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Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln

Titel: Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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Bewusstsein erkannte, dass es Zeit wurde, den sterbenden Körper zu verlassen. Voller Erwartung strömte Leticron in das PEW-Metall im Sockel der Säule.
    Alle Zuschauer blieben auf ihren Plätzen, als warteten sie darauf, dass noch Ungewöhnliches geschehen würde.
    Leticrons Robotdiener kam heran. »Kann ich ihn wegtragen?«, erkundigte sich Bur-Dan.
    »Rantmoger, stellen Sie fest, ob er tot ist!«, befahl Hotrenor-Taak.
    Der Oberschiedsrichter beugte sich über Leticron und untersuchte ihn kurz. Als er sich wieder aufrichtete, nickte er Maylpancer zu. »Kein Zweifel. Dieser Mann ist nicht mehr am Leben.«
    »Gut«, sagte der Lare. »Du kannst ihn wegschaffen, Bur-Dan. Was wirst du mit der Leiche machen?«
    »Ich habe den Befehl, sie in einen Konverter zu werfen.«
    »Ausgezeichnet!«, lobte Hotrenor-Taak. »Damit bin ich einverstanden.«
    Maylpancer sah, dass der Waffenmeister Skarthom auf dem Kampfplatz erschien, Leticrons goldene Lanze ergriff und schweigend wieder davonging. All diese Ereignisse schienen in gewisser Weise noch zum Duell zu gehören, es war, als liefen sie in einer vorherbestimmten Form ab.
    »Es wartet viel Arbeit auf Sie«, sagte Hotrenor-Taak zu Maylpancer. »Sie müssen dieses schwierige Amt mit neuem Leben erfüllen. Die Zeit, da der Erste Hetran zurückgezogen auf einem Mond leben konnte, ist vorbei.«
    »Ich werde Titan heute noch verlassen.«
    Sie schauten sich an. Maylpancer hatte das Gefühl, irgendetwas sagen zu müssen, aber die forschenden Blicke des Laren irritierten ihn. Schließlich wandte er sich ab und ging davon. Das schien ein Signal für die Zuschauer zu sein, ihre Tribünenplätze zu verlassen.
    Als Maylpancer sich noch einmal umdrehte, sah er Hotrenor-Taak noch immer auf dem Kampfplatz stehen.
    Leticrons Bewusstseinsinhalt benötigte nur wenige Augenblicke, um die schreckliche Wahrheit zu begreifen. Er war in den PEW-Metallbrocken eingedrungen, aber er musste feststellen, dass es von hier aus kein Weiterkommen gab. Es gelang ihm nicht, von der konstruierten Pforte in die Stahlfestung Titan einzudringen.
    Sein Bewusstseinsinhalt war in einem faustgroßen Metallklumpen gefangen. Er konnte nicht schreien, denn er besaß keine Stimme. Er konnte nicht fliehen, denn es gab kein Zurück. Solange diese Säule stand, würde er in ihrem Sockel existieren.
    Das war sein eigener, von ihm selbst geschaffener Stein der Nichtwiederkehr.

19.
Die SOL
3578
    Langsam wanderte sein Blick über die langen Regale, die eine Wand seiner Kabine fast völlig ausfüllten. Es waren Hunderte von Lesespulen und die doppelte Menge kombinierter Datenträger – ein sorgfältig ausgesuchter Querschnitt durch das, was Joscan Hellmut ›die Kultur Terras‹ nannte. Er mochte diese Kultur, obwohl er sie niemals selbst wahrgenommen hatte. Er war siebenunddreißig Jahre alt und an Bord der SOL geboren. Dieser Umstand hatte sein Leben geprägt.
    In der Regalwand glühten gelblich rot die Ziffern des Chronometers. Sie zeigten ein Datum, das für Hellmut später eine große Bedeutung erlangen sollte:
    03.07.3578 – Terrazeit. Oder Schiffszeit. Der dritte Juli des achtunddreißigsten Jahres, das nach dem Start des Schiffs verstrichen war.
    Joscan Hellmut fuhr sich mit der Hand über die Stirn und schrieb weiter. Seit zweiundzwanzig Jahren las er alle Werke der terranischen Literatur, die er an Bord fand, nicht nur die Fachliteratur. Und längst schrieb er sein persönliches Tagebuch. Niemand hatte es jemals in die Hände bekommen, nicht einmal seine Mutter. Niemand kannte seine Gedanken, denn Joscan wusste genau, dass man ihn mit scheu, zurückhaltend und verschlossen charakterisierte.
    Er hob den Laserstift, überlegte und schrieb weiter, mit gestochen scharfer, kleiner Schrift. Siebenunddreißig Jahre alt, zwanzig Jahre Gedanken, schriftlich niedergelegt: Inzwischen füllte der Text mehrere Mikrospulen.
    Er schrieb eine Seite voll, mikrografierte sie und reihte die Bilder aneinander. Sie konnten nur mit Hilfe eines Lesegeräts entziffert werden.
    … merkwürdigerweise steigt in diesen Tagen meine Unruhe. Nicht einmal die Beschäftigung mit Romeo und Julia oder SENECA kann mich beruhigen. Zudem spüre ich dieselbe Unruhe auch bei vielen anderen Besatzungsmitgliedern der SOL. Ich weiß nicht, ob ich meinen Empfindungen trauen darf – ich bin bestimmt zu empfindlich.
    Seit fast vier Jahrzehnten suchen die Ortungen unseres Schiffs die Region im All, von der aus die Erde ihren wahnsinnigen Fluchtweg angetreten

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