Silberband 058 - Die Gelben Eroberer
bemerkte giftig: »Dein Humor ist wie der Biß einer Natter, Partner!«
»So ist es!« bestätigte Sandal resignierend.
Er schlief zwei Stunden lang nicht ein, aber sie waren bereit, als die Sonne sank und ein kühler Wind durch die Zweige fuhr.
Es gab kein Zwielicht mehr in dieser Gegend; die Nacht fiel wie ein Vorhang über die schweigende, leblose Landschaft. Der heiße Wind, der von dem Sandring her unter den Baum fuhr, kam in immer unregelmäßigeren Stößen und verebbte jetzt – die Fläche gab die Hitze, die sie tagsüber aufgesogen hatte, in der Nacht wieder ab.
Tahonka sagte leise: »Wir haben gegessen und getrunken – binden wir uns nun aneinander.«
»Wohl gesprochen!« Sandal entrollte die zusammengeknoteten Schnüre, die er sorgfältig gesammelt hatte; der Sattel und das Zaumzeug des toten Tieres waren ja vorher abgenommen worden. Beide Männer beluden sich mit dem Gepäck, vergruben die unbrauchbaren Reste und bemerkten, daß das Thoen ihnen aufmerksam zusah.
Dann spannte sich zwischen ihnen ein etwa fünfzehn Meter langes Seil.
»Ausprobieren!« schlug Sandal vor. Löste sich ein Knoten, riß ein Stück, war einer von ihnen unter Garantie tot.
»Selbstverständlich.«
Sie liefen nach zwei Richtungen auseinander, und als das Seil sich straffte, sprangen sie mit aller Kraft weiter. Die Konstruktion hielt.
»Los!«
Sie verließen die schützende Baumkrone. Das schwache, diffuse Licht des Schwarminnern umgab sie. Schwach waren die Konturen der wellenförmigen Sandoberfläche zu sehen. Die Trittspuren des Lycambers wurden von den wandernden Sandkörnern bereits wieder zugeweht. Ein leichter Wind wehte stetig von Osten.
»Auch morgen wird wieder ein heller Himmel sein und wenig Wolken«, meinte Sandal.
»Wer führt?«
»Ich!« sagte Sandal. Er folgte den Spuren des Tieres, schätzte die Stelle ab, an der das Tier versunken war, und machte einen Kreis, der zehn Meter durchmaß. Sie sanken nur wenige Zentimeter ein, nicht mehr. Tahonka folgte in Sandals, das Thoen in Nos Spuren. Ein schweigender Marsch fing an.
Der Ring bestand aus einem Sand, der Sandal nach den ersten fünfzig Metern in Erstaunen versetzte. Der Sand war feucht und kühl.
Kalt? überlegte er. Wesentlich kühler als die Umgebung und viel kälter, als er es sich vorgestellt hatte.
Er blieb stehen und folgte der Linie des hängenden Seiles. Auch der Knöcherne hielt inne.
»Weißt du nicht weiter?« fragte er. Seine dunkle Stimme durchschnitt das Singen der Sandkörner.
»Nein. Ich probiere den Weg aus – halte das Seil stets gespannt. Wenn ich rufe, ziehe mich bitte zurück.«
»Gut, Freund Sandal.«
Sandal befand sich jetzt auf dem windwärts gewandten Hang einer Düne. Er stieg vorsichtig zum Kamm hinauf, aber er sank nicht mehr als sonst ein. Er wurde von Tahonka beobachtet, der ihm ruhig folgte. Zweihundert Meter. Sie blieben in einer Dreiergruppe stehen.
Sandal deutete auf das Thoen und sagte: »Du wirst uns helfen, mein miauender Freund. Denn du kannst, wenn dich der Treibsand verschlingen will, auffliegen. Los!«
Er und Tahonka-No, der blitzschnell begriffen hatte, bedeuteten dem aufgeregten Tier, die Spitze zu übernehmen. Sie vollführten die entsprechenden Gesten und endeten damit, daß sie das Fliegen imitierten; ein sehr komisches Bild, dachte Sandal später, hatten sie als mit den Armen wedelnde Figuren auf der Dünenspitze abgegeben.
»To-en!« sagte das Tier.
Es ging den Dünenhang hinunter, lief etwa dreißig Schritte und flog dann auf. Es verharrte auf der Stelle, sank wieder abwärts, und der Haarwedel vollführte einen wilden, drehenden Reigen.
»Bravo!« sagte der Knöcherne. »Der Planet hilft uns gegen seine eigenen Tücken!«
»Die Tücken des Planeten sind von den Mächtigen eingebaut worden«, korrigierte Sandal und ging weiter.
Die nächsten zwei Stunden funktionierte dieses Verfahren tadellos.
Das Thoen lief eine Strecke, und wenn es nicht versank, blieb es stehen, bis Sandal und der Knöcherne aufgeholt hatten. Dann lief es weiter.
An einer Stelle, an der der Sand gierig die Beine des Tieres zu verschlingen versuchte und sich in Spiralen drehte, faltete dieses Wundertier seine Flügel aus und zog sich aus dem Sand heraus, wobei es in charakteristischer Weise mit der Hand den Schopf umklammerte und daran zerrte.
»Ein teuflisch schlauer Trick!« sagte der Knöcherne anerkennend, als sie wieder einen kurzen Sandstreifen hatten, der ihr Gewicht trug. Die Nacht war halb vorbei, als
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