Silberband 079 - Spur des Molkex
ersten Augenblick war er so erschrocken, dass er stumm blieb. Er sagte auch noch immer nichts, als er wie zufällig ein wenig abseits trieb, dann zurückkehrte und in den Rücken von Kaschart gelangte, der mit dem Funkgerät vollauf beschäftigt war. Aufmerksam betrachtete der Ertruser den flachen Rückentornister mit den Lebenssystemen. Er konnte keine Beschädigung feststellen, obwohl sich das Material von jenem elastischeren der Anzüge unterschied.
Erleichtert sagte er: »Wir haben Glück, Major. Es sieht so aus, als hätten die Konstrukteure genau gewusst, was wir jetzt brauchen.« Er erklärte Kaschart, was er meinte, und fuhr fort: »Ich werde einige astronomische Messungen vornehmen. Notfalls, wenn keine Hilfe eintrifft, müssen wir versuchen, das nächste System zu erreichen. Bei richtiger Berechnung müsste es uns gelingen, über eine Kreisbahn hinweg wohlbehalten auf einem Planeten zu landen.«
»Ich habe noch immer keinen Kontakt«, teilte Kaschart mit.
»Dann versuchen Sie es weiter. Irgendjemand muss uns ja schließlich hören. Senden Sie unaufhörlich, bis der Kasten auseinander fällt. Kriegen Sie die Flotte noch herein?«
»Nur einige starke Sender, das ist alles.«
»Und was sagen die?«
»Die Wolken der Goldspinner werden immer dichter. Es scheint sich in der Tat unter ihnen herumgesprochen zu haben, dass es eine ganze Flotte aufzufressen gilt. Die Männer und Frauen selbst sind außer Gefahr. Ich meine, das ist relativ, Admiral …«
»Sicher, Major, verdammt relativ!«
Leutnant Habakar war vorerst in der KERON geblieben, obwohl mehr als die Hälfte der Besatzung das Schiff bereits verlassen hatte. Sie trieben wie riesige Trauben durch den Raum, mitten zwischen den goldenen Wolken hindurch, die sich nicht um sie kümmerten. Dafür entstanden in der Terkonitstahlhülle immer mehr Lecks.
Im Innern des Schiffs sah Habakar voller Entsetzen zu, wie die Einrichtung regelrecht zerfiel. Kabinenwände teilten sich und schwebten einfach davon. Nur das Notlicht brannte noch, sonst waren sämtliche Energieanlagen ausgefallen. Atemluft gab es längst keine mehr.
Er traf noch andere Angehörige der Besatzung, die geblieben waren. Sie fühlten sich in dem Wrack sicherer als draußen bei den goldenen Wolken, die in wenigen Stunden eine Flotte von mehr als elftausend Schiffen vernichtet hatten. Niemand konnte sich erinnern, dass Terra jemals eine solche Katastrophe erlitten hatte.
Habakar geriet mehr durch Zufall in den Proviantsektor der KERON. Mit sichtlichem Bedauern sah er, wie auch hier die Energiepest gewütet hatte. Die Fäden hatten die Wände der Kühlräume durchgefressen und waren nun dabei, Konzentrate und wertvolle Konserven zu verzehren. Es schien nichts zu geben, was vor ihnen sicher war – außer dem Material der Kampfanzüge.
Im ganzen Universum konnte es keine größere Bedrohung als die unscheinbaren Fäden geben, die einzeln sicherlich keinen Schaden anrichteten, in ihrer Gemeinschaft hingegen eine tödliche Gefahr für jede Zivilisation bedeuteten. Die Rauschtänzer, Goldrostspinner, die Eisenfresser oder die Energiepest – wie immer man sie nun nennen mochte – waren ein Entwicklungsprodukt der besonderen Verhältnisse in diesem Abschnitt des Universums. In der Nabelschnur herrschte das Energiechaos. Kein Wunder also, wenn sich hier Energiewesen entwickeln konnten, die sämtliche Naturgesetze auf den Kopf stellten. Mit einer solchen Gefahr hatte niemand rechnen können. Nun war es nicht mehr so verwunderlich, dass in diesem Sektor 14 Schiffe der Explorerflotte spurlos verschwunden waren. Schließlich würde in wenigen Tagen auch eine Flotte von mehr als elftausend Schiffen ihr Schicksal teilen.
Ein Mann, den er nicht erkannte, kam ihm entgegengeschwebt. »Raus aus dem Schiff!«, rief er ihm über Funk entgegen. »Es bricht jeden Augenblick auseinander. Willst du erschlagen werden?«
»Erschlagen? Alles ist schwerelos, da kann nicht viel passieren! Ich bleibe hier. Viel Glück!«
Der Mann segelte vorbei. Habakar begegnete noch mehr Besatzungsmitgliedern, die sich aber kaum um ihn kümmerten. Erst wenn unmittelbare Lebensgefahr einsetzte, würde die Gemeinschaft wieder funktionieren. Jetzt war sich noch jeder selbst der Nächste.
Überall waren die goldenen Energiefäden, lautlos und unheimlich und voller Drohung. Aber sie taten ihm nichts, dessen war er nun sicher. Schließlich war er auch der Erste gewesen, der ihnen richtig begegnet war. Aber er hasste sie, wie er noch
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