Silberband 094 - Die Kaiserin von Therm
Verantwortung genommen.
Die Aufgabe, die sich nun mit großer Dringlichkeit stellte, war aber auch für die Superintelligenz nicht einfach zu lösen. Das lag nicht allein in der Gegnerschaft anderer Superintelligenzen, sondern auch an internen Problemen, mit denen die Kaiserin sich auseinander setzen musste.
In einem Universum der Polarisation gab es für eine Superintelligenz keine Möglichkeit, ohne Reflexionen auszukommen. Wenn sie das Richtige tun wollte, musste sie die Existenz von Dingen akzeptieren, die falsch waren. Woran sonst hätte die Kaiserin die Richtigkeit ihrer Handlungsweise messen sollen?
Konsequent zu Ende gedacht, war es dieser Gedanke, der ihr schwer zu schaffen machte. Wenn es ihr tatsächlich gelingen sollte, ihre Mächtigkeitsballung irgendwann über das gesamte Universum auszudehnen, würde alles in ihrem Sinn nivelliert sein. Aber selbst für die Superintelligenz entstand an dieser Stelle ihrer Gedankenkette ein unlösbares Paradoxon. Darauf zu stoßen und es zu akzeptieren bedeutete gleichzeitig die Anerkennung von etwas, das ›außerhalb‹ oder ›über‹ der Kaiserin von Therm existierte.
Verständlicherweise löste diese Überlegung eine schwere Krise im Bewusstsein der Kaiserin aus. Sie löste den Konflikt auf die einzig mögliche Weise, indem sie sich sagte, dass sie in ihrer Entwicklung fortschreiten und in ferner Zukunft in der Lage sein würde, das Paradoxon zu lösen. Das war der große Selbstbetrug der Kaiserin von Therm, doch er gestattete ihr, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen.
Menschen VI
Die Versuche der Verantwortlichen der SOL, aus den vorhandenen Daten und Informationen ein Bild der Kaiserin von Therm zu entwickeln, hatten zwar zu zahlreichen fantasievollen Theorien geführt, waren aber im Grunde genommen als gescheitert zu betrachten.
Durch das Zusammentreffen mit Tbahrgs, Feyerdalern und Choolks hatten die Menschen so viel Wissen über die Superintelligenz zusammengetragen, dass dieses Scheitern für Perry Rhodan unverständlich blieb. Er fragte sich, wie der Misserfolg zu erklären war.
Die vernünftigste Antwort, die Rhodan von den Wissenschaftlern erhalten hatte, war von einem SOL-Geborenen aus der Astronomischen Abteilung gekommen: »Die Kaiserin von Therm? – Ein in sich geschlossenes System, das die Regeln im Sinn seiner Wahrnehmungsfähigkeit streng beachtet!«
Aber wie sah dieses System aus? Und wie funktionierte es? Perry Rhodan dachte an die zahlreichen Kontakte mit ES, das nach Ansicht der Kelosker die Superintelligenz repräsentierte, zu deren Mächtigkeitsballung die Menschen gehörten. Doch was wussten sie wirklich von ES? Gab es Verbindungen zwischen dem Geisteswesen und der Kaiserin von Therm? Gehörte die Erde, nachdem sie sich so weit von ihrem ursprünglichen Standort entfernt hatte, immer noch zur Mächtigkeitsballung von ES?
Diese Fragen beschäftigten Rhodan auch jetzt, da er sich in einem Aufenthaltsraum nahe der Zentrale eine der seltenen Ruhepausen gönnte.
An den Tischen saßen Besatzungsmitglieder, die er zum Teil noch nicht einmal gesehen hatte. Er war froh, dass sie von seiner Anwesenheit keine Notiz nahmen und ihn nicht mit Fragen bestürmten. Diese Zurückhaltung, der Rhodan schon zu oft begegnet war, ließ sich nicht allein auf die Höflichkeit der SOL-Geborenen zurückführen. Terraner und Solaner waren unterschiedliche Menschen. Darüber konnte schon lange nichts mehr hinwegtäuschen.
Rhodan sah den Arkoniden Atlan mit dem jungen Mutanten Bjo Breiskoll hereinkommen und ahnte, dass es mit seiner Ruhe nun vorbei sein würde. Er beobachtete den geschmeidigen, beinahe schwerelos wirkenden Gang des rot-braun gefleckten Katzers und die hellwach blickenden Augen des Jungen.
Atlan blieb vor Rhodans Tisch stehen. »Wenn du dich unter das Volk mischst, solltest du dich maskieren, sonst wirst du nie etwas über die wahre Stimmung herausfinden«, bemerkte der Arkonide anstelle einer Begrüßung.
Im Allgemeinen reagierte Rhodan nicht mehr auf die ironischen Bemerkungen Atlans, aber in seiner momentanen Stimmung war er leicht reizbar. »Ich erinnere mich an die Geschichte eines arkonidischen Kristallprinzen, der diese Methode zur Strategie erhoben hatte, als er noch um den Thron seines Vaters kämpfen musste«, erwiderte er.
»Guten Tag, Perry Rhodan«, sagte Bjo Breiskoll.
Die Begrüßung löste mit einem Schlag die Spannung zwischen Rhodan und dem Arkoniden.
»Hallo, Bjo«, erwiderte Rhodan. »Wie fühlst du dich als
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