Silberband 082 - Raumschiff in Fesseln
ihrer Flucht.
»Du bist schneller«, sagte Janie. »Geh voraus! Ich nehme etwas Essen und die zweite Waffe mit.«
»Einverstanden.« Der Magazinwart steckte sich mehrere Konzentratriegel ein und lief los.
Den langen Weg zum Raumschiff kannte er bereits. Und vielleicht war kurz nach dem Augenblick, an dem er von seiner auffallenden Entdeckung berichtete, die Gefangenschaft der SOL beendet, der SENECA-Donner und alles andere …
Keuchend und schwitzend, mit ausgedörrter Kehle und brennenden Augen rannte Cass zurück. Immer wieder sah er zwischen den Bäumen die gewaltige SOL aufschimmern. Als er das Waldgebiet verließ und in die Grassteppe mit den Bauminseln und den merkwürdig schirmähnlichen Bäumen vorstieß, entdeckte er in der Ferne die ersten Gleiter der Forschungsteams. Er ruhte sich im letzten kühlen Schatten aus und lief dann weiter.
Zeit: 10. Juli 3578 – drei Uhr Nachmittag
Ort: Savanne zwischen SOL und dem nördlichen Flusslauf
Mission: Roboteruntersuchungen von Julia und Romeo
Joscan Hellmut saß auf dem Dach der Kabine, ließ die Beine über der Ladefläche baumeln und sah seinen beiden Lieblingen zu. Die skurrilen Roboter standen ununterbrochen mit SENECA in Verbindung und waren die besten externen Elemente, die es je gegeben hatte.
Joscan nahm die Landschaft um sich herum mit gleichgültigem Blick auf. »Mistland«, sagte er. Er war im Schiff geboren worden, und dieser Planet war weder die Erde, die sie verlassen hatten, noch gehörte er zu den versprochenen Welten im fernen Sonnensystem. Und weder Romeo noch Julia würden etwas Aufsehen erregendes finden.
Joscan hob den Kopf und betrachtete das riesenhafte Schiff. Er langweilte sich und dachte nicht im Traum daran, zu desertieren oder eine der Verrücktheiten anzufangen, mit denen sich andere schon umgebracht hatten. Er blickte hinüber zu Romeo, der eine Grube unter einem Baum ausgehoben hatte und mit einer langen Sonde darin herumstocherte.
Er nahm das Kommandogerät und fragte: »Hast du etwas gefunden, Romeo?« Ihre Selbstständigkeit und ihre Abhängigkeit von SENECA kannte er. Wenn er sich mit einem der Roboter unterhielt, tat er das, gewissermaßen zugleich mit SENECA – zu einem Teil.
»Natürlich nicht«, antwortete Romeo. »Ich versuche es auf gut Glück. Schließlich kenne ich alle Tests. Wir versuchen, etwas anderes zu finden, einen neuen Hinweis.«
»Der wird uns nichts nützen, denn ich glaube, dass uns eine übergeordnete Kraft festhält.«
Joscan erhielt keine Antwort. Romeo fuhr fort, in dem Loch zu sondieren. Rund um das Schiff hatten sich andere Gruppen verteilt. Sie versuchten, die Lösung des Problems zu finden. Es gab sogar Fatalisten, die diesen Aufenthalt gut fanden und Urlaub vom Bordleben machten. Trotzdem lastete eine verhängnisvolle Stimmung über allem. Joscan fühlte sie. Er fragte: »Julia?«
»Ich höre.«
»Wo befindest du dich?«
»Ich bewege mich mit eingeschalteten Systemen langsam nach Norden und suche Hinweise.«
»Wer tut das nicht«, seufzte Hellmut und fuhr sich durch sein lockiges tiefschwarzes Haar. Die Mittagssonne brannte auf seinem nackten Oberkörper und bräunte seine Haut weiter.
»Ich habe bisher nichts gefunden«, meldete Julia.
»Begreiflich.«
Wieder wartete Joscan. Er wusste nicht, worauf. Hin und wieder zog ein Fluggleiter über ihn hinweg. Zwischen dem Schiff und den vielen Kommandos herrschte reger Funkverkehr.
»Ich sehe mich in der Gegend um. Benachrichtigt mich, wenn etwas vorfällt.«
»Verstanden!«, erklang es zweimal.
Joscan kletterte vom Dach und schwang sich in die aufgeheizte Kabine. Er startete die Maschine und überlegte, wohin er sich wenden sollte. Er kannte das Land kilometerweit im Umkreis, denn von den oberen Decks des Schiffs aus bot sich ein grandioser Ausblick. Er entschied sich dafür, Julia zu folgen.
Mit dem Prallfeldgleiter hatte er die Roboter aus dem Schiff hierher transportiert, was grundsätzlich überflüssig war, aber Joscan tat niemals das, was logisch erschien. Er nahm sich das Recht heraus, eigenwillig zu sein. Der schwere Lastengleiter schwebte auf eine Gruppe der kleinen Schirmbäume zu, kurvte an ihnen vorbei auf den Rand des noch weit entfernten Waldstreifens zu. In der Richtung waren Flüsse, Bäche und Seen zu erkennen gewesen. Dort verbargen sich auch ziemlich sicher die Deserteure.
Joscan Hellmut sah einen Mann aus dem Schatten des Waldes herausrennen. Im gleichen Augenblick entdeckte der Mann das Fahrzeug und begann wie
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