Silberband 054 - Finale für Pluto
zugeben wollte. Ein
einziger Fehltritt konnte ihm den Tod bringen, denn die Felsenbrücke war an manchen Stellen nicht
breiter als ein Meter.
Er trat auf einen Stein, der sofort ins Rollen kam und in der Tiefe verschwand. Schoscholk
strauchelte, verlor das Gleichgewicht, stürzte – und rutschte über den Rand des Felsens. Er
versuchte, sich mit der freien Hand irgendwo festzuklammern, aber seine wild herumgreifenden
Finger fanden keinen Halt. Die andere Hand hielt die Lampe fest.
Er fiel.
Die geringe Schwerkraft des Mondes bewirkte, daß er nicht sehr schnell fiel, aber als er im
Schein seiner immer noch eingeschalteten Lampe die glatte Wand der Felsenbrücke nach oben gleiten
sah, wurde ihm klar, daß er den Aufschlag nicht überleben würde.
Der Treibsatz seines Anzuges …!
Ohne weiter zu überlegen, schob er die Lampe in den Gürtel und betätigte die Kontrollen des
Miniaturantriebes, der seiner relativ geringen Wirkung wegen nur für Steuerkorrekturen im freien
Fall vorgesehen war. Aber vielleicht genügte er bei der geringen Anziehungskraft des Mondes, den
Sturz zumindest abzumildern, wenn schon nicht gänzlich abzufangen.
Schoscholk spürte den leichten Andruck, der ihn bremste. Er nahm die Lampe wieder aus dem
Gürtel und kontrollierte an der immer noch aufwärts strebenden Felswand seine eigene
Fallgeschwindigkeit. Sie verringerte sich merklich. Bald stürzte er nicht mehr haltlos in die
unbekannte Tiefe, sondern schwebte nur noch sanft in sie hinab. Er konnte sogar die Richtung
beeinflussen, aber selbst als er auf Höchstleistung schaltete, war kein Anstieg zu bemerken. Der
Antrieb konnte ihn nicht zur Oberfläche emporbringen.
Immerhin – er würde sich nicht zu Tode stürzen.
Langsam sank er tiefer, nachdem er vergeblich versucht hatte, an der Felsenbrücke einen Halt
zu finden. Immerhin gelang es ihm, sich dabei die Richtung zu geben, in die er wollte: zurück zum
Beginn der Brücke. Dort irgendwo mußte er einen Aufstieg finden.
Er hütete sich, die Felswand aus dem Bereich des Lichtkegels zu verlieren, sie war seine
einzige Orientierungsmöglichkeit. Ohne sie würde er niemals mehr an die Oberfläche zurückfinden,
ein Vorhaben das schon jetzt beinahe aussichtslos schien.
Obwohl er durch das Steuermanöver ständig an Höhe verlor, kam er schnell voran. Insgesamt
hatte er sich fünf Stunden auf der Brücke aufgehalten. Er schätzte, daß er nun doppelt so schnell
war. Die Oberkante der Brücke, der Pfad also, mußte etwa vier bis fünf Kilometer über ihm
sein.
Als nahezu drei Stunden seit seinem Absturz vergangen waren, suchte er die Umgebung
aufmerksamer als bisher mit der Lampe ab. Jeden Augenblick, so nahm er an, mußte er das Ende der
Brücke erreichen und damit jene Felswand, vor der er zu Beginn seines gefährlichen Marsches
gestanden hatte. Dort begann der Rückweg.
Gleichzeitig mit der senkrecht zur Brücke verlaufenden Felswand entdeckte er tief unter sich
den Boden. Während des ›Rückflugs‹ war er um weitere drei Kilometer abgesunken, so daß er
insgesamt mehr als achttausend Meter in das Innere des Mondes vorgedrungen war. Nun kam es auf
die paar Meter auch nicht mehr an.
Er änderte die Richtung und ließ sich senkrecht nach unten sinken.
Sanft landete er auf dem Boden des riesigen Hohlraumes, von dem der obere Dom nur einen
winzigen Bruchteil darstellte. Er schaltete das Antriebsaggregat ab.
Zuerst vergewisserte er sich durch einen Rundblick, daß er nicht wieder auf einem kleinen
Plateau stand und ringsum von bodenlosen Abgründen umgeben war. Es sah ganz so aus, als sei das
diesmal nicht der Fall.
Die Wand der Felsbrücke war glatt, sie bot keinen Halt bei der bevorstehenden Kletterpartie.
Dagegen gab es an dem anderen Hang, soweit sich das im Scheinwerferlicht beurteilen ließ,
genügend Vorsprünge und Spalten, die ihm sein Vorhaben erleichtern würden. Doch wenn er schon
einmal hier unten war, wollte er es auch ausnutzen. Er war kein Geologe, aber als Kundschafter
der Organisation hatte man ihm Dinge beigebracht, die ein normaler Handelskapitän nicht wußte.
Eine Untersuchung des bodengewachsenen Felsens würde ihm verraten, wie der Hohlraum entstanden
sein konnte.
Nach einer Zwischenmahlzeit wanderte er ein Stück am Fuß der Wand entlang und sammelte
Steinproben. Im Schiff verfügte er über die Möglichkeit einer analytischen Untersuchung.
Zusammensetzung, Alter, Ursprung – das alles war wichtig. Er würde das
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