Silberband 081 - Aphilie
über den Roboterkörper zurück.
Wieder triumphierte die Grundprogrammierung über das aphilische Plasma.
Erstes Robotergesetz: Kein Roboter darf durch Untätigkeit zulassen, dass Menschen zu Schaden kommen … Aber die Aphilie schadet der Menschheit! Wenn nötig, müssen Roboter die Menschen auch gegen deren Willen vor der Aphilie schützen.
Wahnsinn! Emotionskoller!
So durfte ein Kampfroboter nicht denken, der speziell darauf programmiert war, Nicht-Aphiliker zu entlarven. Der TARA-III-UH kannte alle Symptome der Entarteten, die in ihrer Evolution stehen geblieben waren und sich immer noch von Gefühlen leiten ließen.
Symptome gab es viele. Etwa die Nächstenliebe, die Hilfsbereitschaft, eine geradezu selbstzerstörerische Inkonsequenz in sämtlichen Lebensbereichen, Übersensibilität. Kein emotionsbeladener Kranker konnte den TARA-III-UH lange täuschen.
Vielleicht hatte ihn gerade die Speicherung all dieser abstrakten Gefühlsäußerungen in den Wahnsinn getrieben? Aber dass ausgerechnet die Positronik davon angegriffen worden war … Früher war der Zellplasmateil für solche Einflüsse anfälliger gewesen. Doch die Aphilie hatte die Vorzeichen umgekehrt.
Die in der Positronik verankerten Grundgesetze waren durchgebrochen und beherrschten nun das Denken des Kampfroboters. Das bislang dominierende aphilische Zellplasma wurde verdrängt. Die Positronik setzte sich immer mehr durch, übernahm eine Funktion des Robotkörpers nach der anderen, obwohl das Zellplasma versuchte, sie zu blockieren.
Die Positronik erkannte, dass sie erst einen Teilsieg errungen hatte. Das Zellplasma musste eliminiert werden. Bevor jedoch die Großoffensive gegen den biologischen Sektor eingeleitet werden konnte, kam es zu einem unerwarteten Zwischenfall.
Leutnant Terence Fraint kreuzte wie zufällig in einem der Korridore von Imperium-Alpha den Weg des anderen. Statt einer Begrüßung sagte er ohne Umschweife: »Du hast es also geschafft, Andor. Du bekommst an meiner Stelle das Kommando in Borneo. Das war eine glatte Fehlentscheidung.«
Der andere hieß Andor Casaya und stand ebenfalls im Range eines Leutnants. Nebeneinander gingen sie den Korridor hinunter.
»Du bist ein schlechter Verlierer, Terence«, stellte Andor Casaya mit maskenhaftem Grinsen fest. »Wir haben beide die gleiche Schulung erhalten, aber ich habe bei den Prüfungen besser abgeschnitten. Es liegt nicht jedem, die Rolle eines komplexbeladenen Gefühlsmenschen zu spielen. Ich kann es eben besser als du, und das war ausschlaggebend dafür, dass ich den Job auf Borneo bekam.«
»Es war eine Fehlentscheidung des Oberkommandos«, behauptete Terence Fraint.
»Du bist neidisch«, widersprach Andor Casaya und blickte den anderen prüfend an. »Denkst du jetzt darüber nach, wie du dich revanchieren kannst?«
»Ich denke nicht an Rache«, erwiderte Terence Fraint. »Ich bin kein Narr. Aber ich meine, dass der nützlichere Mann nach Borneo gehen soll. Und der bin ich. Ich kann dem System im Kampf gegen die Kranken besser dienen als du. Dir merkt man schon auf eine Entfernung von einem Kilometer an, dass du ein Spitzel bist. Du wirst versagen, Andor. Das ist meine feste Überzeugung.«
Andor Casaya lachte. Es war ein kaltes, gefühlloses Lachen. Sie kannten einander schon lange, und schon vom ersten Tag an hatte es zwischen ihnen Positionskämpfe gegeben. Jetzt schien Casaya das Kräftemessen für sich entschieden zu haben. Doch der Schein trog. Fraint wäre ein schlechter Aphiliker gewesen, hätte er sich geschlagen gegeben. Trotz des Testergebnisses zugunsten Casayas war er überzeugt, der für das System nützlichere Mann zu sein. Und Casaya erkannte, dass von diesem Augenblick nur noch für einen von ihnen Platz auf dieser Welt war.
Während Casaya noch überlegte, wie er den anderen ausschalten konnte, verwirklichte Fraint den von langer Hand vorbereiteten Plan, um seinen Gegenspieler aus dem Weg zu räumen.
Fraint blieb stehen. Er hatte aus den Augenwinkeln den in der Nische verborgenen Kampfroboter des Typs TARA-III-UH entdeckt, der für seinen Plan wie gerufen kam. Fraint beabsichtigte, eine Kostprobe seines schauspielerischen Talents zu geben.
Er nahm an, dass Casaya sein Spiel sofort durchschauen und zum Schein darauf eingehen würde. Fraint hatte jedoch vor, dies so auszulegen, als halte er Casaya für verweichlicht. Und das würde ihm das Recht geben, Casaya kurzerhand zu töten.
Fraint machte ein verzweifeltes Gesicht und packte Casaya an der
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