Silberband 086 - Inferno der Dimensionen
Tragweite«, beantwortete das Licht der Vernunft Kratts stumme Frage. »Der Gegner wird mit der Möglichkeit rechnen, dass er irregeführt werden soll. Wenn der Spion sofort unschädlich gemacht wird, erkennt der Feind, dass wir ihm eine Falle stellen wollen.«
Heylin Kratt begriff.
»Es ist meine Überzeugung«, fuhr Trevor Casalle nach einer kurzen Pause fort, »dass der Feind nach einer gewissen Zeit versuchen wird, mit dem Spion in Verbindung zu treten, um sich zu vergewissern, dass er nicht festgenommen wurde. Diese Kontaktaufnahme müssen wir abwarten. Erst danach dürfen Sie zuschlagen.«
Leven Strout schlief in dieser Nacht nicht besonders gut. Ahnungen, Ängste und Albträume plagten ihn.
Er verbrachte die folgende Sechsstundenschicht hinter seinem Datengerät und fand unter den abgesandten Nachrichten diesmal keine einzige, die besonderer Aufmerksamkeit bedurft hätte. Im Laufe des Tags fühlte er sich wieder besser, und am Ende seiner Schicht hatte er zum ersten Mal keine Furcht vor den Warngeräten im Tunnel.
Wieder in seiner Wohnung, hielt Langeweile Einzug. Bis seine Nachdenklichkeit von einem unüberhörbaren Klirrton durchbrochen wurde. Leven eilte in den Nebenraum, in dem sein technisches Inventar untergebracht war. Einer der Monitoren war erleuchtet und zeigte das Gesicht eines ihm unbekannten Mannes.
»Es gibt mehr lemurische Stützpunkte, als die Welt denken mag«, sagte der Fremde.
»Einer davon ist Porta Pato«, antwortete Strout. Das war der Kodesatz. Der Mann gehörte zur OGN, und das Gespräch war zerhackt und verschlüsselt.
»Wir wollten wissen, ob dir jemand auf den Fersen ist«, sagte der Unbekannte.
Leven Strout zuckte mit den Schultern. »Soweit ich erkennen konnte … niemand«, antwortete er.
»Es geht um die XQI-Meldung von gestern«, fuhr der Anrufer fort. »Gibt es in dieser Hinsicht irgendwelche Bedenken?«
»Nein«, antwortete Leven Strout kurz entschlossen.
»Die Meldung ist für uns Klasse-eins. Wir werden einiges in Bewegung setzen.«
Leven Strout nickte nur. Der Fremde fügte noch hinzu: »Am besten legst du ein paar Tage Funkstille ein. Sicher ist sicher.« Dann schaltete er ab.
Leven Strout blieb sich und einer nagenden Unruhe überlassen.
Sylvia Demmister war eine faszinierende Frau. Ihr rotblondes Haar bildete einen auffallenden Kontrast zu den dunklen Brauen. Der Blick ihrer graugrünen Augen war offen und geradeheraus. Sylvia war nicht allzu groß, aber wohlproportioniert.
Der Mann, mit dem zusammen sie am Morgen im Rechenzentrum erschienen war, um mit Reginald Bull einen wichtigen Einsatz durchzusprechen, passte nicht zu ihr. Er war eine Handbreit kleiner als Sylvia, dazu ausgesprochen schmächtig. Er hatte große, dunkle Augen, die gewöhnlich traurig, in unbeobachteten Sekunden jedoch ausgesprochen verschlagen dreinblickten. Braune Haut mit einem Stich ins Olivgrüne und straffes, blauschwarzes Haar wiesen ihn als Bewohner der indischen Region aus. Er hieß Ranjit Singh, war 32 Jahre alt und machte, alles in allem, keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck. Dennoch hatte Sylvia Demmister ihn als einen verlässlichen Partner kennen gelernt, der gewöhnlich durch List und Verschlagenheit wettmachte, was ihm an Courage fehlte.
Reginald Bull zeigte beiden die entschlüsselte Meldung, die in der vergangenen Nacht empfangen worden war. Sylvia und Ranjit verstanden sofort, um was es ging. »Sie brauchen Beobachter vor Ort, nicht wahr?«, erkundigte sich die Frau.
»Unbedingt und dringend«, bestätigte Bull. »Ich muss schnellstens wissen, ob im Bezirk Parkutta wirklich etwas im Gange ist. Trevor Casalle traue ich es ohne weiteres zu, dass er uns mit einer solchen Meldung eine Falle stellt.«
»Casalle würde damit rechnen, dass wir vorsichtig sind, und eine Attrappe bauen«, gab Sylvia zu bedenken.
Reginald Bull grinste. »Eben deswegen schicke ich euch nach Parkutta. Ihr sollt herausfinden, ob es sich um eine Attrappe handelt oder nicht.«
Sylvia und Ranjit nickten.
»Sie kennen sich in der Gegend aus?«, fragte Bull den Inder.
»Ich komme aus dem Punjab. Bin oft in Kaschmir gewesen.«
»Wann brechen wir auf?«, wollte Sylvia wissen.
»Sofort.«
»Welche Prozedur? Als Wanderberechtigte …?«
»Zu unsicher«, antwortete Bull. »Gerade in diesen Tagen werden in Parkutta Wanderberechtigte wahrscheinlich besonders intensiv gefilzt. Das Risiko dürfen wir unter keinen Umständen eingehen. Ihr müsst euch ein Alibi verschaffen. In Parkutta
Weitere Kostenlose Bücher