Silberband 064 - Die Stimmen der Qual
heftigen Befreiungsbewegungen ausdehnen ließen, der ihn aber auf einen bestimmten Punkt allen Seins festnagelte.
Nach einer solchen Reise, dachte Saedelaere, ist dieses Gefühl des Eingesperrtseins nicht verwunderlich. Was er erlebt hatte, erschien ihm mehr und mehr wie ein Traum. Und doch mußte es geschehen sein, denn es gab sonst keine Erklärung für seine Anwesenheit in diesem Maisfeld, das sich, so hoffte er, auf der Erde befand.
Kytoma hatte ihn freigegeben und zurückgeschickt. Irgendwo in der Nähe mußte es einen Bezugspunkt geben, an dem das fremde Wesen, das in Mädchengestalt aufgetreten war, sich orientiert hatte.
Alaska blieb stehen und blickte zum Himmel empor. Alles deutete darauf hin, daß er sich auf der Erde befand. Es war früher Nachmittag.
Unwillkürlich hob Alaska den rechten Arm, aber er besaß weder ein Armbandsprechgerät noch irgendeinen anderen technischen Ausrüstungsgegenstand. Das bedeutete, daß er die nächste Stadt oder die nächste Station aufsuchen und sich mit Imperium-Alpha in Verbindung setzen mußte.
Wie lange war er eigentlich ›draußen‹ gewesen?
Das ließ sich nicht feststellen, aber wenn ihn sein Gefühl nicht trog, waren mehrere Tage verstrichen. Natürlich stand nicht fest, ob auf der Erde ebensoviel Zeit vergangen war. Es konnte zu großen Verschiebungen gekommen sein, so daß er sich nicht mehr in seiner Epoche aufhielt. Doch daran glaubte Alaska nicht.
Er vertraute Kytoma und ihren Fähigkeiten. Sie hatte ihn auf seiner Welt und in seiner Zeit abgesetzt. Alaska war sich darüber im klaren, daß man ihn und Chirkio Rakkells vermissen würde.
Rakkells! dachte er bitter. Den Captain würde er niemals wiedersehen.
Alaska gab sich einen Ruck und ging weiter. Plötzlich spürte er, daß sein Cappin-Fragment sich heftig regte. Während seiner Abwesenheit von der Erde hatte der Organklumpen sich ungewöhnlich ruhig verhalten. Einmal hatte Alaska sogar geglaubt, sein unfreiwilliger Begleiter wäre abgestorben.
Trotz der Helligkeit konnte Alaska sehen, daß farbige Blitze aus den Schlitzen seiner Gesichtsmaske schlugen. Das Cappin-Fragment geriet in Aufruhr. Das konnte nur bedeuten, daß irgend etwas in der Nähe war, was den Organklumpen erregte.
Kytomas Bezugspunkt! dachte Alaska. Wahrscheinlich war es eine außergewöhnliche Energiequelle.
Die Maisstauden waren so hoch, daß Alaska sie nicht überblicken konnte. Der Maskenträger teilte mit den Händen die Maisstauden und ging weiter. Auf diese Weise hoffte er, früher oder später den Rand des Feldes zu erreichen. Er orientierte sich nach der Sonne, um die Gefahr auszuschließen, daß er sich im Kreis bewegte. Er wußte, daß diese Felder oft riesige Flächen bedeckten.
Allmählich fiel das Gefühl der Unwirklichkeit von ihm ab. Er gewann eine gewisse Distanz zu den Ereignissen der vergangenen Tage. Wahrscheinlich begann er die besonders phantastischen Eindrücke zu verdrängen, die einzige Möglichkeit, um damit fertig zu werden.
Da stand plötzlich der Trageroboter Ribald Corellos vor ihm. Alaska blieb stehen.
Er bewegte sich nicht, seine Gedanken wirbelten durcheinander. Wie kam die Maschine hierher? Der Roboter war offensichtlich funktionsfähig.
Corello! schoß es dem Transmittergeschädigten durch den Kopf. Corello mußte in der Nähe sein. Das würde die Reaktion des Cappin-Fragments erklären. Der Supermutant war auch ein ausgezeichneter Bezugspunkt für Kytoma gewesen.
Aber warum hielt Corello sich in diesem Maisfeld auf?
Alaskas Pulsschlag hatte sich beschleunigt. Ein unbestimmtes Gefühl drohte ihm die Kehle zuzuschnüren. Er dachte an Corellos seltsames Verhalten an Bord des Schweren Kreuzers TIMOR. Was war seither geschehen?
Ich muß vorsichtig sein! dachte Saedelaere. Sein Herz klopfte heftig. »Ribald!« rief er leise.
Er erhielt keine Antwort. Das Rauschen des Windes in den Maisstauden kam ihm jetzt unerträglich laut vor.
Ein Insekt schwirrte über seinem Kopf. Es war wie betäubt von Licht und Wärme. Alaska beachtete es kaum. Seine Blicke suchten den Boden rund um den Roboter ab.
Dann sah er Ribald Corello liegen. Der Mutant kauerte in einer Furche. Vergeblich versuchte er sich hochzustemmen. Die dünnen Beine vermochten die Last des Kopfes nicht zu halten. Auf dem unebenen Untergrund konnte Corello nicht aufrecht stehen.
Alaskas Furcht wich Mitleid mit diesem Mann. »Ribald!« rief er aus. »Was ist passiert?«
Er stürmte auf Corello zu und hob ihn hoch. Dann setzte er ihn in
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