Silberband 073 - Schach der Finsternis
und überlegte, was sein Begleiter denken mochte.
Das Schicksal hatte eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Männern ausgesucht, die nun zusammen mit dem Raytscha auf Poikto um ihr Leben kämpften.
Evknoyn hatte außer Heltamosch vor ihrer Flucht aus der ROTAP nie einen der anderen Männer gesehen. Sie hatten in anderen Abteilungen des Flaggschiffs gearbeitet und waren einander nie begegnet.
Vielleicht lag es daran, daß sie sich untereinander so schlecht verstanden, überlegte Evknoyn. Er wußte noch nicht einmal, was Agroyschtan von diesem Einsatz hielt, zu dem er sich ebenfalls freiwillig gemeldet hatte.
Seit ihrem Aufbruch hatten die beiden Männer kein Wort miteinander gewechselt. Über Richtungsänderungen verständigten sie sich mit Handzeichen. Man hätte denken können, die Androiden befänden sich in unmittelbarer Nähe und könnten jedes gesprochene Wort hören.
Evknoyn war ein kontaktfreudiger Mann. Sein Kommunikationsbedürfnis war auch in Augenblicken der Gefahr überdurchschnittlich groß.
Er betrachtete verstohlen das Gesicht seines Begleiters. Er hielt nicht viel von der Lehre, die den Charakter eines Raytaners nach seinem Aussehen bestimmen zu können glaubte, aber auf eine nicht erklärbare Art sah Agroyschtan unintelligent aus. Seine Nase war breiter als die des Durchschnittsraytaners, und sein breites Kinn verlieh ihm einen brutalen Gesichtsausdruck.
Agroyschtan schien zu spüren, daß er angestarrt wurde, denn er drehte plötzlich den Kopf zur Seite und erwiderte den Blick.
Bevor Evknoyn verlegen wegsehen konnte, grinste der andere ihn an. »Wie weit, schätzen Sie, ist die Entfernung zwischen dem Hügel und dem Lager der Androidengruppe?« fragte er Evknoyn.
Evknoyn war so überrascht, daß jetzt geredet wurde, daß er eine Zeitlang mit der Antwort zögerte.
»Es werden etwa zweihundert Meter sein, schätze ich«, beantwortete Agroyschtan seine eigene Frage. »Außer ein paar Mulden und Geröllhaufen gibt es keine Deckungsmöglichkeiten. Wir werden kriechen müssen.«
»Ich frage mich, warum wir nicht vom Hügel aus das Feuer eröffnen«, sagte Evknoyn. »Wir haben dort gute Deckungsmöglichkeiten und können die Androiden mit den Strahlkarabinern nacheinander erschießen.«
»Sie fänden Zeit zur Gegenwehr«, gab Agroyschtan zu bedenken. »Außerdem würden sie die Hauptabteilung verständigen. Es kommt darauf an, sie mit einem Schlag zu erledigen. Das ist der Befehl des Raytschas.«
Evknoyn fragte sich, ob der Unterton von Geringschätzigkeit in der Stimme des anderen gewollt oder unbewußt war. Mochte Agroyschtan den Raytscha nicht, oder war er lediglich mit dessen Plänen nicht einverstanden?
»Seit wir in Catron sind, haben wir uns nur mit Robotern und Androiden auseinandergesetzt«, klagte Agroyschtan. »Man könnte glauben, es gäbe nichts anderes mehr.«
»Die Anwesenheit von Robotern garantiert Kampf«, sagte Evknoyn spöttisch. »Außerdem ist es nicht einmal unmoralisch, einen Roboter zu töten. Man kann sie zu Millionen abschlachten, ohne daß sich jemand darüber aufregt. Träten Raytaner an ihre Stelle, sähe die Sache schon anders aus.«
Agroyschtan sah ihn aufmerksam an. »Man könnte glauben, die Auseinandersetzung mit Robotern würde Ihnen Spaß bereiten.«
»Manchmal schon«, gab Evknoyn zu. »Wenn es natürlich Formen wie in letzter Zeit annimmt, beginnt man sich nach dem Sinn zu fragen. Das gesamte Universum scheint nur noch aus gigantischen Stationen und Robotern zu bestehen.«
»Wir werden auch das überstehen«, beruhigte ihn Agroyschtan.
Sie hatten den Hügel erreicht. Die Androiden schienen noch nichts von ihrer Annäherung bemerkt zu haben. Sie hockten reglos im Halbkreis am Boden und hatten ihre Waffen schußbereit neben sich liegen.
»Jetzt wird es ernst!« sagte Evknoyn leise. »Sobald wir hinter der Anhöhe hervorkommen, müssen wir uns bäuchlings fortbewegen.«
Unaufgefordert übernahm Agroyschtan die Spitze. Er ließ sich als erster auf den Boden sinken und robbte davon.
Evknoyn sah ihm nach. Er fühlte sich von einer unerklärlichen Teilnahmslosigkeit durchdrungen. Agroyschtan erinnerte ihn an ein großes Tier, das träge durch die Sonne glitt. Den Gedanken an einen Kampf mit tödlichem Ausgang hatte Evknoyn für einen Augenblick in den hintersten Winkel seines Bewußtseins verbannt.
Dann hielt Agroyschtan in seinen Bewegungen inne. Er sah zurück und registrierte erstaunt, daß Evknoyn noch immer am selben Platz stand. Er winkte ihm
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