Silberband 079 - Spur des Molkex
Schiffe über Zabrijna standen, war nichts zu befürchten. Inzwischen war der Kommunikationsstand aufgebaut worden. Auf einem Podest aus rötlich schimmerndem Material ruhte der glitzernde Würfel. An der Unterhaltung mit den Hyptons war außer dem Verkünder nur Laafnetor-Breck, sein Stellvertreter, beteiligt.
»Hier spricht Hotrenor-Taak, der Verkünder der Hetosonen«, sagte er in der Sprache seines Volkes. »Ich bedarf eures Rates.«
Er schwieg, und sein Blick richtete sich erwartungsvoll nach oben. Die Menge der Hyptons war raschelnd in Bewegung geraten. Am unteren Ende der blassen Traube hing jetzt ein besonders großes Wesen. Der starre Ausdruck seiner Augen war gewichen. Es fixierte den Laren.
»Rat wird dir gegeben, Verkünder«, antwortete es mit schriller Stimme. »Die Gemeinschaft der Denker wird deine Frage überprüfen und nach sorgfältiger Analyse eine Antwort erteilen.«
»Ich bin auf der Suche nach einem fremden Bewusstsein. Es flieht vor mir. Im Interesse unserer Sache muss ich es jedoch in meine Gewalt bringen. Das fremde Bewusstsein ist bis zu einem gewissen Grade selbst beweglich. Es kann von einem Wirtskörper zum anderen wechseln. Ich habe Grund zu der Annahme, dass es vor kurzer Zeit in die Gemeinschaft der Denker übergewechselt ist.«
Es raschelte über ihm. Die Haut der Hyptons nahm zunächst eine glänzende Erscheinung an, als hätten ›die Denker‹ zu schwitzen begonnen, dann wurde sie allmählich durchsichtig und ließ den Blick bis ins Innere der fremdartigen Körper dringen. Das war das Anzeichen dafür, dass die Hyptons sich im Zustand höchster Erregung befanden. Hotrenor-Taak war auf der richtigen Spur!
Wenn er jedoch erwartet hatte, sofort eine Antwort zu bekommen, dann sah er sich getäuscht. Nicht umsonst nannten die Hyptons sich die Denker. Ihre bewussten Denkvorgänge wurden von den strengen Regeln einer von ihnen selbst entwickelten Paralogik beherrscht. Hyptons begingen nie Denkfehler. Auf der anderen Seite weigerten sie sich zu spekulieren. Ihnen, die fast ausschließlich in der Welt des paralogischen Geistes lebten, war der Prozess der Spekulation ebenso zuwider wie einem mehr körperlich orientierten Wesen die Selbstverstümmelung. Aufgrund ihrer paralogischen Denkfähigkeit durchschauten die Hyptons Zusammenhänge, die konventionellen Denkern verborgen blieben. Auf der anderen Seite jedoch waren ihre Denkprozesse für den, der konventionell dachte, ungeheuer fremdartig und eigenartig verschlungen und schienen sich mitunter auf belanglose Nebensächlichkeiten zu beziehen. Davon bekam Hotrenor-Taak ein wenig zu spüren, als der Sprecher der Hyptons ihn fragte: »Was nennst du eine kurze Zeit?«
Hotrenor-Taak zügelte seine Ungeduld. Er wusste, es hatte keinen Zweck, aufzubrausen. Man musste den Hyptons ihren Willen lassen, oder sie hörten einfach auf zu denken.
»Nicht mehr als eine Stunde«, antwortete er. Er benützte den larischen Zeitbegriff, der etwa einer irdischen Standardstunde entsprach.
»Ein solches Bewusstsein ist in der Tat von der Gemeinschaft der Denker aufgenommen worden«, bekam er wenige Augenblicke später zu hören.
»Ich brauche es!«, sagte Hotrenor-Taak. »Ich bitte euch, es mir auszuliefern.«
»Wozu brauchst du es?«
»Es besitzt Kenntnisse, die für das Hetos der Sieben von großer Bedeutung sind.«
»Ist das feststehend?«
»So gut wie.«
»Du spekulierst also?«
»Ich bin meiner Sache sicher. Aber ich habe vorläufig noch keine Beweise.«
»Das ist Spekulation. Damit will die Gemeinschaft der Denker nichts zu tun haben. Wir werden dir das Objekt der Spekulation, nämlich das fremde Bewusstsein, überlassen. Allerdings wirst du einige Schwierigkeiten haben, es aufzusammeln.«
»Aufzusammeln?«, fragte der Lare verwirrt.
»Es ist nicht mehr ganz«, antwortete der Sprecher. »Es entspricht der Natur der Gemeinschaft der Denker, dass ein fremdes Bewusstsein sich nicht in einem individuellen Körper ansiedeln kann. Der Eindringling muss sich der gesamten Gemeinschaft mitteilen.«
Hotrenor-Taak fühlte, wie sich seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten. »Bedeutet das, dass das Bewusstsein des Fremden nur noch in Stücken existiert?«, fragte er mit bebender Stimme.
»Was ist ein Stück?«
»Ein Stück ist der Teil eines Ganzen. Alle Stücke zusammen ergeben das Ganze.«
»Die Gemeinschaft der Denker akzeptiert und versteht den Begriff. Er bedarf der Qualifizierung. Es gibt Systeme, in denen die Summe der
Weitere Kostenlose Bücher