Silberband 090 - Gegner im Dunkel
hinter ihrem ausladenden Arbeitstisch. Sie hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit der verurteilten Verris Kishtan. Die Konturen ihres Gesichts wirkten jedoch schärfer und härter.
»Was führt dich zu mir, Kayla?«
»Ich quittiere den Dienst. Ich habe es satt. Heute musste ich eine Frau hinrichten, weil sie am Tod eines Mannes schuld war.«
»Ja und?«, forschte die Administratorin barsch. »Das ist kein Grund.«
»Für mich schon.«
»Du trägst den Namen Hildenbrandt und bist verwandt mit Major Kernot Hildenbrandt, der Ovarons Planet entdeckt und diese Stadt gegründet hat. – Ich hätte nie gedacht, dass eine Hildenbrandt so weich und feige sein könnte.«
»Bist du übergeschnappt?«, brauste Kayla auf. »Wie kommst du dazu, so etwas zu behaupten?«
»Willst du deinen Dienst nicht deswegen aufgeben?«
»Keineswegs«, entgegnete der Commander. »Ich habe nur erkannt, dass vieles sinnlos ist, was wir tun. Wir bilden zwei Lager. Auf der einen Seite wir Frauen mit nur wenigen Männern, auf der anderen Seite Reginald Bull und seine Schiffsbesatzungen.«
»Es ist nicht meine Schuld, wenn das so ist«, erklärte Mayk Terna hitzig. »Oft genug habe ich Bully bedrängt, seine Männer nicht wie in einem Kloster einzusperren.«
»Die Schuldfrage interessiert mich nicht. Ich sehe nur, dass wir in einer Art und Weise miteinander leben, die idiotisch ist.«
»Und du willst alles ändern, wie?«
»Ich will es wenigstens versuchen. Wir müssen den Frauen helfen, die keinen Mann bekommen. Das Schicksal von Verris Kishtan hat mir die Augen geöffnet.«
Mayk Terna grinste abfällig. »Verris war alles andere als verlockend für einen Mann. Sie hätte nie einen abgekriegt.«
»Verris war nicht hässlicher als du. Und du bist immerhin mit Gnaden Wennein verheiratet. Es hätte auch bei ihr klappen können.«
»Ich habe keine Lust, mir deine Frechheiten anzuhören«, sagte die Administratorin.
»Irgendwie müssen wir die Männer in den Schiffen gegen Bull und Danton aufbringen.« Kayla Hildenbrandt warf ihren Hut auf den Arbeitstisch und ließ die Jacke folgen.
»Meinen Segen hast du«, erwiderte Mayk Terna gelassen. »Auf unserer Welt leben so viele Frauen, dass jeder Mann mehrfach heiraten könnte.«
»Ich will, dass unsere Gesetze menschlicher werden!«
»Menschlicher? Nie in der Geschichte gab es mehr Freiheit und Menschlichkeit als bei uns.«
Kayla Hildenbrandt schüttelte den Kopf. »Für mich ist das inzwischen billige Propaganda. In unserer Gemeinschaft leiden viele Frauen darunter, dass sie nie einen Mann haben werden. Wenn es außerdem die Todesstrafe für ein Vergehen gibt, wie es Verris Kishtan unterlaufen ist, dann kann ich nicht von Menschlichkeit reden.«
Mayk Terna wurde nachdenklich. »Dein Dienst ruht«, erklärte sie nach einer Weile. »Ich entlasse dich nicht, sondern gebe dir unbezahlten Urlaub. Du behältst deinen Rang. Wenn du deinen Dienst wieder aufnehmen willst, dann sag mir Bescheid.«
Sie griff nach einer Akte und gab damit zu verstehen, dass die Angelegenheit für sie abgeschlossen war.
Als Kayla Hildenbrandt ihre Wohnung außerhalb der Stadt betrat, fand sie eine positronische Nachricht von Mayk Terna vor.
Dein Mut gefällt mir, hatte die Administratorin geschrieben. Deshalb sollst du wissen, dass du für mich im Dienst bleibst. Deine Aufgaben werden lediglich anders sein als bisher. Doch davon muss niemand erfahren, am wenigsten Reginald Bull. Soll er ruhig glauben, dass du aus Eigeninitiative und ohne Rückendeckung arbeitest. Umso leichter kann ich später behaupten, dass ich mit deiner Handlungsweise nichts zu tun habe.
Die Besatzungen müssen aus den Schiffen heraus. Je mehr Bully an Ansehen und Respekt bei seinen Männern verliert, desto besser sind unsere Chancen. Stelle ihn also bloß, intrigiere gegen ihn und nimm keine Rücksicht. Nur der Erfolg zählt. Sollte es zu einem Skandal kommen, muss ich mich von dir distanzieren. Das heißt aber nicht, dass du dann allein bist.
Die Nachricht löste sich auf, niemand würde auch nur ein Wort davon rekonstruieren können. Kayla Hildenbrandt lächelte. Das war typisch Mayk Terna. Wenn es darum ging, Bull das Leben schwer zu machen, war sie dabei.
Kayla zog sich um. Sie wählte einen kurzen, der wärmeren Jahreszeit angepassten Rock und einen knapp sitzenden Pullover mit tiefem Ausschnitt. Anschließend startete sie mit ihrem Gleiter.
Die PHARAO stand weit außerhalb von Hildenbrandt. Von den erbeuteten fünfundzwanzig
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