Silberband 077 - Im Mahlstrom der Sterne
nichts verborgen, was an Bord dieses Schiffs geschieht.«
Bull hätte am liebsten mit den nackten Fäusten auf ihn eingeschlagen, aber er war sich im Klaren, dass er sich dabei bestenfalls ein paar Hautabschürfungen holen konnte.
»Warum haben Sie nichts dagegen unternommen?«, fragte er atemlos.
»Im Hauptlabor werden keine Fluchtvorbereitungen getroffen«, erklärte Fontain ruhig. »Goshmo-Khan emanzipiert einen Posbi.«
»Er tut … was?«, schrie Bull verständnislos.
»Ich sagte es bereits: Er emanzipiert einen Posbi.«
Bull hatte den Eindruck, dass der Cyborg sich amüsierte. »Was bedeutet das?«, fragte er.
»Ich gebe keine weiteren Erklärungen ab«, sagte Fontain überheblich. »Schließlich bin ich nicht für die Handlungen Ihrer Mitarbeiter und Untergebenen verantwortlich.«
Bully drehte sich abrupt um und stürmte in die Zentrale. »Wo sind Ras und Gucky?«, rief er. »Einer der beiden muss mit mir ins Hauptlabor teleportieren.«
Gucky materialisierte neben ihm und fasste ihn an der Hand. »Beruhige dich«, sagte er. »Ich habe bereits vor einer Stunde versucht, ins Hauptlabor zu teleportieren.«
»Der Schirm ist psionisch abgesichert!«, sagte Bull betroffen.
»Ja«, sagte der Ilt. »Niemand kann zu Goshmo-Khan hinein, es sei denn, er würde den Schirm gewaltsam zerstören und dabei das halbe Schiff vernichten.«
***
Der Mann, um den sich Bull Gedanken machte, stand in diesem Augenblick vor einem Podest und schob mit einer langen Zange Metallplättchen in den an einer Stelle aufgeklappten Körper eines Posbis. Der Roboter wurde von mehreren elektromagnetischen Trossen auf dem Podest festgehalten. Im robotischen Sinn war er im Augenblick ›tot‹, aber der Plasmaanteil seiner Biopositronik lebte natürlich.
Die Plättchen, die Goshmo-Khan in den Körper schob, waren Speicher- und Programmierungseinheiten. »Ich weiß, dass ich viel von dir verlange, mein Freund«, sagte der Wissenschaftler zu dem Posbi. »Vielleicht zu viel. Aber wir müssen zumindest einen Versuch riskieren.« Ein Lächeln huschte über sein breites Gesicht. »Ich weiß nicht genau, was passiert, wenn ich fertig bin und dich wieder einschalte, aber ich hoffe, dass du dich bewähren wirst. Dein Gegner heißt Fontain und ist angeblich ein Cyborg. Man hält ihn für unbesiegbar.«
Goshmo-Khan winkte einen bereitstehenden Matten-Willy zu sich. »Solange die Positronik nicht eingeschaltet ist, kann ich keine Verbindung zum Plasmaanteil des Posbis aufnehmen«, erklärte er. »Deshalb habe ich dich mitgenommen, damit du telepathischen Kontakt mit der organischen Masse aufnimmst. Ich weiß, dass du das kannst, Filz.«
Der Matten-Willy, der in seiner natürlichen, quallenähnlichen Form neben dem Podest kauerte, bildete einen Pseudoarm. »Du kennst die Schwierigkeiten«, sagte er zu Goshmo-Khan. »Das Plasma in diesem Posbi ist nur ein geringer Teil eines Kollektivlebewesens. Es ist kein Individuum im üblichen Sinn. Deshalb kann ich auch nur Emotionen aufspüren und zu beeinflussen versuchen.«
»Das ist mir klar«, sagte Goshmo-Khan knapp. »Du musst mich warnen, wenn die Plasmaeinheit sich durch meine Manipulationen bedrängt fühlt. Die Harmonie zwischen Positronik und Plasma darf trotz aller Veränderungen nicht gestört werden.«
Der Matten-Willy winkte mit seinem Pseudoarm und erklärte auf diese Weise sein Einverständnis. Goshmo-Khan arbeitete weiter. Er war sich darüber im Klaren, dass die Verwirklichung seines Plans von vielen unsicheren Faktoren abhing. Zunächst einmal war entscheidend, ob Fontain ihn lange genug in Ruhe lassen würde.
Aber auch, wenn er sein Werk vollenden konnte, stand noch lange nicht fest, ob der Posbi so reagieren würde, wie es der Wissenschaftler erwartete. Goshmo-Khans Plan basierte auf den Theorien eines längst verstorbenen Robotikers. Dieser Mann, sein Name war Van Moders, war einer der hervorragendsten Posbikenner gewesen. Van Moders hatte den Begriff der hypertoyktischen Verzahnung geprägt und den Kontakt mit den Posbis erst ermöglicht.
Goshmo-Khan hatte Van Moders' Hauptwerk ›Der vollkommene Robot‹ vor Jahren gründlich studiert. Das Experiment, das Goshmo-Khan nun ausführte, war von Van Moders niemals vorexerziert worden. Der Robotiker hatte lediglich über Möglichkeiten der Verwendung von Posbis sehr weit reichende Theorien entwickelt.
»Was«, fragte Goshmo-Khan den Posbi, »würde wohl Van Moders sagen, wenn er uns sehen könnte?« Der Posbi schwieg. Solange
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