Silberband 081 - Aphilie
übergeben.
»Falls ihr auf Borneo Gruppen von Romantikern und Schwärmern erwartet, muss ich euch enttäuschen«, sagte Targas. »Wir sind eine straff disziplinierte Organisation und mit den modernsten Mitteln ausgerüstet. Außerdem bleiben wir wegen der Entdeckungsgefahr nie länger als drei Wochen an einem Platz.«
»Hat es noch keine groß angelegten Suchaktionen gegeben, Captain?«, erkundigte sich Sylvia.
Targas schüttelte den Kopf. »Immer nur kleinere Aktionen, die wir ins Leere laufen ließen. Es scheint, als wären die Aphiliker nicht einmal sonderlich daran interessiert, uns auszuräuchern.«
»Wahrscheinlich ist es ihnen lieber, sie wissen, wo sich die meisten Immunen aufhalten, als dass sie damit rechnen müssen, dass sich in den Städten Gruppen von bewaffneten Widerständlern bilden«, sagte Sergio Percellar.
»Vielleicht unterschätzen sie uns auch nur«, gab Targas zurück. »Wir könnten es durchaus mit staatlichen Truppen aufnehmen. Bei einem kleinen Gefecht auf den Philippinen voriges Jahr zeigte sich, dass die Männer einer ehemaligen Elitedivision keinen Kampfgeist mehr besaßen. Ein gefühlloser Mensch kann nicht aufgeputscht und aggressiv gemacht werden. Folglich sieht jeder Soldat zu, dass er sich nicht in Gefahr begibt, und wenn es brenzlig wird, zieht er sich schleunigst zurück.«
»Das leuchtet mir ein«, erwiderte Sergio. »Ein Glück, dass die Erde bisher nicht von feindlichen Intelligenzen angegriffen worden ist. Ich fürchte, wir könnten heutzutage nicht einmal einer mittleren Springerflotte standhalten.«
Captain Targas nickte. »Du legst den Finger da auf eine sehr wunde Stelle«, meinte er. »Ein Angriff der Ploohns würde das Ende der irdischen Kultur bedeuten. Aber diese Insektenwesen haben sich nicht mehr um uns gekümmert. Sie scheinen eigene Sorgen zu haben.«
»Wir haben ebenfalls genug Sorgen, Captain«, sagte Sylvia. »Wie schön muss es früher gewesen sein, auf der Erde zu leben. Und heute … Aber wir sollten nicht dem Vergangenen nachtrauern, sondern an die Zukunft denken.«
Den Rest des Weges wurden nur noch kurze Bemerkungen gewechselt. Sergio Percellar konzentrierte sich auf die Umgebung, prägte sich charakteristische Merkmale ein und lauschte auf Dissonanzen in der vielfältigen Geräuschkulisse des Dschungels. Mehrfach mussten sie reißende Bäche durchqueren, sich steile Hänge hocharbeiten – und das in einer feuchten Hitze, die dem Körper die letzten Reserven abverlangte.
Sergio fühlte sich erschöpft, als sie endlich den Stützpunkt erreichten, eine Anzahl natürlicher Höhlen am Fuße eines Berges, die durch künstliche Erweiterungen ergänzt worden waren.
Das erste Anzeichen menschlicher Besiedlung, sofern man von Besiedlung überhaupt sprechen konnte, waren zwei schwer bewaffnete Wachposten. Erstaunt registrierte Sergio bei ihnen hochmoderne Hirnwellendetektoren, mit denen sich jede Annäherung intelligenter Lebewesen sogar im dichtesten Dschungel feststellen ließ.
Männer und Frauen übten vor den Höhlen die Handhabung modernster Energiewaffen, andere wurden an Flugaggregaten ausgebildet, und eine große Gruppe übte unter Anleitung eines Leutnants des Psychokorps, sich wie Aphiliker zu bewegen und zu verhalten.
»Aphilie-Training!«, erklärte Captain Targas knapp. »Alle Immunen lernen bei uns, sich unentdeckt unter Aphilikern zu bewegen, sofern sie nicht selbst schon eine gewisse Perfektion entwickelt haben.«
Er wies seinen Gästen eine kleine Felshöhle zu und bat sie, dort zu warten. »Selbstverständlich könnt ihr euch frei bewegen«, erklärte er. »Nur dürft ihr den Stützpunkt nicht verlassen. Ich erwarte, dass Roi Danton uns noch heute besucht. Er will euch sprechen, und er war es auch, der eure Entführung veranlasste.«
»Wir wollten sowieso nach Borneo«, erwiderte Sylvia.
»So einfach wäre das nicht gewesen«, sagte Targas. »Und ohne den Händler in Bangkok hättet ihr kaum Kontakt zu uns bekommen.«
Eine Weile standen Sylvia und Sergio vor der Höhle. Sie beobachteten das Treiben im Stützpunkt und stellten fest, dass etwa die gleiche Anzahl Frauen wie Männer vorhanden war.
Schließlich erkundigten sie sich, wo sie etwas zu essen bekommen konnten. Eine Frau führte sie zu einer Höhle, in der die Lebensmittelvorräte des Stützpunkts verwaltet wurden. Heißhungrig machten sie sich über ein Standardmenü der Solaren Flotte her, und als sie dazu so viel Kaffee bekamen, wie sie wollten, fühlten sie sich seit
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