Silberband 079 - Spur des Molkex
wollte ich wieder hinausklettern. Dabei stellte ich als Erstes fest, dass das Schott jetzt geschlossen war. Glücklicherweise war der Öffnungsmechanismus nicht schwer zu entdecken: Er bestand aus einer kleinen Schalttafel mit drei Knöpfen, die unmittelbar neben dem Einstieg in der Wand des Gangs angebracht war. Durch Probieren fand ich den richtigen Knopf. Das Schott schwang auf. Und dann kam der Schock!
Ich hatte den grünen Dschungel zu sehen erwartet, die heiße, feuchte Luft fast schon auf dem Gesicht gespürt. Was ich stattdessen sah, war die graue, monotone Wand eines fensterlosen, hell erleuchteten Raums. Die Luft war kühl und trocken und hatte einen sterilen Geruch.
Ich blieb stehen und rührte mich nicht. Droggnars Ohren empfingen bis auf ein stetiges, helles Summen keinerlei Geräusch. Ich war nahezu sicher, dass ich mich an Bord eines larischen Raumschiffs befand. Das scheibenförmige Fahrzeug war durch eine Art von Fiktivtransmitter befördert worden – ein System, bei dem nur an einem Ende der Strecke ein Transmittergerät zu stehen braucht. Einpoltransmitter nannte man es auch. Die larische Transmittertechnik musste der unseren um Jahrhunderte überlegen sein, denn ich hatte nicht die leiseste Spur eines Transportschocks bemerkt, als ich mich im Innern des Scheibenboots befand. Ein terranischer Transmitter dagegen konnte mich, selbst wenn man mir die Augen verband, nicht einmal einen Meter weit befördern, ohne dass ich es merkte.
Ich schloss die Augen und lauschte in mich hinein. Ja – da war jenes eigenartige Gefühl, das ich schon empfunden hatte, als ich noch in Leticrons Körper gefangen war und wir zum ersten Mal den Laren gegenübertraten. Es waren Laren in der Nähe … nicht unmittelbar in diesem Raum, auch nicht gleich jenseits des Ausgangs, aber doch in einem Umkreis von ein- bis zweihundert Metern. Wussten sie nichts davon, dass ich an Bord ihres Scheibenboots hier eingedrungen war? Warum hielten sie sich abseits? War es nicht ihre Falle, in die ich gegangen war?
Und dann war da noch etwas. Ein Fluidum voll lockender, beruhigender Süße. Mir fehlten die Worte, die meine Empfindung beschrieben. Es war ohne Zweifel die Aura eines intelligenten Bewusstseins – eines Bewusstseins, dem ich noch nie begegnet, in dessen Nähe ich noch nie gekommen war. Ich prüfte und sondierte. Ich fürchtete zuerst, man hätte mir eine zweite Falle gestellt. Ich spürte ganz deutlich, dass ich dem Sitz der fremden Intelligenz nur um wenige Meter näher zu kommen brauchte, um gefahrlos aus Droggnars Körper dorthin überzuwechseln. Vielleicht war es das, was die Laren wollten! Vielleicht war dieses eigenartige Fluidum künstlich erzeugt, und wenn ich mich ihm hingab, landete ich in einem Energiekäfig, aus dem ich nie mehr entkommen würde!
Das waren die Gedanken, die mir in der Eile durch den Kopf gingen. Dann horchte ich nochmals. Ich glaubte ein Gefühl dafür zu haben, wie eine künstlich und mit heimtückischen Absichten erzeugte Aura sich von der echten Aura einer naturgewachsenen Intelligenz unterschied. Und ich war ziemlich sicher, dass das angenehme, beruhigende Fluidum echt war, nicht gekünstelt. Dass sich also in den Tiefen dieses Raumschiffs in der Tat eine fremde Intelligenz aufhielt, bei der ich Unterschlupf finden und mich geborgen fühlen könnte.
Plötzlich war ich neugierig. Ich wollte wissen, wer dieser Fremde war, der über eine derart anziehende Ausstrahlung verfügte. Es musste sich um den Angehörigen eines fremden Volkes handeln, wahrscheinlich ein Wesen aus dem Hetos der Sieben. Ich musste einfach mehr darüber erfahren!
Ich kroch durch die Schottöffnung. Einer der Ausgänge dieses Raums, der wie das rostrote Scheibenboot einen kreisförmigen Querschnitt besaß, lag mir gerade gegenüber. Der Öffnungsmechanismus glich dem, mit dessen Hilfe ich das Schott geöffnet hatte. Ich gelangte hinaus auf einen hell erleuchteten, geraden Gang, der in beiden Richtungen völlig leer war. Ich wandte mich nach links, weil von dort das fremde Fluidum kam. Ich überlegte, ob ich Droggnars trägen Körper zu einem kurzen Sprung veranlassen sollte, und entschied mich dagegen. Seitdem ich das Scheibenboot verlassen hatte, stand ich unter dem Einfluss einer weit geringeren Schwerkraft als bisher. An Bord des Boots hatte, selbst nach dem Transmittersprung, die natürliche Gravitation von Zabrijna geherrscht, jene beinahe zwei Gravos also, die die Überschweren bevorzugten. Hier jedoch
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