Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silberband 088 - Der Zeitlose

Silberband 088 - Der Zeitlose

Titel: Silberband 088 - Der Zeitlose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
Vom Netzwerk:
Erkenntnis, dass er der einzige Überlebende einer unbeschreiblichen Katastrophe sein musste, inzwischen fest eingenistet. Was er jetzt tat, war Aufräumarbeit: Er sammelte die letzten Beweise für die Richtigkeit dieser Erkenntnis.
    Mit ihm selbst, das spürte er deutlich, war eine merkwürdige Änderung vor sich gegangen. Gefühle, die er früher nie empfunden hatte, brachten ihn in Verwirrung. Er freute sich darüber, dass Cuddly ihn in sein Rudel aufgenommen hatte. Eine seltsame Wärme machte sich in seinem Innern breit. Sie war angenehm, brachte ihn aber zugleich gehörig durcheinander, denn er hatte dergleichen nie zuvor empfunden.
    Bluff Pollard verfügte über ein gehöriges Maß an Intelligenz. Die Schulung, die ihm bisher zuteil geworden war, hatte ihn nicht gelehrt, diese Intelligenz selbstständig zum Erkennen von Zusammenhängen einzusetzen, sondern nur, Zusammenhänge im Licht der reinen Vernunft zu sehen. Die Lehre der Vernunft aber erschien Bluff auf einmal leer und nutzlos. Unbeholfen unternahm er die ersten Denkversuche.
    Er empfand das neue Dasein als angenehm und lauschte bei jeder Regung in sich hinein, um sie zu erkunden. Ein Empfinden war noch da, das er kannte: die Angst. Aber wenn er Angst hatte – wie zum Beispiel in dem Augenblick, als beim Einstoßen einer Tür im Fischereikombinat ein Alarmgerät zu heulen begann –, dann war das nicht mehr, als lege sich eine kalte Hand mit würgendem Griff um seinen Hals. Die Angst lähmte nicht länger, sondern sie ermöglichte blitzschnelles Handeln. So wie beim Aufheulen der Alarmsirene, als er blitzschnell hinter einem Lagergestell in Deckung ging, bis er die Harmlosigkeit des Vorfalls erkannte.
    Auch auf diese Erkenntnis hatte er merkwürdig reagiert: Ein Kitzeln war plötzlich in seiner Kehle gewesen, und dann hatte er lauthals gelacht. Lachen war für Bluff bis dahin ein völlig unbekannter Vorgang gewesen.
    Über Cuddly und die Hunde des Rudels war er sich nicht ganz im Klaren. Er hatte früher mit Hunden nichts zu tun gehabt. Sie waren nicht produktiv. Aber aus den wenigen Begegnungen, an die er sich erinnerte, glaubte Bluff zu wissen, dass Hunde niemals in der Lage gewesen waren, eine eigene Strategie zu entwickeln – so, wie Cuddlys Rudel es getan hatte, als es ihm am Tunnel auflauerte.
    Bluff fragte sich, ob die Katastrophe auch bei den Hunden eine Veränderung bewirkt haben mochte. Hatte sie ihnen zusätzliche Intelligenz verliehen? Er konnte die Frage vorläufig nicht schlüssig beantworten.
    Vielleicht, schoss es ihm durch den Sinn, gab es irgendwo noch Berichte über die Zeit vor der Lehre der reinen Vernunft. Dort musste er ansetzen, wollte er mehr herausfinden. Der Gedanke rief ein Empfinden prickelnder Erregung hervor. Doch es hatte wenig Sinn, wenn er einfach loslief.
    Außerdem, besann er sich, war Nome bestimmt nicht der richtige Ort, an dem er solche alten Berichte finden würde. Nome verdankte sein Bestehen fast ausschließlich der Nahrungsindustrie, die den Reichtum des Eismeeres und der Beringsee in Konzentrate verwandelte. Die Stadt war kulturell unbedeutend. Alte Berichte wurden in Gebäuden oder Räumen aufbewahrt, die man Archive nannte. Bluff bezweifelte, dass es in ganz Nome auch nur ein einziges Archiv gab.
    Also musste er sich anderswo umsehen und Nome verlassen.
    Vancouver fiel ihm ein. Das war eine große Stadt, in der es gewiss ein Archiv gab. Dann aber schien ihm, dass die Wahl von Vancouver seinen Horizont unnötig einengte. Er war der einzige Mensch auf Terra. Was hinderte ihn daran, einen anderen, weit entfernten Ort aufzusuchen, den er noch nie gesehen hatte?
    Terrania City, die Hauptstadt!
    Plötzlich stand für ihn fest, dass er die Hauptstadt sehen würde. Wenn es irgendwo Unterlagen über die Zeit vor der Lehre der reinen Vernunft gab, dann in Terrania City. Sobald die Tage länger wurden, würde er sich auf den Weg machen.
    Dass die Entfernung von Nome bis zur Hauptstadt sechstausend Kilometer betrug, waren Dinge, über die er sich den Kopf noch nicht zerbrach.
    Im Laufe der nächsten Tage und Wochen lernte Bluff Pollard, dass das neue Dasein nicht nur aus Freude, Lachen und prickelnder Erregung bestand. Beim Ausarbeiten der Einzelheiten seines Weges geriet er mitunter in den Zustand dumpfer Verzweiflung, weil die Hindernisse sich unüberwindbar vor ihm auftürmten. Auch Verzweiflung war ein Empfinden, das er früher nicht gekannt hatte. Dann hörte er einfach auf nachzudenken und beschäftigte sich

Weitere Kostenlose Bücher