Silberband 105 - Orkan im Hyperraum
werden jedem die Schuld geben, der überhaupt für Sabotageakte infrage kommt. Auf der Liste der Verdächtigen stehen wir ganz oben.«
»Sie müssen es ja wissen«, murmelte Kanthall.
Nach etwa einer halben Stunde meldete sich Hellmut wieder über Interkom. Inzwischen leuchteten einige weitere Punkte. Noch immer lagen alle Schäden im zylindrischen Mittelteil der SOL. Zwar gab es – bei dem herrschenden Durcheinander nur zu verständlich – auch in den beiden Kugelzellen Vorfälle dieser Art, aber sie ließen keinen Zusammenhang zu den zuerst entdeckten Schäden erkennen.
»Wurden wir schon überführt?«, fragte Bull spöttisch.
Hellmut blickte ihn ausdruckslos an. »Sie machen es mir nicht leicht. Es gibt Verdachtsmomente, von denen nur noch niemand weiß, wie man sie zu einem Ganzen zusammenfügen soll.«
»Was heißt das im Klartext?«
»Wer Sabotage verübt, braucht ein Motiv«, sagte Hellmut. »In Ihrem Fall ist alles eindeutig – Sie sind sicher nicht daran interessiert, die SOL freizugeben. Das Schiff stellt einen bedeutenden Wert dar.«
»Das haben Sie schön gesagt«, spottete Bull.
»Ich bemühe mich nur, das Problem objektiv zu sehen«, antwortete der Sprecher der SOL-Geborenen. Er war sichtlich nervös. Vermutlich fühlte er sich in der ihm übertragenen Rolle nicht wohl. »Ein Motiv hätten aber auch andere. Der Forscher der Kaiserin von Therm ist noch nicht zur BASIS aufgebrochen.«
»Sie denken doch wohl nicht im Ernst daran, dass Douc Langur herumzieht und Beleuchtungskörper zerstört!«, stieß Bull überrascht hervor.
»Wäre das so unwahrscheinlich? Langur ist ein Fremder. Wenn er sich überhaupt einem Menschen verpflichtet fühlt, dann wahrscheinlich Rhodan. Vielleicht fürchtet er, die SOL-Geborenen könnten ihre Reise beginnen, ehe das Schiff in aller Form übergeben würde.«
»Das ist absurd«, behauptete Kanthall.
»Sie haben die jahrzehntelange Reise der SOL nicht mitgemacht«, wies Hellmut den Terraner zurück. »Sie können auch nicht wissen, wie oft in dieser Zeit der Verdacht entstand, dass Rhodan durchaus nicht immer die Interessen der Menschen an die erste Stelle seiner Überlegungen rückte.«
Reginald Bull gab dem Sprecher der Solaner insgeheim recht, hütete sich jedoch, das laut auszusprechen.
»Gerade der Forscher der Kaiserin von Therm verhielt sich zuweilen so, als wolle er uns zu Verdächtigungen aller Art regelrecht provozieren«, fuhr Hellmut fort. »Warum, zum Beispiel, bleibt er in der SOL? Was will Langur bei uns?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Bull. »Aber ich bin sicher, dass Douc Langur nichts tun wird, was Menschen in Gefahr bringt. Dabei macht er bestimmt keinen Unterschied zwischen SOL-Geborenen und Terranern.«
»Das mag sein. Trotzdem – der Verdacht wurde geäußert und lässt sich nicht so schnell entkräften.«
»Haben Sie Langur gefragt, was er dazu zu sagen hat?«
»Er befindet sich nicht in der ihm zugewiesenen Wohnung. Er antwortet auch nicht auf unsere Bitten, sich umgehend bei der neuen Schiffsführung zu melden.«
»Die gibt's also auch schon!«, murmelte Bull betroffen. »Vielleicht weiß der arme Kerl nur nicht, wer oder was mit dieser neuen Schiffsführung gemeint ist?«
Joscan Hellmut überging die Frage. »Eine dritte Möglichkeit sehen einige von uns in einem geheimen Abwehrplan, der irgendwann SENECA eingegeben wurde«, fuhr er fort.
»Das schlägt dem Fass den Boden aus!« Bull reagierte vollends aufgebracht. »Ausgerechnet Sie sollten wissen, wie unsinnig ein solcher …«
»Machen Sie jetzt keine unvorsichtige Bewegung!«, befahl eine kalte Stimme hinter dem Terraner.
Bull verstummte. In den matt spiegelnden Konsolen erkannte er die Silhouetten von vier Menschen, die hinter ihm und Kanthall standen. Zweifellos waren die vier bewaffnet. Verächtlich blickte er Hellmut an. Der SOL-Geborene senkte den Blick.
»Die beiden haben keinerlei Befehle erteilt, solange ich Sie beobachten konnte«, sagte Hellmut gepresst.
»Damit lässt sich wenig beweisen«, widersprach einer der Neuankömmlinge.
Hellmut nickte, dann unterbrach er die Verbindung. Reginald Bull konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich der Kybernetiker schämte.
Bull lächelte grimmig und wandte sich um. Kanthall tat es ihm gleich.
Die vier jungen Männer wichen hastig einen Schritt zurück. »Bleiben Sie ganz ruhig, dann geschieht Ihnen nichts!«, befahl einer schrill.
»Genau das wollte ich Ihnen empfehlen«, erwiderte Bull freundlich.
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