Silberband 054 - Finale für Pluto
geahnt. Er war in eine Falle gesprungen,
die er hatte vorausahnen können. Aber die Falle funktionierte ganz anders, als er erwartet
hatte.
Für den Keil der Sammler bedeutete es insofern nichts, als Vascalo weiterhin die Schaltungen
durchführte, sich durch die Anwesenheit des Angreifers nicht stören ließ. Die Schlacht um die
Durchführung der Invasion ging weiter.
Und in seiner Station stand Ovaron auf und schaute Pontonac bekümmert an. Vascalos Bewußtsein
und Vascalos Intellekt sagten mit der Stimme des Ganjos:
»Tut mir leid, Pontonac – es hat nicht geklappt. Auf eine Weise, die ich noch
herausfinden muß, hat sich mein Opfer gegen die Übernahme zu sperren vermocht.«
Der Mann vor ihm nickte mit liebenswürdigem Gesichtsausdruck und sagte: »Wir hatten es
befürchtet. Ich kann also an Bull die Aufforderung richten, wie bisher vorzugehen.«
Die Schwingungen der Unwahrheit trafen Pontonac fast körperlich. Sie schmerzten nicht, aber
sie riefen ein Unbehagen hervor, das er genau kannte.
»Tun Sie das«, sagte der falsche Ovaron.
Pontonac hatte den Auftrag innerhalb von zwei Minuten erledigt, dann wandte er sich wieder an
Ovaron und fragte halblaut:
»Wie lange werden Sie brauchen, um einen zweiten Versuch starten zu können, Ganjo?«
Der Cappin meinte zögernd: »Ich weiß es nicht genau. Schätzungsweise vierundzwanzig
Stunden.«
Pontonac wußte nicht, was geschehen war. Er wußte aber sehr genau, daß der Charakter des
Mannes vor ihm sich in kurzer Zeit drastisch verändert hatte.
Edmond beschloß, schweigend und ohne seine Miene zu verziehen, diesem neuen Phänomen mit einer
Falle zu begegnen. Was jetzt kam, war seine, Edmonds, Sache.
»Erholen wir uns erst einmal von den Aufregungen«, sagte er. »Draußen wartet ein
Gleiter – fahren wir in die Kommandantur, essen dort etwas und überlegen uns eine
Alternativlösung. Ist das ein Vorschlag?«
Er wartete geduldig auf die Antwort. Als der Mann vor ihm – Vascalo oder Ovaron? –
die Gedanken ausformulierte, ehe er sie aussprach, verspürte Pontonac einen Stich: Hier wurde
eine neue Chance klar erkannt. Dieses Wesen hier würde die Chancen auch wahrnehmen. Schließlich
lag sozusagen das Solare Imperium offen vor dem Inhaber dieses Körpers. War es noch Ovaron, waren
die Gefahren nicht existent. War es Vascalo, dann war die Gefahr akut.
»Ausgezeichneter Vorschlag«, sagte der Cappin. »Gehen wir.«
Sie verließen den Raum. Souverän, als ob er jeden Meter der Gänge, Hallen, Magazine und
Korridore kennen würde, ging Ovaron einen halben Meter vor dem Terraner. Sie verließen zusammen
die unterirdische Anlage, stiegen in den Gleiter, den Pontonac steuerte. Hinter den gleißenden
Lichtstrahlen der Scheinwerfer schwebten sie durch die Korkenzieherschlucht mit allen ihren
merkwürdigen Windungen.
»Was haben Sie vor, Ganjo?« fragte Pontonac.
Ovaron zögerte, drehte sich im Beifahrersitz halb herum und betrachtete aufmerksam das
Panorama aus Bauten, Bergen und Licht.
»Ich verstehe die Frage nicht ganz«, sagte er. »Was meinen Sie?«
»Nun, genau das, was ich fragte – abgesehen vom gemütlichen Essen. Sie sind
hierhergekommen, um Vascalo den Krummen zu übernehmen und die Schlacht zu beenden. Wie stellen
Sie sich den Fortgang vor?«
»Ich weiß es nicht. Ein zweiter Versuch. Ich muß ihn erwischen, wenn er völlig abgelenkt ist
oder schläft. Da die Schlacht schon seit vielen Stunden tobt, wird der Zeitpunkt für ihn kommen,
da er schlafen muß. Niemand kann ohne Schlaf bleiben. Mir genügen einige Sekunden.«
»Ich verstehe«, sagte Pontonac. »Dort drüben, neben den Hangars, ist meine
Administration.«
»Ich weiß.«
Was Pontonac nicht wußte, war, daß Ovaron durch die Übernahme von Vascalo zu dessen Gefangenem
geworden war. Ovaron konnte nicht erfolgreich gegen die Herrschaft Vascalos ankämpfen, und
Pontonac zog es im Augenblick vor, über die Natur seiner Feststellungen zu schweigen. Die
Selbstsicherheit des falschen Ganjos war verblüffend. Das bedeutete, daß Vascalo über sämtliche
Informationen des echten Ganjos verfügen konnte, und zwar ohne zeitliche Probleme.
Der Gleiter näherte sich dem runden Gebäude der Kommandantur. In einem der Zimmer, die
Pontonac bewohnte, brannte die Beleuchtung, also befanden sich Merceile, die Siganesen und Roi
Danton dort.
Bisher hatte Ovaron geschwiegen und sich aufmerksam umgesehen. Auch das war, abgesehen von den
spürbaren Unwahrheiten und
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