Silberband 079 - Spur des Molkex
Einzige in der Runde, der dem Volk der Aras angehörte. Seit Jahrzehnten war er der Chef des Gesundheitswesens innerhalb der USO und bekleidete den Rang eines Generals. Trotz seiner Zugehörigkeit zu einem Volk, das mit dem Solaren Imperium nicht immer auf freundlichem Fuß gestanden hatte, stand seine Loyalität außer Zweifel. Zudem war er eine medizinische Kapazität ersten Ranges.
»Die Untersuchungsergebnisse bezüglich Thomas Kantenberg liegen vollzählig vor«, begann er mit seiner eigentümlich hohen Stimme, »und keines lässt gegenüber Kantenberg auch nur den geringsten Verdacht aufkommen. Erstens: Kantenberg zeigt deutliche Symptome einer entbehrungsreichen Gefangenschaft. Er hat mehr als 13 Kilogramm Untergewicht. Der Eiweißmangel ist katastrophal. Hätte der Mann nur noch ein paar Tage unter diesen Bedingungen weiterexistieren müssen, wäre er an Auszehrung gestorben. Zweitens: Kantenbergs Muskelstruktur und Gelenke zeigen die typischen Verformungen, die bei längerem Aufenthalt unter abnormal hohen Schwerkraftbedingungen auftreten. Wir alle haben von Zabrijna gehört. Es ist eine typische Überschweren-Welt mit etwa zwei Gravos. Auf einer solchen Welt hat Kantenberg zweifellos die vergangenen Monate zugebracht. Drittens: Der Inhalt seines Bewusstseins ist auf telepathischem Weg untersucht worden. Es gibt in Kantenbergs Gedankeninhalt keinen einzigen Hinweis auf die Möglichkeit eines geplanten Verrats. Seine Erinnerung deckt sich mit dem, was er Major Zanoor über seinen Aufenthalt auf und seine Flucht von Zabrijna berichtet hat.«
Adrii-San endete abrupt und machte das Gesicht eines Mannes, der genau wusste, dass er mit seiner Darstellung auch die letzten Bedenken ausgeräumt hatte.
»Zweierlei muss noch hinzugefügt werden«, ergänzte Atlan die Worte des Arztes: »Erstens werden die Vorgänge auf Zabrijna von anderer Seite bestätigt. Es hat dort in einem Zweiglager tatsächlich einen Aufstand der Gefangenen gegeben. Er kam offenbar spontan zustande und endete mit einem Blutbad, in dem mehr als achtzigtausend hilflose Gefangene ihr Leben ließen. Unser Kontaktmann glaubte zu wissen, dass Leticron und seine Berater über die gelungene Flucht eines einzigen Gefangenen äußerst beunruhigt sind. Damit wird Kantenbergs Bericht von unabhängiger Stelle bestätigt. Und zweitens, meine Herren, enthält Kantenbergs Bewusstsein eine Information von ungeheurer Wichtigkeit. Es ist Leticron gelungen, Kenntnis nicht nur von der Bedeutung des Asteroiden Wabe 1000, sondern auch von seiner galaktischen Position zu gewinnen. Auch Kantenberg weiß nicht, woher Leticron diese Kenntnis hat. Aber er zweifelt nicht daran, dass Leticron plant, in nächster Zukunft in Richtung Wabe 1000 vorzustoßen und sich, wenn möglich, in den Besitz der Bewusstseine unserer acht Mutanten zu setzen.«
Die Runde schwieg entsetzt. Man war sich vor einiger Zeit darüber klar geworden, dass die acht Mutanten, deren Bewusstseinsinhalte durch die PEW-Adern von Wabe 1000 eilten, so bald wie möglich in Sicherheit gebracht werden mussten, um sie dem Zugriff der Laren zu entziehen. Dem Unternehmen stellten sich jedoch beträchtliche Schwierigkeiten in den Weg. Gastkörper für die acht Mutanten mussten gefunden werden. Im Körper eines normalen Menschen konnten sie nicht lange existieren. Sie brauchten entweder den Kontakt mit einer PEW-Quelle oder die Nähe eines ebenfalls mutierten Bewusstseins. Zu den Fundorten des PEW-Metalls hatte die USO seit der Invasion durch das Hetos der Sieben keinen freien Zugriff mehr. Die Adern im Innern von Wabe 1000 abzubauen wäre zu langwierig gewesen und hätte die mit dieser Aufgabe beauftragten Einheiten in Gefahr gebracht, von larischen Kriegsschiffen geortet und gestellt zu werden. Wer auf Wabe 1000 zu tun hatte, der wickelte sein Geschäft am besten so rasch wie möglich ab; denn besonders im innersten Kern der Galaxis war die Wachsamkeit der Laren und ihrer Hilfsvölker unangenehm groß.
Auch der Einsatz von Mutanten als Gastkörper für die acht Bewusstseinsinhalte war kein ohne weiteres zu verwirklichendes Vorhaben. Denn das Mutantenkorps war zusammen mit dem größten Teil der terranischen Menschheit seit jenem Tage verschwunden, da die Erde durch den Twin-Sol-Transmitter ging. Es gab allerdings unter den Angehörigen der USO eine Reihe von Männern und Frauen mit latenten paraphysischen Fähigkeiten. Unter diesen hatte man fünf Männer und zwei Frauen, deren Begabung relativ weit entwickelt
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