Silberband 095 - Mensch aus dem Nichts
»Die Kelosker müssen uns jeden Ansatz erklären.«
»Unsere Spezialität ist eben nicht das siebendimensionale Rechnen«, erklärte Hito Guduka. »Aber wir können sämtliche denkbaren Lösungen eines Problems überblicken und das optimale Ergebnis definieren. Damit müssen wir es versuchen. Die Kelosker schildern uns das Problem – wir überdenken die Möglichkeiten und finden die beste davon. Diese vergleichen wir dann mit der Lösung der Kelosker.«
»Alle einverstanden?«, fragte Kershyll Vanne.
Niemand widersprach.
»Haben Sie einen Fehler gefunden?«, erkundigte sich Tallmark.
»Mir fehlen die Voraussetzungen, Ihre Ansätze zu verstehen«, erklärte Vanne. Sie konnten sicher sein, in dem Laborbereich nicht abgehört zu werden, in den sie sich zurückgezogen hatten. Deshalb redete Vanne völlig offen. »Es hat keinen Zweck, wenn wir versuchen, auf keloskische Weise zu denken. Wir müssen unserem eigenen Weg folgen. Sie schildern mir die Aufgabe, Tallmark, und wir versuchen, eine gangbare Lösung zu finden.«
»Wenn Sie es so haben wollen«, antwortete der Kelosker bereitwillig. »Eine andere Möglichkeit wird es wohl nicht geben.«
Kershyll Vanne nahm sich die Daten ein zweites Mal vor. Gemeinsam gingen sie in den nächsten Stunden Schritt für Schritt vor. Es wurde eine mühselige Arbeit.
In sechs Fällen stimmte der Lösungsvorschlag des Konzepts mit dem keloskischen bis auf winzige Abweichungen überein. Die siebte Lösung hatte mit dem Resultat der Kelosker aber nicht einmal die Grundzüge gemeinsam. Kershyll Vanne startete den Denkprozess von neuem. Diesmal suchte er nach der zweitbesten Lösung. Die Übereinstimmung war perfekt.
»Das ist nicht die optimale Lösung«, sagte er zu Tallmark.
»Inwiefern?«
»In diesem Stadium der Sternentwicklung hätte die Energiezufuhr vorübergehend gedrosselt werden müssen, weil der Zerfallsprozess so viel Energie nicht verdauen kann. Wird sie dennoch zugeführt, wird sie zweckentfremdet wirken.«
»Sie haben Recht«, erkannte der Kelosker. »Welche Folgen wird das haben?«
»Unangenehme, fürchte ich«, antwortete Vanne. »Die Energie, die der Prozess nicht selbst verbrauchen kann, fließt in den umgebenden Raum ab. Es wird zu einer vorübergehenden Verspannung des Zeit-Raum-Gefüges kommen.«
»Mit welcher Reichweite?«, fragte Tallmark erschreckt.
»Wenn wir Pech haben, schlägt sie bis nach Houxel durch.«
Auf Gäa ließ sich Julian Tifflor von seinem persönlichen Referenten Bericht erstatten. Howard Jesseune, hochgewachsen, schlank, knapp über neunzig Jahre alt und von einer Erscheinung, die man nicht anders als vornehm nennen konnte, verstand es, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen und Situationen mit knappen Worten präzise zu umreißen.
»Thema Nummer eins, Sir«, begann Jesseune an diesem Morgen, »sind die Aktivitäten der GAVÖK.«
Tifflor nickte. Die GAVÖK war seit Wochen das Topthema. »Konkretes?«, fragte er.
»Sehr konkret, Sir«, bestätigte sein Referent. »Im Rigel-Sektor hat eine Flotte von Akonen, Arkoniden, Springern und Aras eine Patrouille der Überschweren angegriffen und vernichtet.«
»Oha!«, fuhr Tifflor auf. »Das wird Maylpancer sehr zornig machen.«
»Die Information gelangte über die Kanäle der Gäa-Abwehr zu uns. Die Frage ist, ob Maylpancer überhaupt von dem Vorfall erfährt, er wird gegebenenfalls nur das Verschwinden von acht Raumschiffen registrieren. Es gibt keinen Anhaltspunkt für eine GAVÖK-Aktion.«
»Wissen wir wenigstens, wer den Überfall geleitet hat?«
»Die Recherchen laufen. Bislang ist nur bekannt, dass ein Teil der Angriffsflotte von der neu-arkonidischen Kolonie Artagan stammt.«
»Artagan?«, wiederholte Julian Tifflor überrascht.
»Es trifft sich anscheinend nicht ganz zufällig, dass der Gesandte von Artagan heute bei Ihnen vorsprechen will.«
Tifflor lächelte. »Die alte GAVÖK. Wer hätte je gedacht, dass sie sich zu so viel Wagemut aufraffen könnte. Ich kann mir vorstellen, was der Gesandte will!«
»Unterstützung, Sir.«
»Wir werden ihm Hilfe zusagen. Noch hat der Achtzig-Jahre-Plan nicht einmal seine Anlaufphase hinter sich. Aber je eher es gärt und brodelt, desto nervöser und unsicherer werden die Laren. Gäa ist Mitglied der GAVÖK, also werden wir unsere Hilfe nicht verweigern.«
Ein Summer ertönte. »Was gibt es?«, fragte Tifflor.
»Jaan Kartha zur dringenden Berichterstattung, Sir!«
»Soll reinkommen!«
Ein Mann von etwa vierzig Jahren, in der
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