Silberband 070 - Gehirn in Fesseln
schon geglaubt, daß seine Mission ein jähes Ende nehmen würde.
Die Gedankenverbindung hatte damals nur vier Minuten und elf Sekunden gedauert, aber der echte Rhodan hatte sich alle Informationen über die Situation im Solsystem geholt und sogar die Macht gehabt, ihm die Widerrufung des Vernichtungsbefehls abzuringen. Die zweite Forderung, nämlich seine wahre Identität den Terranern mitzuteilen, hatte Andro-Rhodan nicht zu erfüllen brauchen.
Das war seine Rettung. Aber da es etliche Zeugen gab, die sahen, wie er offenbar mit einer unsichtbaren Macht rang, hatte er ein weiteres Eingeständnis machen müssen. Er hatte auf die Vernichtung von Trek-Mano IV verzichtet und angegeben, daß er von einem Unbekannten, wahrscheinlich von Anti-ES, gezwungen werden sollte, das gesamte Sonnensystem zu vernichten.
Man hatte ihm damals diese Version abgenommen. Die Folge davon war, daß Atlan nun wieder ein wachsames Auge auf ihn hatte. Doch diese Nebenwirkung war gar nicht so sehr sein Problem.
Er fürchtete sich nur vor dem Augenblick, in dem der echte Rhodan wieder mit ihm in Kontakt treten und ihm Befehle geben würde. Es konnte schon morgen oder heute – vielleicht sogar in der nächsten Minute sein. Andro-Rhodan wußte es nicht. Er hatte keine Ahnung, wie Rhodan diese Gedankenverbindung überhaupt zustande brachte; er hatte nicht einmal damit gerechnet, daß dies möglich sei.
Er konnte nur hoffen, daß es sich um ein einmaliges Phänomen gehandelt hatte, das Rhodan nicht wiederholen konnte, und daß, falls Rhodan die Gedankenverbindung doch noch einmal herstellen konnte, niemand bei ihm war, der sah, wie ihn die fremde Macht in die Knie zwang.
Aber wie dem auch war, Andro-Rhodan mußte zum nächsten Schlag ausholen. Die Zeit war reif dafür.
Er ging in Gedanken noch einmal die Petition an das solare Parlament durch.
Der Gesetzesentwurf sah vor, daß die Amtszeit des Großadministrators von bislang sechs auf fünfundzwanzig Jahre verlängert werden sollte. Andro-Rhodan wollte, daß das Gesetz bereits bei den nächsten Wahlen in Kraft trat. Es würde nicht leicht werden, das weit über tausend Jahre geltende Wahlrecht zu revidieren, denn dazu waren fünfundsiebzig Prozent der Stimmen aller Parlamentarier nötig. Aber Andro-Rhodan hoffte, daß Rhodans Popularität ausreichen würde, um das Gesetz doch durchzuboxen.
Es würde der erste kleine Schritt näher an das Endziel sein. Nichts würde ihn davon abhalten können, die vorprogrammierten Befehle zu befolgen und die Pläne von Anti-ES zu verwirklichen.
Naupaum
Heltamosch hatte ihm den Aufenthalt in der Raumschiffszentrale gestattet, so daß er alle Phasen des Anfluges und die Landung auf dem sechsten Planeten miterlebte.
Aufmerksam verfolgte er die Geschehnisse auf den Positionsbildschirmen und nahm begierig alle Daten in sich auf, die auf ihn einströmten. So erfuhr er alles über dieses Sonnensystem und den Planeten Rayt, der zugleich die Hauptwelt des Naupaumschen Raytschats war, ohne daß er erst viele Fragen stellen mußte.
Rayt war eine sauerstoffreiche Welt, die jedoch unter chronischem Wassermangel litt. Es gab nur relativ kleine Meere, die beiden Pole wiesen nur kleine Eiskappen auf; Seen und Flußläufe waren auf der Bildschirmvergrößerung nur selten zu erkennen. Statt der Wasserkanäle entdeckte er auf allen acht Kontinenten ein weitverzweigtes und dichtes Straßennetz, das unzählige geometrische Riesengebilde miteinander verband: Städte.
Diese Städte besaßen eine solch gewaltige Ausdehnung, daß sie fast die gesamte Planetenoberfläche bedeckten und die Natur unter sich begruben. Aber selbst die wenigen unbebauten Flächen waren kaum reizvoll. Es handelte sich hauptsächlich um trockene Ebenen mit steppenartigem Charakter – und doch sahen sie aus dem Weltall aus wie Zonen des Lebens, ockergelb und rostrot, von wenigen Grünstreifen durchzogen, die mit den dunklen Geschwüren der Städte durchsetzt waren.
Es gab auf Rayt nur wenige nennenswerte Bodenerhebungen, deren Gipfel im Weiß des ewigen Schnees leuchteten – die Flüsse, die dort entsprangen und zumeist in geraden, regulierten Betten den Ebenen zustrebten, versiegten bald oder wurden von den Städten verschluckt.
Während die vier anderen Kreuzer keine Landeerlaubnis erhielten und eine Kreisbahn um den sechsten Planeten einschlugen, senkte sich Heltamoschs Flaggschiff, das er bei einer Zwischenlandung auf einer der raytanischen Basen requiriert hatte, in die Atmosphäre von
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