Silberband 102 - Aufbruch der Basis
sind jedoch die Verbindungswynger zu dem Alles-Rad, das heißt, dass wir sein Vertrauen genießen. Unter diesen Umständen ist es angebracht, dass man uns Respekt zollt.«
»Ich zolle jedem Wynger Respekt, der ihn meiner Ansicht nach verdient«, grollte Plondfair.
Gainth lachte. »Ich verspreche Ihnen, dass Ihre Nährmutter, sofern sich ihr Zustand nicht bessert, über das Rad gehen darf. Sie wird von Wallzu bis Starscho alle Stationen des Heils besuchen können.«
»Ich möchte an Bord des Schiffes reisen, das sie ins Torgnisch-System bringen wird«, sagte Plondfair.
»Wozu? An Bord der Kryn-Schiffe, die die Kranken und Hilfesuchenden transportieren, wird bestens für die Pilger gesorgt. Sie selbst würden Koßjarta durch Ihre Anwesenheit nur aufregen.«
»Trotzdem«, beharrte Plondfair. »Ich weiß, dass es ihr helfen wird, wenn ich in ihrer Nähe bin.« Er konnte förmlich spüren, wie die freundliche Gelassenheit verflog, mit der Gainth ihm bisher entgegengetreten war.
»Überschätzen Sie nicht die Bedeutung, die Ihnen durch die Berufung zukommt«, mahnte der Kryn. »Nötigenfalls können wir sie widerrufen lassen.«
Plondfair glaubte, nicht richtig gehört zu haben. »Sie drohen mir damit, die Berufung zurückzuziehen? Gegen die Wahl des Alles-Rads?«
»Ich drohe Ihnen nicht, Plondfair. Aber Sie leiden offenbar an maßloser Selbstüberschätzung. Seit Jahrtausenden gehen berufene Wynger nach Välgerspäre. Wir Kryn bestimmen die Regeln, nach denen alles abläuft, dafür wurden wir vom Alles-Rad ausersehen.«
Plondfair änderte seine Strategie. »Ich bitte Sie darum, Kryn«, sagte er unterwürfig. »Gestatten Sie mir, gemeinsam mit Koßjarta ins Torgnisch-System zu fliegen.«
Seine Haltung stimmte Gainth sichtlich milder.
»Ich will sehen, was ich in dieser Beziehung für Sie tun kann.«
Damit war die Unterredung beendet. Plondfair bedankte sich und verließ die Kabine. Er war überzeugt davon, dass man Koßjarta über das Rad gehen lassen würde. Und er würde an Bord des Kryn-Schiffes sein, das sie nach Wallzu bringen würde, der ersten Station der Reise.
Nachdem Plondfair das Büro verlassen hatte, rief Gainth einen jungen Priester zu sich. »Beschatten Sie diesen Lufken, Kaimar!«, befahl er. »Ich möchte über jeden seiner Schritte unterrichtet werden.«
Tabain, der den Befehl gehört hatte, nickte zufrieden. »Glauben Sie, dass er Kontakt zu Aufwieglern hat?«, fragte er Gainth.
Der Leiter des Büros schüttelte den Kopf. »Ich halte ihn nur für einen gefährlichen Einzelgänger, aber ich will meiner Sache sicher sein.«
»Und wenn etwas gegen ihn vorliegt?«
»Dann wird er niemals nach Välgerspäre gelangen«, sagte Gainth ruhig.
Die 4-BIRSCHOR war ein kleines Kryn-Raumschiff. Als Plondfair durch die Abfertigung ging, sah er, dass das Wartungspersonal gerade das Schiff verließ. Plondfair war sich darüber im Klaren, dass alle Wynger, welche die Berufung erhalten hatten, in komfortableren und größeren Schiffen ins Torgnisch-System gebracht wurden, wahrscheinlich sogar in Einser-Einheiten. Doch er verzichtete gern auf die Annehmlichkeiten eines solchen Fluges, solange er dafür in der Nähe seiner Nährmutter bleiben konnte.
Die 4-BIRSCHOR war ein typisches Wynger-Schiff, tropfenförmig, sechshundert Meter lang und an ihrem Kugelbug fünfhundert Meter durchmessend. Am Heck durchmaß es zweihundert Meter, dort saßen auch die Haupttriebwerke. Bei größeren Einheiten als der 4-BIRSCHOR befanden sich je nach Leistungsfähigkeit des betreffenden Schiffs vier bis acht walzenförmige Zusatztriebwerke am Rumpf oberhalb des Hecks. Alle Schiffe der Wynger bestanden aus einem zartgrünen, glasiert wirkenden Metall, einer Verbundlegierung mit molekularer Hochverdichtung. Im Weltraum wurden sie durch einen Feldantrieb auf Überlichtgeschwindigkeit gebracht. Mithilfe eines im Innern energetisch neutralen Zapfschlauchs, auch Paranullfeld-Korridor genannt, entzogen die Schiffe dem übergeordneten Kontinuum die benötigten Energien. Diese wurden in einem Umformsektor dem Feldantrieb zugeführt.
Plondfair hatte sich während seiner Schulungen oft an Bord von Raumschiffen aufgehalten. Er wusste, dass der Paranullfeld-Korridor in aktivem Zustand wie ein violett-schwarzer, flimmernder Schlauch aussah. Durch ihn wurden die Hyperenergien in den relativ kleinen Triebwerkssektor geleitet. Dort erfolgte die Hochenergie-Konzentration in einem n-dimensional neutralen Nullfeld. Durch gezielt geschaffene
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