Silberband 087 - Das Spiel der Laren
Seite und hastete durch den Nebengang bis zu einer Tür. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass mir einer der Offiziere entgeistert nachblickte.
Ich legte den Zeigefinger auf die Lippen, öffnete die Tür und betrat einen winzigen Raum, der mit mir unbekannten Geräten so voll gestopft war, dass für mich kaum noch Platz blieb. Ich zwängte mich hinein und schloss die Tür.
Dann wartete ich wieder.
Das Herz klopfte mir bis zum Hals. Ich hörte einen Posbi auf Raupen heranrollen. Vor der Tür verstummte das Geräusch. War ich entdeckt worden? Hatte man die Schiffbrüchigen gezählt? Ich hielt den Atem an. Mein Herz pochte so laut, dass ich fürchtete, der Posbi mit seinen außerordentlich leistungsfähigen Sensoren müsse es hören.
Doch dann rumpelte er weiter, und ich atmete auf. Eine halbe Stunde verstrich. Das Raumschiff schüttelte sich, als wolle es unsichtbare Fesseln abwerfen. Es startete.
Ich hatte erreicht, was ich angestrebt hatte. Die Anspannung fiel von mir ab. Jetzt hatte ich Zeit. Alles Weitere musste sich von selbst ergeben.
Nach einer halben Stunde verließ ich mein Versteck. Der Korridor war leer. Ich wandte mich nach rechts und kehrte zum Hauptgang zurück. Kurz bevor ich ihn erreichte, bog ein Matten-Willy um die Ecke. Das quallenförmige Wesen lief auf einem Dutzend Pseudofüßen. Als es mich bemerkte, fuhr es zurück und gab quietschende Laute von sich. »Was treibst du hier?« fragte der Matten-Willy.
»Wieso?«
»Wieso? Wieso?« äffte er mich nach. »Die anderen sind auf dem Planeten abgesetzt worden.«
»Die anderen? Welche anderen?«
Nun war er vollends verwirrt und wusste nichts mehr mit mir anzufangen. Er eilte davon, wobei er mal einige armförmige Auswüchse bildete, mal menschliche Formen nachzuahmen versuchte, was jedoch nicht ganz gelang. Ich folgte ihm, bis er ein grobes Bodengitter erreichte und einfach hindurchfloss. Ich blickte nach unten, konnte aber nichts erkennen, da unter mir alles dunkel war.
Sekunden später hörte ich stampfende Schritte von hinten. Gelassen drehte ich mich um. Ein Posbi mit entfernt humanoider Gestalt näherte sich. In fünf Metern Distanz blieb er stehen und musterte mich eingehend. Ich hob grüßend die rechte Hand.
»Wer bist du?« fragte er schließlich.
»Galto Quohlfahrt«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
»Warum bist du nicht bei den anderen?«
»Weil ich nichts mit ihnen zu tun habe.«
»Du bist mit ihnen zusammen ins Schiff gekommen.«
»Das ist richtig«, bestätigte ich.
Sieben weitere Posbis von unterschiedlicher Gestalt rückten heran. Einige von ihnen blieben hinter dem ersten stehen, andere umrundeten mich. Keiner der neu Angekommenen griff ins Gespräch ein. Auch die Posbis, die noch später kamen, verhielten sich ruhig.
»Du solltest zusammen mit den anderen das Schiff verlassen.«
»Das entspricht eurer Planung, ein diesbezüglicher Befehlskode ist mir jedoch niemals übermittelt worden.«
»Das ist korrekt«, bestätigte der Posbi diesmal.
»Also lag für mich kein Grund vor, mich den anderen anzuschließen.«
»Aber das wäre eine menschliche Reaktion gewesen und deiner Mentalität und deinem organisch biologischen Wesen konform.«
»Dieser Trugschluss baut auf falschen Voraussetzungen auf«, erklärte ich. »Deine Annahme geht davon aus, dass ich alles mit den anderen Schiffsbrüchigen gemeinsam habe. Das ist aber nicht der Fall. Gleich ist nur die äußere Erscheinungsform. Alles andere ist anders. Ich gehöre nicht zu ihnen.«
»Nicht? Zu wem dann?«
»Zu den Posbis, denn ich bin selbst ein Posbi.«
Meine Eröffnung überraschte meine unfreiwilligen Gastgeber derart, dass sie für einige Zeit keine Worte fanden und mich schweigend anstauten. Schließlich ging ein Schwall von Fragen auf mich nieder.
Ich antwortete konzentriert und ruhig, wobei ich jedes Wort genau überdachte. Was bis jetzt kaum mehr als graue Theorie gewesen war, das konnte ich endlich unter realen Bedingungen anwenden. Dies war kein Sandkastenspiel mehr, sondern hier ging es buchstäblich um alles.
Ich wollte, dass die Posbis mich als einen der ihren akzeptierten. Deshalb musste ich die Sprache sprechen, die sie verstanden. Ich musste in den gleichen Bahnen denken wie sie, und ich musste ihre eigenen, logisch begründeten Argumente gegen sie selbst wenden.
Ein hartes und kräftezehrendes Duell begann. Die Posbis wollten es wissen. Sie wurden von einem außerordentlichen Forscherdrang gepackt und deckten mich mit einer Reihe von
Weitere Kostenlose Bücher