Silberband 069 - Die Hyperseuche
Feuer in der Mitte des Dorfes. Die Kinder schleppten trockenes Holz aus einer abseits gelegenen Hütte herbei, und bald loderten die Flammen hoch empor.
Siliah und Meiloeh erklärten uns, daß während der Phase der Szeighuus allabendlich in jedem Dorf Feuertänze abgehalten würden. Rorvic erkundigte sich sofort danach, was die ›Phase der Szeighuus‹ bedeutete, aber auch ihm erklärten es die Eingeborenen nicht.
Nachdem unsere Führer mit den Dorfbewohnern gesprochen hatten, erhielten wir eine der Hütten als Unterkunft zugewiesen. Wir inspizierten sie mit Hilfe unserer Lampen, da es inzwischen dunkel geworden war. Das Innere der Hütte war sauber, der Boden mit Tierfellen bedeckt.
Wir gingen wieder ins Freie, setzten uns auf einen geschälten Baumstamm und aßen etwas von unserer Konzentratnahrung, während wir den Feuertänzen der Eingeborenen zusahen.
Die Männer und Frauen hatten ihre Körper mit einem aus zerstampften Pflanzen hergestellten Brei bestrichen. Nur die Gesichter waren frei geblieben. Sie umtanzten etwa eine Stunde lang das Feuer, dann blieben sie wie auf ein unhörbares Kommando stehen, warfen die Köpfe in die Nacken und stimmten ein dumpfes Geheul an.
Das an- und abschwellende Geheul dauerte etwa eine halbe Stunde, dann brach es schlagartig ab. Es wurde totenstill. Auch die Natur schwieg. Aus dem Dschungel war kein Laut zu hören. Ich erschauderte unwillkürlich. Als ich mich verstohlen umsah, merkte ich, daß die Kinder verschwunden waren. Offenbar hatten sie sich in die Hütten zurückgezogen.
Die unheimliche Stille währte zwanzig Minuten, dann vernahm ich ein schwaches, rasch anschwellendes Rauschen. Kurz darauf verdunkelte ein Schwarm drachenförmiger Flugechsen den Nachthimmel. Ihre Flügel erzeugten das Rauschen und Brausen. Die Tsittoks knieten sich hin und setzten sich auf die Unterschenkel. Ihre Oberkörper bogen sich nach vorn, so daß das wollige Haar der Köpfe in gefährliche Nähe der Flammen geriet.
Als sich einige der Drachen aus dem Schwarm lösten und sich herabsenkten, stöhnte Dalaimoc Rorvic leise auf. Ich ahnte ebenfalls, was den Eingeborenen bevorstand, aber ich vermochte mich vor Entsetzen nicht zu rühren. So konnte ich nur zusehen, wie sich je eine Flugechse auf dem Rücken eines Eingeborenen niederließ und scharfe Zähne in den Nacken ihres Opfers schlug.
Vampire!
Nach einiger Zeit erhoben sich die Tiere wieder. Wie trunken taumelten sie durch die Nachtluft ihrem Schwarm nach, der unterdessen weitergezogen war.
Die Tsittoks erwachten aus ihrer seltsamen Starre. Sie erhoben sich, faßten sich bei den Schultern und schritten langsam um das zusammensinkende Feuer, wobei sie einen gedämpften Singsang anstimmten.
Rorvic und ich zogen uns in unsere Hütte zurück. Wir sprachen kein Wort, sondern lagen nur da, vor Entsetzen gelähmt. Es wollte mir nicht in den Kopf, daß intelligente Lebewesen wie die Tsittoks sich freiwillig zur Ader lassen ließen, um drachenartige Flugechsen zu ernähren.
Die Phase der Szeighuus! War damit eine Zeitspanne gemeint, in der auf Tsittok die Vampire ausschwärmten, um sich an Blut zu laben? Und warum wehrten sich die Eingeborenen nicht dagegen?
Fragen über Fragen, auf die es keine Antwort zu geben schien, obwohl ich ahnte, daß es eine vernünftige geben mußte. Doch die Tsittoks würden sich wahrscheinlich weigern, sie uns zu verraten.
Eine Weile später erschienen Siliah und Meiloeh. Jedenfalls nahm ich an, daß es unsere eingeborenen Führer waren. Allerdings hatte ich nicht damit gerechnet, daß wir unsere Unterkunft mit ihnen teilen mußten. Ich fühlte mich unbehaglich, als sie sich einfach zwischen Rorvic und mich drängten, doch dann schämte ich mich dieses Gefühls.
Die beiden Eingeborenen streckten sich aus – und waren im nächsten Moment fest eingeschlafen, wie ihr lautes Schnarchen bewies. Kurz darauf mischten sich aber andere Töne in das Schnarchduett. Zuerst wußte ich nicht, was das leise Surren verursachte, bis einige der Käfer-Symbionten auf meinem Gesicht landeten und über meine Haut krabbelten.
Dalaimoc nieste laut und schimpfte: »Wollt ihr wohl aus meiner Nase kriechen, ihr Biester!« Er wälzte sich unruhig herum.
Ich wischte die Käfer von meinem Gesicht und hüllte mich vollständig in ein großes Tierfell ein. Der Geruch, der ihm entströmte, war zwar nicht gerade angenehm, aber er schien mir erträglicher zu sein als das Krabbeln winziger Käferfüße auf meinem Gesicht.
Ich glaubte
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