Silberband 097 - Rebell gegen ES
Augen wurden schmal. »Wir interessieren uns nicht für Geheimnisse – wir sind hier, um einen Schlag gegen die Laren vorzubereiten!«
Iinaa, die Königin, zog sich wenigstens einmal am Tag in die Einsamkeit einer kahlen Kammer zurück, um ungestört ihren Gedanken lauschen zu können. Irgendwann würde sie alle Erinnerungen ihrer Nachfolgerin weiterreichen müssen.
Vor vielen zehntausend Jahren waren die Wolklovs eine Sternenmacht gewesen. Ein Krieg, verbunden mit einer galaktischen Katastrophe, hatte dieser Macht ein Ende bereitet und die Überlebenden in alle Winde verstreut.
Der Plan der Kriegsherren von einst bestimmte, dass die Überlebenden Gruppen bilden mussten, die groß genug waren, um ein Überleben über mehrere Sonnenzyklen zu ermöglichen. Ein Sonnenzyklus der wolklovischen Tradition waren 20.736 Umdrehungen der Heimatwelt um ihre Sonne. Jede Gruppe hatte sich einen Planeten suchen und eine Kolonie gründen sollen. Um die spätere Zusammenführung zu erleichtern, musste jede Kolonie ein Leuchtfeuer errichten, das den Kriegsherren die Suche erleichterte. Das Leuchtfeuer sollte für die wolklovische Technologie über große Entfernungen hinweg erkennbar sein, zugleich aber anderen Völkern verborgen bleiben. Denn der Kriegsgegner würde nicht ruhen, bis auch der letzte Wolklov den Tod gefunden hatte.
Vor fast einem Sonnenzyklus, nach langer Wanderschaft, war die Kolonie Dhoom gegründet worden. Die erste Königin, Uurraaj, hatte ihre Wahl mit größtem Geschick getroffen. Wer sich Dhoom näherte, kam aufgrund des Sonnenabstands zu dem Schluss, dass diese Welt kein Leben tragen konnte. Uurraaj hatte jedoch den Staubmantel erschaffen, der die Sonneneinstrahlung abschwächte und auf der Oberfläche der Wüstenwelt halbwegs erträgliche Temperaturen ermöglichte.
Die winzigen Staubteilchen reagierten zudem mit dem kurzwelligen Teil des Sonnenspektrums, gerieten in einen hochangeregten Zustand und zerfielen in Bündel hyperenergetischer Quanten. Die auf diese Weise entstehende Strahlung versetzte das Kontinuum rings um das Wyotta-System in einen Zustand, in dem das Leuchtfeuer der Gruppe seine volle Wirkung entfalten konnte.
Iinaa verstand nicht allzu viel von den wissenschaftlichen Zusammenhängen. Trotz aller Bemühungen der vergangenen Generationen, die Überlieferung zu wahren, existierte nur noch ein Bruchteil des technischen Wissens von einst. Die Königin wusste aber, dass das Abbild des achtbeinigen Götterboten, solange an ihm gebaut wurde, eine charakteristische Hyperstrahlung aussandte. Ihre Intensität war gering, der hyperenergetische Erregungszustand des umgebenden Weltraums trug jedoch dazu bei, dass die Strahlung der Skulptur um mehr als das Zehnmillionenfache verstärkt wurde und für die Kriegsherren galaxienweit erkennbar war.
Eine Sorge hatte indes alle Königinnen seit Uurraaj gequält. Wer garantierte ihnen, dass der Gegner nicht eines Tages die Energiearten begreifen lernte, deren Kenntnis bislang den Wolklovs vorbehalten war? In diesem Fall würde das Leuchtfeuer dem Feind ebenso den Weg weisen wie den wolklovischen Kriegsherren.
Manchmal allerdings fragte Iinaa sich, ob es überhaupt noch einen Grund für ihre Furcht gab. Die Lebenserwartung einer Königin betrug im Durchschnitt ein Hundertstel eines Sonnenzyklus. Sie war die einhundertunddritte Königin seit Uurraaj. Gab es den einstigen Kriegsgegner überhaupt noch – oder hatte ihn der Sog der Geschichte inzwischen ebenso verschlungen wie das mächtige Sternenreich der Wolklovs?
Existierten die sieben wolklovischen Kriegsherren noch? Sie gehörten der obersten Kaste an und besaßen als natürliches Zeichen ihrer hohen Stellung acht Gliedmaßen anstelle der sonst üblichen sechs. Seit der Katastrophe war das Universum in sieben Sektoren unterteilt und für jeden einer der sieben Kriegsherren zuständig. Uurraaj hatte ihren Nachkommen hinterlassen, dass Dhoom zum Kontrollbereich des Kriegsherrn Paj-Pajanoor gehöre.
Die Achtbeinigen, so hieß es, seien unsterblich. Aber Iinaa wusste aus dem ihr hinterlassenen Wissen, dass ihre Unsterblichkeit nur relativ zu der kurzen Lebensdauer aller anderen Wolklovs zu verstehen war.
Ihre Meditation wurde unterbrochen, als an der kahlen Wand das Rufzeichen aufflammte. Einer der hohen Beamten verlangte dringend, sie zu sprechen.
»Ich habe zwei Nachrichten, meine Königin«, erklärte Saj-Saj aufgeregt. »Die erste ist womöglich die wichtigere. Uns droht von den Laren keine
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