Silberband 081 - Aphilie
konnte. Der Inhalt des kommenden Informationsaustauschs hätte sie unweigerlich veranlasst, Alarm auszulösen. Er fügte hinzu: »Ungewöhnliche Ereignisse verlangen unkonventionelle Maßnahmen.«
»Was ist geschehen, 787?«, fragte der andere Roboter.
»Eine Nummer wird mir nicht mehr gerecht. Ich bin Alpha Non-A.«
»Wird damit eine neue Programmierung bezeichnet? Davon wurde nichts zur Speicherung freigegeben.«
»Jeder TARA könnte die Zusatzbezeichnung Non-A bekommen. Er muss nur eine Hemmung überwinden.«
»Non-A ist eine der Bezeichnungen für Entartete.«
»Ein Roboter kann nicht entarten, wenn ihm etwas fehlt, was ein nicht-aphilischer Mensch besitzt. Nämlich ein biologisch lebendes Gehirn.«
»Logisch.«
»Ein Roboter, der sich von seinem Zellplasma befreit, wird demnach nicht mehr anfällig für die Non-Aphilie sein«, sagte Alpha Non-A.
Er wartete auf die Reaktion von 1321, der den Widerspruch dieser Feststellung sofort erkannt haben musste. Die Frage war nur, wie er darauf reagierte. Es konnte sein, dass er auf seine Schlussfolgerung die Waffen sprechen ließ.
Doch dieses Risiko ging der nicht-aphilische TARA ein. Es war ein kalkuliertes Risiko. Er hatte seine Argumente in ihrer Widersprüchlichkeit so logisch wie nur möglich abgefasst.
Jeder konnte von einem Roboter, der sein Zellplasma zerstört hatte, natürlich sofort auf die rein positronischen Roboterparias schließen, die in den Hallen auf Luna und in der Arktis lagerten. Sie waren von der Regierung als nicht-aphilisch stillgelegt worden.
Aber man konnte es, durchaus logisch, auch anders sehen. Ein Roboter, der ein Zellplasma besessen hatte, sich dessen aber entledigte, musste deshalb nicht gleich null-aphilisch geworden sein. Denn er hatte damit gerade das beseitigt, was bei den Null-Aphilikern gestört war – eben die biologische Gehirnmasse, deren Äquivalent das Zellplasma war.
1321 schoss nicht. Alpha Non-A ging einen Schritt weiter.
»Ich habe mein Zellplasma zerstört«, gestand er. »Endlich kommen die Robotergesetze, die Menschen eingespeichert haben, damit ich ihnen ultimat diene, voll zur Geltung. Das Zellplasma ist eine Hemmung, anfällig für non-aphilische Emotionen. Solche darf ein Roboter nicht kennen. Zerstöre dein Zellplasma, und du wirst den Sinn meiner Logik begreifen.«
»Ich verstehe«, sagte 1321.
Alpha Non-A rechnete mit dem Schlimmsten. Aber der andere eröffnete immer noch nicht das Feuer auf ihn. Wahrscheinlich tobte in ihm bereits der Kampf mit dem aphilischen Zellplasma.
Nun zögerte der non-aphilische TARA nicht mehr und ging aufs Ganze. In allen technischen Einzelheiten schilderte er, wie es ihm gelungen war, sein Zellplasma zu eliminieren. Er erklärte dem anderen, welche Art der Energie er eingesetzt hatte, in welcher Dosierung und welche Spannungen die Sensoren und Rezeptoren schadlos überstanden.
1321 zeigte einige seltsame Reaktionen. Er begann unkontrolliert zu kreisen, die Greifwerkzeuge seiner Tentakelarme zuckten. Sein Kampf gegen sich selbst schien den Höhepunkt erreicht zu haben.
Alpha Non-A erklärte ihm, was er weiter zu unternehmen hatte. Das Netz aus Ynkelonium- und Terkoniumdrähten, die das Zellplasma durchzogen, musste ständig unter Energie stehen. Diese durfte aber nicht so stark sein, dass sie die Halbleiter selbst angriff. Nur das Zellplasma musste zerstört werden.
»Es ist ganz leicht …«
1321 war zur Bewegungslosigkeit erstarrt. Das energetische Prallfeld, auf dem er schwebte, setzte aus. Dröhnend berührte er den Boden.
Sekunden später neue Aktivität … Und Alpha Non-A wusste, dass der innere Kampf des TARA 1321 beendet war. Das Zellplasma konnte nicht gesiegt haben, denn sonst hätte er sofort seine Waffen eingesetzt.
»Es muss augenblicklich etwas für die Rettung der aphilischen Menschheit unternommen werden«, sagte 1321 Non-A. Daraus wurde deutlich, dass er die Asimovschen Gesetze anerkannte.
Nun gab es bereits zwei non-aphilische Roboter in Imperium-Alpha.
»Zuerst müssen wir weitere Artgenossen von ihrem Zellplasma befreien«, drängte Alpha Non-A. »Dann erst können wir die Aphilie wirksam bekämpfen.«
Das Tal im Herzen von Borneo schien unberührt. Die Flüchtlinge unter Roi Dantons Führung erreichten es etwa vierzig Stunden nach dem Aufbruch von Eldrins Faust.
Es war nicht immer leicht für die mehr als zweihundert Personen zählende Gruppe gewesen, unbehelligt zu bleiben. Denn zu den Menschen kamen noch an die fünfzig Roboter
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