Silberband 058 - Die Gelben Eroberer
Sandal stolperte. Er fiel auf beide Hände, fluchte und merkte, daß er sich auf einer Felsplatte befand.
Er setzte sich hin, grinste und schüttelte zwei kleine Haufen Sand aus den Stiefeln.
»Was ist los?« erkundigte sich mit pfeifendem Atem der Knöcherne, als er neben Sandal stand.
»Ich sitze auf festem Fels!«
Sandal sah sich um, Tahonka-Nos scharfe Augen folgten der ausgestreckten Hand. Nur in dem diffusen Licht sichtbar, zog eine Spur durch den Sand. ›Abgebrochene‹ Dünen kennzeichneten ein verborgenes Felsenriff, das hier in Nord-Süd-Richtung zutage trat. Sie hätten es nicht besser treffen können.
Sandal sprang auf die Beine und sagte: »Ich habe mitgezählt. Genau einunddreißigmal ist das Thoen in Treibsand geraten. Wir hätten ohne es kaum ein Zehntel der Strecke hinter uns.«
»Halt keine Reden, lauf weiter!« beschwor ihn der Knöcherne.
»Schon gut.«
Sie warfen das Seil über die Schultern, hielten Abstand und folgten dem Riff. Es ging eine Stunde lang ausgezeichnet weiter, also rund vier oder mehr Kilometer. Schließlich besserte sich die Laune der beiden Männer in demselben Maß, wie ihre Vorsicht abnahm. Sandal merkte als erster, daß der Felsen zu Ende war.
Eben noch hatten einzelne Sandkörner auf dem glatten Stein unter den Sohlen geknirscht, und jetzt stolperte der Krieger ins Leere. Er überschlug sich halb, hielt in einem Reflex Bogen und Köcher fest und landete in feuchtwarmem Sand.
»Gefahr!« rief er, dann drang ihm der Sand in Mund und Nase ein. Sandal rang nach Luft und keuchte wie ein sterbendes Tier. Seine Lungen brannten, und auf der Zunge hatte er den metallischen Geschmack zermahlenen Sandsteins.
Ein schwerer, harter Ruck packte ihn an der Brust und unter den Schultern.
»Ich habe dich!« rief der Knöcherne.
Sandal zwang sich zur Ruhe, aber seine Beine arbeiteten fast willenlos in der Panik weiter. Er klammerte sich an das Seil und drehte sich langsam. Zehn Meter über ihm stemmte sich Tahonka-No gegen das Seil, drehte sich um und zog kräftig, das Seil schnitt in seine muskelbepackte Schulter ein.
»Weiter!«
Sandal schob sich, nachdem auch seine Beine richtig reagierten, Zentimeter um Zentimeter aus dem Sand, und suchte nach einem Stück Felsen, an dem er sich festklammern konnte.
Der Sand schien mit Tonnengewichten an ihm zu ziehen. Er registrierte, als er sich abermals drehte, daß sich der Horizont zu färben begann. Der Tag war nicht mehr fern.
Dann hörte er das Schwirren über sich. Thoen! schoß es ihm durch den Kopf.
»Gut so!« flüsterte er erschöpft, als sich vier Gliedmaßen kreuzförmig um seinen Körper schlossen.
Das Thoen schlug wie rasend mit den Flügeln und hob ihn wie einen Stein aus dem Sand. Der Knöcherne fiel fast, als das Gegengewicht am Seil aufgehoben wurde, und er zog Sandal durch die Luft über den Sand bis auf die feste Felsenplatte.
Einen Meter über dem Boden lockerte das Thoen seinen Griff, und Sandal glitt aus den verschränkten Gliedmaßen des Tieres. Er setzte sich hin und nieste; Sand flog aus einen Nasenlöchern.
»Verdammt!« keuchte er. Langsam schwand die Todesangst und machte einer grenzenlosen Erleichterung Platz.
Aus der Entfernung kamen hintereinander drei dumpfe, pochende Geräusche, als sei eine große Blase in einem Sumpf aufgeplatzt.
»Hier!« sagte der Knöcherne und reichte Sandal einen großen Wasserkürbis.
Sandal spülte zuerst den Mund aus und trank dann in großen Schlucken. Dann taumelte er, von Tahonkas harter Hand gestützt, auf die Beine und blickte das Thoen staunend an.
»Das Thoen hat mir das Leben gerettet«, sagte er. »Wie kann ich mich bedanken?«
Das Tier sprang in die Höhe und warf drei Fontänen Sand mit der Hand hinter sich.
»To-en, toen!« sagte es laut.
Es klang wie die Stimme eines Spielzeugtiers, aber der Mann von Exota Alpha machte sich keine Illusionen. Er wußte nicht, ob Tahonka mit der Menge des Mahlsandes fertig geworden wäre. Jedenfalls waren sie beide vollkommen erschöpft.
Tröstend bemerkte der Knöcherne, während Sandal den Sand aus seiner Kleidung zu entfernen versuchte: »Wir haben es nicht mehr weit. Ich höre die Sumpfblasen aufbrechen, und dort hinten ist ein dunkler Streifen mit runden Erhebungen.«
»Gut. Ich muß sagen, mit Reittieren war es bequemer.«
»Besser lebend gelaufen als tot geritten!« meinte Tahonka-No. »Bist du kräftig genug, um weitergehen zu können?«
Sandal wischte das Gesicht mit einem feuchten Tuch ab. »Meinetwegen!«
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