dem
Feuerlöschautomaten. Etwas knarrte über ihm. Dann blieb es wieder einige Sekunden lang still.
Oro spähte aus seiner Deckung hervor und sah Bewegung im oberen Drittel der Treppe.
Er zielte mit dem Strahler nach oben und raunte:
»Halt! Wer da?«
Von oben kam ein leiser Aufschrei, dann vollführte die dunkle, nur verschwommen erkennbare
Gestalt einen gewaltigen Satz. Neben Oro Masut fauchte ein Paralysestrahl in den Boden.
Da hatte der Ertruser ebenfalls schon abgedrückt.
Die dunkle Gestalt taumelte.
Plötzlich donnerte und krachte, klirrte und prasselte es, daß Masut glaubte, das Birnenschiff
wäre in vollem Flug gegen einen Asteroiden gerast.
Als es danach aber still blieb, wagte er, den Scheinwerfer einzuschalten.
Wenige Meter vor ihm erhob sich Melbar Kasom fluchend und jammernd aus einem Haufen verbogenen
Metalls, der in eine Wolke von Roststaub gehüllt war.
Verblüfft starrte Oro nach oben und sah, daß die untere Hälfte der Wendeltreppe völlig
fehlte.
Sein Blick wanderte zurück zu dem Gefährten.
Kasom rieb sich mit der Linken das verstauchte Gesäß, mit der Rechten betastete er eine
hühnereigroße Beule auf seiner Stirn.
»Willkommen, Einhorn!« sagte Oro Masut schadenfroh.
Melbar spie eine Handvoll Rost aus und blinzelte mit den Augen, um den Staub von
den Schleimhäuten zu entfernen.
»Masut …?« krächzte er wenig geistreich.
»Das gleiche könnte ich fragen«, erwiderte Oro, der nur mühsam ein Grinsen unterdrückte. »Wie
konntest
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