Silberband 106 - Laire
fast schon an einen Verrat an der übrigen Menschheit.« Er sagte es so, als verfechte er die Ideale des wahren Menschentums. Susper glaubte ihm ohnehin blind. »Sie werden für mich etwas tun müssen, wofür andere Terraner Sie verachten würden. Dabei werden Sie nicht einmal erfahren, warum Sie es tun und für welchen Zweck.«
»Ich tu es für Sie, Boyt, das genügt mir. Ich stelle keine Fragen.«
»Das habe ich gewusst, Valdo. Ich bin stolz auf Sie.« Margor ließ sein Amulett, das er an einem Reif um den Hals trug, vor Suspers Augen kreisen. »Bevor Sie zu mir fanden, gehörten Sie einem Geheimkommando der LFT an«, sagte er suggestiv. »Stellen Sie sich vor, dass es noch immer so ist. Vergessen Sie unsere Bekanntschaft …«
»Das ist mir unmöglich, Boyt.«
»Sie können es – weil ich es so will, Valdo. Sie verleugnen mich nicht wirklich, Sie tun nur so. Es ist mein Wille, dass Sie fühlen und denken, als gehörten Sie noch dem Geheimkommando an. Handeln werden Sie jedoch ausschließlich in meinem Sinn, Valdo!«
Auf Suspers Stirn bildeten sich Schweißperlen.
»Sie werden nun in die Neunturmanlage der Loower auf dem Mars gebracht, Valdo. Sie gehören einem Geheimkommando der LFT an und haben Ihre Befehle vom Ersten Terraner persönlich bekommen.«
»Aber …«
»Keine Widerrede!«, sagte Margor schneidend. »Der Erste Terraner hat Sie in die Neunturmanlage der Loower geschickt, um eine Gefangene zu befreien. Es handelt sich um ein Mädchen. Baya ist erst sieben Jahre alt. Sie muss befreit werden. Die Aktion gelingt, aber Sie können sich nicht mehr rechtzeitig absetzen.«
»Ich soll mich unter allen Umständen gefangen nehmen lassen?«
»Das ist das Opfer, das ich von Ihnen verlange, Valdo.«
»Was soll ich sagen, wenn die Loower mich verhören?«
»Sie sagen, dass Sie im Auftrag der LFT gehandelt haben. Dazu werden Sie sich gar nicht zu zwingen brauchen, und Sie werden nicht der Ansicht sein, dass es sich um eine Lüge handelt. Denn ich werde Ihnen das Bewusstsein geben, dass es sich wirklich so zugetragen hat. Für Sie wird es so sein, als hätten Sie tatsächlich im Auftrag der LFT gehandelt. Aber Sie opfern sich für mich, Valdo!«
»Das ist eine ehrenvolle Aufgabe für mich, Boyt.«
Nachdem Margor den Paratender präpariert hatte, suchte er den Cheftender der Großklause auf.
»Lee, ich brauche dich und drei verlässliche Männer für ein Blitzunternehmen gegen die Neunturmanlage auf dem Mars«, eröffnete der Mutant seinem Vertrauensmann, der schon lange nicht mehr nur Befehlsempfänger war. Lee Mandrian gehörte zu jenen Tendern, die durch das lange Zusammenleben fast schon ein Teil ihres Herrn geworden waren.
Margor erklärte seinen Plan und wartete, bis Mandrian mit drei ausgesuchten Männern zurückkam. Dann erst ließ er Susper holen.
Margor nahm die fünf Männer mit auf den distanzlosen Schritt. Ohne Komplikationen und Zeitverlust materialisierten sie im Westturm der Neunturmanlage auf dem Mars.
»Wartet, bis ihr von mir das Zeichen für den Einsatz bekommt!«, befahl Margor, dann begab er sich zu dem mit Haman Gheröl verabredeten Treffpunkt.
»Wir möchten dich um einen großen Gefallen bitten, Baya«, sagte Lank zu mir. »Würdest du mit uns zur Erde gehen und dort für uns zu deinem Volk sprechen? Es hängt sehr viel davon ab.«
»Wenn das notwendig ist, werde ich es tun«, antwortete ich. »Aber muss ich danach auf der Erde bleiben?«
»Das steht noch nicht zur Diskussion«, antwortete Lank. »Du bist frei und kannst tun und lassen, was du willst. Niemand wird dich zu etwas zwingen.«
Ich hatte keinen Grund, ihm nicht zu glauben.
»Dann kann ich also dem Türmer berichten, dass du der Verhandlungsdelegation angehören wirst, Baya«, sagte Lank.
Ich kehrte zu meiner Familie zurück. An der Wohnungstür erwartete mich Mutter. Aldina schloss mich sofort in die Arme und drückte mich, als sei ich nach langer Abwesenheit wieder heimgekehrt. Dabei war ich nur ein Viertelintervall fort gewesen. Aber es stimmte schon, dass ich mich nur noch sehr selten zu Hause blicken ließ. Einer der Gründe war, dass mir solche Szenen äußerst zuwider waren. Aldina und die anderen schienen ihre Liebe zu mir erst entdeckt zu haben, seit ich ihrer nicht mehr bedurfte.
Das heißt, Liebe war das nicht, sondern eine Überkompensierung von missverstandenen Gefühlen. Sie taten sich selbst unsagbar leid und äußerten das, indem sie sich an mich klammerten. Nur meine Schwester Kerinnja
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