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Silberband 081 - Aphilie

Titel: Silberband 081 - Aphilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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Geborgenheit – hätte es sie überhaupt gegeben. Das Stummhaus war ein Gefängnis für Lebenslängliche, nicht mehr und nicht weniger.
    Aus einem der Gänge kam eine alte Frau, stutzte, als sie ihn erblickte, und ging dann auf ihn zu. Sie streckte ihm die Hand entgegen, eine mehr als ungewöhnliche Geste in dieser kalten Welt.
    »Kervin, endlich finde ich dich! Hast du ein Bett bekommen?«
    Vester ergriff die Hand und versuchte, den Schock zu verbergen, der ihn zu lähmen drohte. Hunderterlei Vermutungen schossen ihm durch den Kopf, aber nur eine davon konnte zutreffend sein. Die Frau hielt ihn für Kervin Caughens, dessen Rolle er seit mehr als einer Woche spielte. Es war sicherer, sie in diesem Glauben zu lassen – vorerst wenigstens.
    »Ja, ich habe ein Bett. Und du?«
    »Hier im Gang, das letzte Zimmer links. Komm mit, ich zeige es dir, dann kannst du mich besuchen. Es ist doch nicht ganz so schlimm hier, wie wir uns das vorgestellt haben. Findest du nicht auch, Kervin?«
    »Doch, doch.« Wenn er nur ihren Namen wüsste! Er hätte den richtigen Kervin danach fragen müssen, fiel ihm ein. »Wir werden uns oft sehen.«
    Sie ging voran, er folgte ihr. Sie konnten sich gegenseitig besuchen, das war nicht verboten. Bei der Alten handelte es sich um eine Bekannte von Kervin, das war klar. Wann hatten sie sich das letzte Mal gesehen? Sie konnte nichts von dem Tausch wissen, denn er war von Terence aus sofort in Melbourne eingeliefert worden, und die alte Frau konnte erst mit dem heutigen Transport eingetroffen sein.
    »Dort ist mein Bett, Kervin.« Sie betrachtete ihn aufmerksamer. »Was haben sie mit dir gemacht? Du siehst verändert aus. In den paar Stunden kannst du kaum jünger geworden sein …«
    In den paar Stunden?
    Hastig sagte Vester: »Das macht die Beleuchtung. Ich werde dich morgen hier besuchen. Versuche, dich inzwischen einzuleben.«
    Sie sah ihm nach und schüttelte den Kopf. Dann erreichte Vester den Hauptkorridor und ging schneller, um niemandem mehr zu begegnen. Wenn sie den richtigen Kervin wirklich eingefangen und heute eingeliefert hatten, konnte es nur noch eine Frage von Stunden sein, bis der Betrug aufflog.
    Er lag mit geschlossenen Augen auf seinem Bett und versuchte nachzudenken. Im Stummhaus Nr. 23 gab es nun zwei Männer namens Kervin Caughens, und sie sahen aus wie Zwillinge. Selbst die alte Frau hatte keinen Unterschied feststellen können, wenigstens keinen bemerkenswerten. Aber zweifellos musste die Verwaltung des Stummhauses den Doppelgänger registrieren. Spätestens bei der morgen anstehenden medizinischen Untersuchung.
    Vester spürte, dass sich die Schlinge immer fester um seinen Hals legte. Er musste sie abstreifen, ehe es zu spät war.
    Als das Licht endlich gelöscht wurde, kroch er unter die Decke. Er flüsterte in das Zahnmikrofon: »Ich melde mich zum letzten Mal, denn die Entdeckung ist unausbleiblich. Morgen versuche ich zu fliehen. Ich gebe noch einmal einen ausführlichen Bericht über die Verhältnisse in Stummhaus 23, Melbourne …«
    Kervin Caughens fiel aus allen Wolken, als er Kathleen am anderen Vormittag begegnete und sie ihn aufforderte: »Nun zeig mir, wo du wohnst. Wo mein Quartier ist, weißt du ja von gestern. Komm!« Sie musterte ihn. »Heute siehst du wieder besser aus, Kervin.«
    Er starrte sie an. »Gestern? Ich sehe dich heute zum ersten Mal hier, Kathleen.«
    Sie begriff sofort, was geschehen war. »Der Mann, der dich aus dem Gefängnis von Terence holte! Natürlich, er war es! Komm, wir müssen ihn finden!«
    Kervin schüttelte den Kopf. »Warum denn? Übrigens holen sie uns gleich zur Untersuchung.«
    Kathleen lehnte sich gegen die kalte Betonmauer. »Dann ist er verloren, denn es kann nicht unbemerkt bleiben, dass es zwei Caughens gibt, Kervin. Oder du bist erledigt, weil sie nicht wissen, welcher der echte ist. Auf jeden Fall ist einer von euch zu viel vorhanden.«
    »Was soll ich denn machen?«
    »Wenn ich das nur wüsste …«
    Für zwei Aphiliker war es erstaunlich, dass sie noch so etwas wie Dankbarkeit kannten. Vielleicht lag das an der Tatsache, dass ihre Erinnerung an die alte Zeit nicht völlig erloschen war. Sie wollten einem Fremden helfen, aber sie konnten nichts anderes tun, als ihn nicht zu verraten.
    Wenig später wurden sie zur Untersuchung abgeholt.
    Vester, der durch den Türspalt blickte, erkannte Kervin auf den ersten Blick. Er ging neben der alten Frau, die ihn gestern angesprochen hatte. Ob sie ihren Irrtum inzwischen

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