Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
Triumph gönnen!«
»Nein!« Sie zuckte zusammen.
»Entschuldige, dass ich dich angeschrien habe«, bat ich. »Aber wenn ich sage, dass größte Geheimhaltung geboten ist, dann meine ich es auch so. Fall mir also nicht dauernd mit deinen Freundinnen auf die Nerven.«
Layga schwieg schmollend. Im Fernsehen wurde gerade ein Bericht über die Große Alogar-Wüste gezeigt, die Gründe für ihre Entstehung und Ausdehnung über den gesamten Kontinent wurden aufgedeckt, allerdings nicht mit der nötigen Objektivität. Noch vor hundert Jahren – so war es in den Geschichtsbüchern nachzulesen – war Alogar ein blühender Kontinent gewesen. Doch schon damals war der Grundstock für seine Verödung gelegt worden. Die Regierung hatte den größten Teil des Kontinents zum Sperrgebiet erklärt und dort Forschungsstationen, militärische Stützpunkte und Atommeiler errichten lassen. Nur ein kleines Gelände um Cranschto, die heutige Naturschutzzone, war für die Bevölkerung als Erholungsgebiet frei zugänglich.
Im Sperrgebiet betrieb man die Ausrottung der Natur geradezu systematisch. Der Atommüll der Kraftwerke wurde unter der Planetenoberfläche einbetoniert und nicht in den Weltraum oder auf den vierten Planeten befördert.
Das ging nicht lange gut. Die Gebiete mit dem Atommüll wurden nach und nach radioaktiv verseucht. Pflanzen und Tiere starben aus. Anstatt diese Landstriche zu sanieren, wandelte die Regierung sie in Müllablageplätze um. Nun wurde der Müll, in der Mehrzahl Plastikabfälle, von ganz Zannack nach Alogar gebracht. Nach weiteren vier Jahrzehnten war der Kontinent eine einzige Wüste, in der kein Leben gedeihen konnte.
Die radioaktive Strahlung hatte in Zusammenwirken mit den organischen Abfällen und dem Kunststoffmüll seltsame Phänomene hervorgebracht … Mutationen. Die Abfälle begannen im Sinne des Wortes zu wuchern, sie vermehrten sich wie organische Lebewesen, etwa wie Einzeller. Es gab ganze Müllgebirge, die bereits bis über die Wolken hinausragten. Ihre Fundamente reichten bis tief unter die Planetenoberfläche und trieben ihre Wurzeln in die Naturschutzgebiete und vereinzelt bis zur Hauptstadt Cranschto vor.
Man hatte dem Vordringen dieser Müllmutationen durch verschiedene Methoden Einhalt zu gebieten versucht. Die Wucherungen mit Gebirgscharakter waren bombardiert worden. Man hatte die Naturschutzzonen mit tief in den Boden getriebenen Betonfundamenten gegen das Vordringen des Mülls zu schützen versucht. Man erzielte aber nur Teilerfolge. Die Betonfundamente hielten nur wenige Jahre und mussten ständig erneuert werden. Der Plastikmüll drang in die Betonwälle ein und sprengte sie auf. Die Bombardierung konnte das Wachstum des radioaktiven Bio-Plastik-Mülls in die Höhe zwar eindämmen, aber nicht zum Stillstand bringen. Und die Ausweitung der Müllwucherungen in die Tiefe war nicht genau festzustellen.
Man sprach davon, dass es sich mit dem Müll der Großen Alogar-Wüste wie mit einem Eisberg verhielt: Nur der geringste Teil seiner Masse ragte über die Oberfläche hinaus. Wissenschaftler hatten errechnet, dass für die endgültige Vernichtung des radioaktiven Bio-Plastik-Mülls Kräfte entfesselt werden müssten, die mit dem Müll auch unseren ganzen Planeten zerreißen würden. Diese Prognose zeigte deutlich, warum wir uns damit abfinden mussten, bis in alle Ewigkeit mit dem Müll zu leben.
Wir konnten uns dieser Geißel nicht entledigen, sondern mussten uns in unseren Bemühungen damit begnügen, die Ausweitung zu kontrollieren. Es gab in den Tresoren der Regierung sogar schon Geheimpläne für die Evakuierung Cranschtos. Der Bio-Müll der Großen Wüste entwickelte Giftgasstoffe, die bei ungünstigem Wind zur Hauptstadt trieben. Dann gab es Smogalarm. Dabei starben jedes Mal Hunderte von Itrinks.
Bohrversuche in den Naturschutzzonen hatten gezeigt, dass es unter einer relativ dünnen Humusschicht bereits ganze Bio-Plastik-Müll-Adern gab. Diese Adern hatten sich sogar bis unter die Hauptstadt ausgeweitet, füllten Tiefbunkeranlagen aus und unterwanderten die Hochhäuser. Dieser Stadtteil Cranschtos konnte jeden Tag in sich zusammenstürzen, wenn der Mülluntergrund zu wuchern begann. Bisher war es den Wissenschaftlern gelungen, dies zu verhindern.
In der Sendung zeigte eine Animation, wie es den Mülladern überhaupt möglich war, die Naturschutzzonen zu unterwandern und bis zur Hauptstadt vorzudringen: Die Wurzeln der Müllwucherungen aus der Großen Wüste
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