Silberband 054 - Finale für Pluto
unangetastet,
öffnete die Tür der zweiten Hangaranlage und sah sich einem elfenbeinfarbenen schweren
Luftgleiter gegenüber.
Das Kugelschiff besaß zwei dieser bedingt raumfesten Gleiter.
Wieder hatten sie gleichgezogen. Einen Gleiter besaß Vascalo. Er raste damit zunächst dicht
über dem Boden dahin, zog ihn dann hoch und flog davon. Den zweiten Gleiter benutzte Pontonac zur
Verfolgung.
»Der Vorsprung des Cappins«, sagte er grimmig, »beträgt neunzig Sekunden. Die Reichweite eines
Gleiters beträgt das Mehrfache des Planetenumfanges. Das wird eine warme Angelegenheit!«
Er schloß die Schleuse von innen, öffnete die äußere Schleusentür und kletterte in den
Gleiter. Dann nahm er die Verfolgung auf.
Unwillkürlich erwartete Edmond Pontonac eine Hitzewelle. Aber er war im Augenblick
zweifach vor der grellen Strahlung und vor der mörderischen Hitze, von der jedes Molekül dieser
Tagseite des Planeten erfüllt war, geschützt. Der Gleiter schwang sich mit voller Maschinenkraft
aus der Schleuse, sackte schwer durch und fing sich dicht über dem Boden erst wieder.
Edmond beschleunigte mit Höchstwerten, erhöhte die Energie der Prallfelder und ging höher.
Sein Gegner hatte eine Spur hinterlassen.
Vor ihm brodelte auf eine Länge von mehreren Kilometern eine Staubfahne, die von den Energien
der Kissen bewegt worden war. Sie zog sich in einer dreifachen Kurve über die gelbrote Ebene bis
zu den fernen, kaum sichtbaren Hügeln der Gebirge, die wie rot überpudert aussahen.
Edmond griff in das Fach unter dem Armaturenbrett und schob einen breiten, dreieckigen
Plastikstreifen über den Helm des Schutzanzuges. Als sich seine Augen an die Lichtbrechung
gewöhnt hatten, sah er, daß sämtliche Instrumente des Gleiters zuverlässig funktionierten und
beruhigende Werte zeigten. Sollte er einen Funkanruf riskieren? fragte er sich, als er das
Mikrophon sah. Dann schüttelte er den Kopf und flog mit maximaler Geschwindigkeit der Staubspur
nach.
Was bezweckte der Cappin mit dieser Flucht? Von dem Planeten gab es kein Entkommen, denn das
Raumschiff war nur von einem gutausgerüsteten Reparaturkommando wieder instand zu setzen und
flugfähig zu machen.
Schweigend suchte Pontonac den Horizont vor sich ab; er suchte ein Lichtpünktchen, einen
kleinen, scharfen Reflex, der ihm etwas über die Position des Gegners sagen würde. Dann erst, als
er über das Ende der Staubspur hinausschoß und in einen Steigflug überging, schaltete er das
Radargerät ein.
Er flog einige Minuten lang geradeaus und betrachtete abwechselnd die runde Scheibe des
Radarbildes und die Umgebung. Unter ihm raste die glühende Ebene vorbei. Die Schatten der
riesigen Blöcke bildeten ein Linienmuster auf dem Boden. Gegen den schwarzen Hintergrund des
Weltalls hoben sich die Flanken der Berge scharf an, wie die Zähne einer Säge.
Edmond hob den Kopf, drehte ihn nach hinten – nirgendwo konnte er etwas sehen. Er flog
weiter, sehr gespannt, unruhig und nervös. Merkwürdigerweise fühlte er sich bedroht.
»Wo steckt Vascalo?« fragte er sich leise.
Er griff in die Steuerung und zwang den Gleiter in eine weite Linkskurve. Die Maschine
reagierte hervorragend. Zweihundert Meter über dem Boden legte sie sich leicht schräg und wurde
wieder schneller. Ein breiter Streifen schwarzer Schatten erstreckte sich westlich eines langen,
ziemlich steilen Grates. Der Gleiter ging auf einhundert Meter hinunter und schwebte dann in den
Kern des Schattens hinein. Die psychologische Wirkung der plötzlichen Dunkelheit war frappierend,
plötzlich ließ die eingebildete Hitze nach, und Pontonac glaubte, kühle Luft zu atmen.
Er wartete förmlich auf einen Angriff, obwohl er ahnte, daß Vascalo keinerlei Vorteil davon
haben würde.
Doch!
Sicher ahnte Vascalo, daß dem kleinen Dienstschiff des Kommandanten ein größeres Schiff folgen
würde. Vielleicht gab es dort jemanden, der nicht die Dakkarschleife trug, den Vascalo übernehmen
konnte. Also mußte vorher der Mitwisser ausgeschaltet werden. Deshalb auch die Flucht! Deshalb
auch das Verlassen des Schiffes. Er, Edmond, war im Augenblick in höchster Gefahr.
Er hob unruhig den Kopf.
Voraus war nichts zu sehen, ein Echo hätte sich klar auf dem Schirm abgezeichnet. Vermutlich
kam der Angriff aus der Sonne heraus, aus dem Licht. Geblendet würde der Terraner weniger sehen
und sich vielleicht nicht wehren können.
Edmond bremste stark und ließ den Gleiter nach unten sinken.
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