Silberband 068 - Anti-Universum
Atlan. »Mit wem sollten wir uns messen, wenn wir keine Feinde hätten? Wenn wir nicht ständig auf der Hut sein müßten, würden wir uns in trügerischer Sicherheit wähnen. Und ohne daß wir es merkten, würden unsere Instinkte verkümmern, und wir würden degenerieren. Wenn dann eine Gefahr auf uns zukäme, wären wir nicht in der Lage, uns zu wehren.«
»Ich glaube, das Schicksal hat mir diesen entarteten Doppelgänger geschickt, um mich zu prüfen«, murmelte Rhodan. Dann ballte er die Fäuste und fügte mit erhobener Stimme hinzu: »Ich werde ihn zertreten wie einen Wurm, so wahr ich Perry Rhodan heiße.«
»Das heißt, du mußt dich selbst besiegen«, meinte Atlan. »Aber um das zu können, mußt du das Zerrbild deiner selbst erst finden.«
»Irgendwann wird dieser Schwächling schon wieder auftauchen, und dann entkommt er mir nicht«, sagte Perry Rhodan grimmig. »Die gesamte Flotte, die Abwehr und deine USO sind hinter ihm her.«
»Er ist klug, das darfst du nie vergessen«, ermahnte Atlan. »Unterschätze ihn also nicht.«
»Ich bin weit davon entfernt, diesen Fehler zu begehen«, erwiderte Rhodan. »Ich weiß, daß er mir an Klugheit in nichts nachsteht, auch wenn er charakterlich das genaue Gegenteil von mir ist – eben spiegelverkehrt. Mit Gewalt allein werde ich nichts gegen ihn ausrichten. Deshalb habe ich diesen Eysbert damit beauftragt, ein Psychogramm von meinem degenerierten Schatten anzufertigen. Er hat es mir für heute zugesichert. Wenn er den Termin nicht einhält, wird Zwiebus ein ernstes Wort mit ihm reden.«
Lord Zwiebus hieb wieder mit der Keule auf den Boden. »Meine Sprache versteht er bestimmt«, sagte der Pseudo-Neandertaler und lachte. Plötzlich verstummte er und meinte dann bekümmert: »Nur fürchte ich, daß er mir dann nicht mehr antworten kann.«
Perry Rhodan und Atlan lachten schallend über den Gag. In diesem Augenblick erschien Fellmer Lloyd. Er verneigte sich wortlos vor Rhodan und wartete mit gesenktem Haupt, bis ihm der Großadministrator seine Aufmerksamkeit schenkte.
»Was gibt's, Gedankenschnüffler?« fragte Rhodan barsch.
»Professor Eysbert ist längst eingetroffen, Exzellenz«, sagte Fellmer Lloyd unterwürfig. »Er wartet nur darauf, daß ihm die Gnade zuteil wird, zu Eurer Exzellenz vorgelassen zu werden.«
Perry Rhodan II erlaubte es dem Chef-Kosmopsychologen der MARCO POLO, sich vor ihm auf den Boden zu setzen. Er empfing den Wissenschaftler ziemlich kühl, und als er zu ihm sprach, lag ein gefährlicher Unterton in seiner Stimme.
»Sie und Ihr Psychologen-Team, Eysbert, Sie haben sich einige bedenkliche Fehler in der Beurteilung unseres Gegners geleistet, die letzten Endes daran schuld sind, daß wir ihn noch nicht gestellt haben. Nun ist meine Geduld am Ende. Wenn Sie diesmal kein brauchbares Ergebnis liefern, werde ich mich nach einem anderen Chef-Psychologen umsehen müssen.«
Professor Eysbert wußte, was das bedeuten würde. Aber er war an Drohungen von seinem Großadministrator gewöhnt und ließ sich nicht sonderlich einschüchtern.
»Wir haben es mit einem besonders verzwickt gelagerten Fall zu tun, wie Sie mir selbst zugeben werden, Exzellenz«, sagte Eysbert. »Unser größter Fehler war, daß wir vom Gegner Parallelen zu Ihnen zogen. Inzwischen hat sich jedoch herausgestellt, daß nur bedingt von einer Parallelität gesprochen werden kann. Der andere Rhodan ist nicht Ihr genaues Spiegelbild, Exzellenz, sondern sein Psychogramm weist Abweichungen von einer totalen Umkehrung auf. Nun wird es uns eher möglich sein, die nächsten Schritte Ihres Antipoden vorauszuberechnen. In diese Berechnungen müssen wir jedoch die Tatsache einbeziehen, daß auch die anderen Mannschaftsmitglieder der anderen MARCO POLO psychische Abweichungen von einer Umpolungsnorm aufweisen.«
»Halten Sie mich nicht mit langen Vorreden auf«, sagte Perry Rhodan ungeduldig.
»Diese grundsätzlichen Feststellungen sind leider unumgänglich für ein besseres Verständnis der Materie«, sagte Eysbert. »Unsere wichtigste Erkenntnis war, daß sich Ihr Antipode von seinen Beratern mehr beeinflussen läßt als Sie, Exzellenz. Das heißt, daß die Unternehmungen der MARCO POLO aus der Parallelwelt nicht nur auf die Initiative des anderen Rhodan zurückzuführen sind, sondern in starkem Maße auf seine Freunde.«
»Freunde?« wiederholte Rhodan erstaunt. »Gehen Sie mit diesem Begriff vorsichtig um, Eysbert. Ein Großadministrator hat keine Freunde.«
»Davon sind auch
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